The Year My Parents Went On Vacation

- | Brasilien 2006 | 110 Minuten

Regie: Cao Hamburger

Brasilien 1970: Ein zwölfjähriger Junge, dessen Eltern sich der Militärdiktatur durch Flucht ins Exil entziehen, fiebert der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko entgegen. Als sein Großvater stirbt, bricht für den Jungen eine Zeit grenzenloser Freiheit heran, und doch wird er immer mehr von der politischen Realität eingeholt. Zugleich erfährt er die Solidarität seiner neuen Nachbarn. Der beeindruckende Film konzentriert sich ganz auf die Emotionen seines jugendlichen Protagonisten, dessen Leben zwar von Druck, Unsicherheit und Angst überschattet wird, der aber zugleich auch dem Guten im Menschen begegnet. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
O ANO EM QUE MEUS PAIS SAIRAM DE FERIAS
Produktionsland
Brasilien
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Gullane/Caos/Miravista/Globo/Petrobrás
Regie
Cao Hamburger
Buch
Claudio Galperin · Cao Hamburger · Bráulio Mantovani · Anna Muylaert
Kamera
Adriano Goldman
Musik
Beto Villares
Schnitt
Daniel Rezende
Darsteller
Michel Joelsas (Mauro) · Germano Haiut (Shlomo) · Paulo Autran (Mótel, Mauros Großvater) · Simone Spoladore (Bia, Mauros Mutter) · Eduardo Moreira (Daniel, Mauros Vater)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
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IMDb | TMDB

Diskussion
Im Sommer 1970 führte der brasilianische Fußballspieler Pelé sein Land zum dritten Mal zum Weltmeistertitel. Pelé, die Legende – noch heute ist der Spitzenspieler weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus berühmt. An Emílio Garrastazu Médici erinnern sich im Vergleich dazu nur noch wenige. Im selben Sommer 1970 stand der General an der Spitze einer Diktatur, die Brasilien von 1964 bis 1985 mit eisernem Griff umklammert hielt. Unter Médici verschärfte sich die Gangart der Diktatur noch, die Repressionen gegen Dissidenten nahmen massiv zu. Viele Brasilianer flohen ins Exil. Dass Fußball und Militärdiktatur im Brasilien des Jahres 1970 eine Realität waren, ruft Cao Hamburger mit seinem Film eindrücklich in Erinnerung: Wie viele andere im Land freut sich der zwölfjährige Mauro auf die kommende Weltmeisterschaft in Mexiko – auch wenn seine Eltern gerade überstürzt abgereist sind und ihn bis auf weiteres bei seinem Großvater zurückgelassen haben. Vor seiner Abreise hat der Vater Mauro versprochen, er würde zur Weltmeisterschaft rechtzeitig zurückkommen. Eigentlich hat der Junge also kaum Grund, sich in unruhigen Gedanken zu verlieren. Wenn nur Mauros Großvater nicht gerade gestorben wäre und sich so nicht mehr um den Enkel kümmern kann. Für Mauro beginnt ein neues Leben unbegrenzter Freiheit, während ihn die politische Realität des Landes immer mehr einholt. Das Erzählen von historischen Namen und Fakten steht nicht im Mittelpunkt von Hamburgers Film. Dass am Ende noch immer Pelé als einzige reale Person im Gedächtnis bleibt, kann also nicht erstaunen. Hamburger fokussiert auf Mauros Blick, Mauros Emotionen. Er vermittelt ein realistisches Abbild des Alltags unter einer Diktatur und setzt Pelés Sieg in den Kontext der Epoche. Während physische Gewalt nur am Rand gezeigt wird, sind psychischer Druck, Unsicherheit und Angst eine ständige unterschwellige Konstante, ohne je verbalisiert zu werden. Über politische und religiöse Gräben hinweg hält Mauros Viertel zusammen, um dem Jungen zu helfen – wenn auch nicht immer mit Begeisterung, denn der Kleine verfügt über einen ausgesprochenen Dickkopf. Der wortlosen Gewalt des Regimes wird die Solidarität unter der Bevölkerung entgegengesetzt. Indem er die Diktatur ohne Körper und Gesicht lässt, hebt Hamburger in seinem politischen Film mit großer Finesse das Gute am Menschen hervor, ohne je ins Pädagogische zu verfallen. Er trifft den richtigen Ton des kindlichen Ernstes und verliert dabei eine der sicheren Wahrheiten jener Epoche, zumindest in Brasilien, nicht aus den Augen: dass Pelé ganz einfach zu den Größten gehört.
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