Ulak - Der Bote

Drama | Türkei 2007 | 107 Minuten

Regie: Çagan Irmak

Ein Geschichtenerzähler kämpft in einem Dorf, in dem Streit und Zwietracht herrschen, mit Worten gegen die Tyrannei. Die aufwändige Produktion verbindet Mysterienabenteuer mit Sinnsuche - eine Mischung, deren Pathos sich jedoch in den Untiefen einer manirierten Spiritualität verliert. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ULAK
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Avsar Film
Regie
Çagan Irmak
Buch
Çagan Irmak
Kamera
Mirsad Herovic
Musik
Evanthia Reboutsika
Darsteller
Çetin Tekindor · Yetkin Dikinciler · Hümeyra · Feride Çetin · Serif Sezer (Esma)
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Im Jahr 2006 avancierte Çagan Irmaks Familienkomödie „Mein Vater und mein Sohn“ (fd 37 528) mit 3,5 Mio. Zuschauern überraschend zu einem der erfolgreichsten türkischen Spielfilme. Für seine aktuelle Produktion „Ulak – Der Bote“ verpflichtete Irmak mit den Schauspielern Çetin Tekindor und Hümeyra Akbay sowie der griechischen Komponistin Evanthia Reboutsika drei Personen, die am Erfolg des Vorgängers wesentlichen Anteil hatten. Ausgestattet mit einem Budget von fast vier Mio. Dollar, ist „Ulak“ fast zum Erfolg verdammt. Mit hohem Production Value verbindet er Mysterienabenteuer mit Sinnsuche – eine Mischung, deren Pathos sich jedoch in den Untiefen einer manirierten Spiritualität verliert. Dabei geht es zunächst um den Kampf des Guten gegen das Böse: Zekeriya wandert als Märchenerzähler von Dorf zu Dorf, um dort die Kinder mit seinen Geschichten zu begeistern. Als er eines Tages an einen Ort kommt, an dem Streit und Zwietracht herrschen, wo Frauen pausenlos zetern und zanken, Männer ihre Familien terrorisieren und die Kinder vernachlässigt werden, beginnt er, mit Worten gegen Tyrannei und Angst zu kämpfen. Er erfindet das Märchen vom Boten Abraham, der es schafft, das Böse zu entlarven und die Dorfbewohner an ihre Verstrickungen mit den Machthabern zu erinnern. Hinter der Geschichte steht Zekeriyas eigener Lebensweg: Sein Sohn schrieb einst ein Buch, das die Welt verändern sollte, und wurde dafür mitsamt seinen Mitstreitern getötet. Eine tiefreligiöse Parabel, die den Erweckungsgedanken bildgewaltig illustriert, bevor am Ende der „Tag des Erwachens“ zum Jüngsten Gericht wird. So steht der Sühnegedanke im Vordergrund einer Botschaft, die holzschnittartig „gut“ gegen „böse“ ausspielt und Strafen für all jene bereithält, die dem Sieg des Guten im Wege stehen: Der Oberbösewicht begeht Selbstmord, nachdem „der Bote mir das Dunkel meines Herzens gezeigt“ hat, die schweigende Mehrheit im Dorf wird am Ende von einer Lepra-Epidemie heimgesucht. Ein Schicksal, dem einzig die Kinder und die kinderlose Maria (!) entkommen, indem sie sich Zekeriya anschließen, der zur Lichtgestalt stilisiert wird. Trotz seiner Überdosis an Moral kann man sich dem Stoff nicht ganz verschließen, weil die emotionale Wucht des Films, versüßt durch die in orientalischer Klassik schwelgende Filmmusik, einen streckenweise doch sehr im Griff hat. Naives Schauspiel und Pathos verbinden sich zu einer leidensmystischen Story vor einer Kulisse, die entfernt an die gottverlassenen Nester aus den Spaghetti-Western der 1970er-Jahre erinnert. Irmaks ikonografisches und dramaturgisches Fantasy-Spiel arbeitet altbekannte Mythologien ab. Am Ende wandert der Stamm der übrig bleibenden Kinder aus – auch das eines der biblischen Motive, das „Ulak“ für vergleichende Religionswissenschaftler interessant macht. Der Rest aber ist folkloristisch verbrämter Kitsch für eine „moral majority“, die den weitgehenden Verzicht auf nachdenkliche Zwischentöne erfolgreich verinnerlicht hat.
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