Karo und der liebe Gott

Kinderfilm | Österreich 2006 | 94 Minuten

Regie: Danielle Proskar

Nach der Trennung seiner Eltern nimmt ein kleines Mädchen mit einem Walkie Talkie Kontakt zum "lieben Gott" auf, der in Wirklichkeit ein heruntergekommener älterer Herr ist, der im selben Haus wohnt und das Gegengerät gefunden hat. Er steht dem Kind mit Rat und Tat zur Seite und bleibt auch sein wichtigster Ansprechpartner, als das Mädchen den Schwindel durchschaut. Der trotz des ernsten und ernst genommenen Themas heitere Kinderfilm macht auf unterhaltsame Weise Mut und überzeugt durch seine Realitätsnähe ebenso wie durch das zauberhafte Zusammenspiel der beiden Protagonisten. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
KARO UND DER LIEBE GOTT
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Mini Film
Regie
Danielle Proskar
Buch
Danielle Proskar
Kamera
Gerhard Hierzer
Musik
Paul Hertel
Schnitt
Klaus Hundsbichler
Darsteller
Resi Reiner (Karo) · Branko Samarovski (Lieber Gott) · Petra Morzé (Alice Lenz) · Markus Gertken (Peter Lenz) · Victoria Drauch (Ina)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Galileo (16:9, 1.66:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Der Glaube versetzt bekanntlich Berge, und mit Religion hat das nicht notwendigerweise zu tun. Für Kinder gilt das Sprichwort vielleicht noch mehr als für Erwachsene, die gelernt haben, die Welt mit realistischen Augen wahrzunehmen und alles andere zu verdrängen oder zu ignorieren. Kinder wiederum sind noch nicht darauf dressiert, eindeutig zwischen der äußeren Wirklichkeit und ihrer Fantasie zu unterscheiden. So ergeht es auch der achtjährigen Karolin Lenz aus Wien. Karos Eltern haben sich kurz nach der Erstkommunion ihrer Tochter getrennt, nachdem sie familiäre Wünsche und berufliche Erfordernisse nicht mehr unter einen Hut bringen konnten. Karos Mutter gab mit der Geburt des Kindes ihre Karriere als Musikerin auf, während der Vater als viel beschäftigter Fernsehmoderator einer Kontaktshow für einsame Herzen kaum mehr Zeit für die Familie hat. Ein von ihm geschenktes Walkie-Talkie-Set wird Karo nach dem Umzug mit der Mutter in eine neue Wohnung, bei dem das eine Gerät verloren geht, zum Rettungsanker. In ihrer Verzweiflung über die Trennung der Eltern versucht sie, über das verbliebene Gerät Kontakt zu Gott aufzunehmen, der die Eltern wieder zusammenbringen soll. Und tatsächlich, nach mehreren Versuchen meldet sich plötzlich eine mürrische männliche Stimme, die für Karo direkt aus dem Himmel zu kommen scheint. Der „liebe Gott“ benimmt sich zwar seltsam, redet im Wiener Dialekt und benutzt unfeine Ausdrücke, aber er verspricht Karo, wenigstens darüber nachzudenken, wie er ihr helfen kann. Schnell findet das Mädchen heraus, dass der „liebe Gott“ nur ein Stockwerk tiefer wohnt und ein älterer Penner und Säufer mit ungepflegtem Äußeren ist. Aber er nimmt sich Zeit für Karo, spielt mit ihr, beantwortet ihre Fragen und versucht, ihr mit Rat und Tat zu helfen. Daraus entstehen etliche Verwicklungen und Missverständnisse, die der Film mit Situationskomik und treffenden Dialogen in Szene setzt, allerdings auch das Verbot beider Elternteile, sich weiter mit diesem Mann zu treffen. Beim Scheidungstermin der Eltern hat es zunächst den Anschein, als müsse Karo nun ohne den „Lieben Gott“ auskommen. In ihrem Spielfilmdebüt nähert sich die österreichische Regisseurin Danielle Proskar dem schwierigen Thema der Trennung von Eltern einmal ganz aus kindlicher Perspektive, ohne etwas zu verharmlosen, das von jüngeren Kindern oft als Trauma erlebt wird. Anschaulich vermittelt sie die Gefühle von Schmerz, Schuld, Ohnmacht und innerer Zerrissenheit, die Karo zu bewältigen hat. Die Idee für den Film kam der Regisseurin durch ein betroffenes Patenkind, das Drehbuch entwickelte sie im Rahmen des Förderprogramms „Step by step“. In Resi Reiner fand sie für die Rolle der Karo eine wunderbare Darstellerin, die als Kind einer allein erziehenden Mutter bereits eine Ahnung davon hatte, welche Gefühle sie im Film vermitteln sollte. Proskars Einfall, den vom Burg-Schauspieler Branko Samarovski verkörperten „Lieben Gott“ als gesellschaftlichen Außenseiter darzustellen, ist gewagt und hätte peinlich enden können, doch die beiden Hauptdarsteller harmonisieren perfekt miteinander. Das Drehbuch ist auch in den Dialogen der Kindersprache angemessen und nicht mit Nebenhandlungen überfrachtet. Zugleich gelingt der Spagat zwischen Karos durchaus vorhandenem Realitätssinn gegenüber dem seltsamen Nachbarn und ihrem Festhalten am Glauben, dieser Mensch sei der „Liebe Gott“, indem auch der Film diese Möglichkeit nicht grundsätzlich ausschließt. Zunächst problematischer verhält es sich mit dem Verbot der Eltern in ihrer Befürchtung, Karo könne von dem Mann ausgenutzt oder gar missbraucht werden. Diesen Verdacht spricht die Regisseurin kurz an, um ihn dann jedoch durch den neuen Freund der Mutter zu entkräften, der die beiden heimlich beobachtet. Auf diese Weise bestärkt der Film Karo in ihrem Urteilsvermögen und in ihrem Gespür für das Unverstellte und Wahre hinter bloßen Äußerlichkeiten, auf die erst die Erwachsenen besonderes Gewicht legen. Und vermutlich nicht nur Trennungskindern allein macht er auf unterhaltsame Weise Mut, ihre Probleme bewältigen zu können, gerade weil ein kitschiges und realitätsfernes Happy End vermieden wird.
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