Shotgun Stories

Drama | USA 2007 | 90 Minuten

Regie: Jeff Nichols

Drei Brüder, die als Kinder von ihrem versoffenen Vater misshandelt wurden und nun ein Leben in desolaten Umständen fristen, geraten bei der Beerdigung des Vaters in eine Fehde mit dessen Söhnen aus zweiter Ehe. Familiendrama im Stil eines lakonischen, in der Gegenwart angesiedelten Westerns, dem es eindrucksvoll gelingt, eine von Gewalt geprägte Lebenswelt fast ohne explizite Szenen allein durch ihre Auswirkungen in den Gesichtern und den Verhaltensweisen der Figuren darzustellen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SHOTGUN STORIES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Lucky Old Sun/Muskat/Upload Films
Regie
Jeff Nichols
Buch
Jeff Nichols
Kamera
Adam Stone
Musik
Lucero
Schnitt
Steven Gonzales
Darsteller
Michael Shannon (Son Hayes) · Douglas Ligon (Boy Hayes) · Barlow Jacobs (Kid Hayes) · Natalie Canerday (Nicole) · Glenda Pannell (Annie)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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Diskussion
Die Hauptfigur in Jeff Nichols’ Rachedrama trägt nur den Namen „Son“, damit man gleich versteht, dass er sein ganzes Leben nichts anderes gewesen ist als der Sohn seines alkoholkranken Vaters. Nie erfährt man Näheres über Sons Kindheit; es genügt, seinen mit Narben übersäten Rücken zu sehen. Son wohnt in einem baufälligen Haus; das Geld, das er auf der örtlichen Fischfarm verdient, steckt er erfolglos in die Verfeinerung eines von ihm entwickelten Glücksspielsystems. Seine Frau hat ihn gerade verlassen, weshalb Sons jüngerer Bruder Kid vorübergehend aus dem Zelt im Garten auf die Couch umziehen darf. Hin und wieder schneit auch Boy, der dritte Bruder, ins traute Heim hinein, um dann wieder auf den Rücksitz seines Wohnmobils zurückzukehren. Die drei Brüder aus „Shotgun Stories“ leben als geborene Verlierer in einem Landstrich, der dem Augenschein nach keine Gewinner kennt. Dann stirbt ihr Vater, und man erfährt, dass er seine Söhne verließ, um trocken zu werden und mit einer anderen Frau ein neues Leben anzufangen. Bei der Beerdigung treffen Son, Boy und Kid auf ihre weit besser situierten Halbbrüder. Son ergreift das Wort, nennt den Toten einen schlechten Menschen und spuckt auf den Sarg. Einer der Brüder aus der zweiten Ehe will das nicht auf sich sitzen lassen. Wenige Tage später kommt es zu einem Handgemenge, dann stirbt Boys Hund im Zwinger an einem Schlangenbiss. Ein falscher Freund verrät Kid, dass die Halbbrüder dahinter stecken und hält damit die Gewaltspirale in Gang. Das böse Blut gerät in Wallung, Hass und Gegenhass schaukeln sich auf, bis nach dem Vorbild archaischer Familienfehden die Auslöschung bis ins letzte Glied des Stammbaums droht. Jeff Nichols erzählt seine Geschichte im Stil eines lakonischen Westerns: Die Landschaft ist so spröde wie die Menschen, die Straßen sind leergefegt, der Himmel ist verhangen. Man kann förmlich spüren, wie die Gegenwart durch die tragische Vergangenheit bestimmt wird; die Sprachlosigkeit der Figuren verstärkt den Eindruck der Ausweglosigkeit. Mit Bedacht setzt Nichols deswegen Hoffnungssignale an den Wegesrand: Der aufbrausende Kid möchte heiraten und sein Leben in Ordnung bringen; der sanftmütige Boy scheut Gewalt und trainiert eine örtliche Basketball-Jugendmannschaft; und Sons wortkarge, aber liebevolle Beziehung zu seinem Sohn beweist am besten, dass der Kreislauf der Gewalt durchbrochen werden kann. „Shotgun Stories“ wird von der Gewalt bestimmt, ohne dass viel von ihr zu sehen wäre. Es genügt, die Auswirkungen auf den Gesichtern zu studieren, das hilflose Brüten, das auf die Trauer folgt und wie selbstverständlich immer dasselbe Ventil zu finden scheint. Man kennt das alles so ähnlich aus unzähligen Western; im Gewand der heutigen Zeit ergibt sich gleichwohl ein seltsamer Verfremdungseffekt: Man möchte diese archaische Welt mit ihren entsetzlich hoffnungslosen Figuren nicht an sich heranlassen und fühlt sich dann durch die Möglichkeit eines Happy Ends beinahe um die Irritation dieses eindrucksvollen Films geprellt.
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