Harry Potter und der Halbblutprinz

Fantasy | Großbritannien/USA 2009 | 153 Minuten

Regie: David Yates

Verfilmung des sechsten Teils einer Fantasy-Serie um den jungen Zauberer Harry Potter, der sich mit Hilfe seiner Freunde der drohenden Machtergreifung eines dunklen Lords entgegenstellen will, dessen Vasallen sowohl die magische Welt als auch die der normalen Menschen mit Terror überziehen. Während die Zauberschüler dazu die geheimnisvolle Vergangenheit des Bösewichts ergründen, gilt es gleichzeitig, die eigenen romantischen Bedürfnisse und Sehnsüchte auszuloten. Weitgehend stimmungsvolle, inszenatorisch einfallsreich umgesetzte Fantasy-Verfilmung, die freilich durch ihre erzählerische Schwerpunktsetzung einige der spannendsten Aspekte der Buchvorlage nivelliert. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
HARRY POTTER AND THE HALF-BLOOD PRINCE
Produktionsland
Großbritannien/USA
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Heyday Films/Warner Bros.
Regie
David Yates
Buch
Steve Kloves
Kamera
Bruno Delbonnel
Musik
Nicholas Hooper
Schnitt
Mark Day
Darsteller
Daniel Radcliffe (Harry Potter) · Emma Watson (Hermine Granger) · Rupert Grint (Ron Weasley) · Michael Gambon (Albus Dumbledore) · Alan Rickman (Severus Snape)
Länge
153 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Fantasy | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit acht im Film nicht verwendeten Szenen (7 Min.) sowie die Dokumentation "Ein Jahr im Leben von J.K. Rowling" (48 Min.) über die Autorin der Vorlage. Die BD bietet zudem die Möglichkeit, u.a. mittels eines "Picture in Picture"-Features 14 Kurzinformationen in den laufenden Film einzublenden. Die hochwertig aufgemachte bibliophile "Ultimate Edition" (DVD & BD) enthält ein 48-seitiges Hardcover-Booklet über die Spezial-Effekte der Filmreihe sowie den sechsten Teil der als achtteilige Reihe angelegten Dokumentation "Die Entstehung von Harry Potters Welt" (diesmal über "Magische Effekte", 64 Min.). Die "Ultimate Edition" ist mit dem Silberling 2011 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Warner (16:9, 2.35:1, DTrueHD engl., DD5.1 dt.)
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Diskussion
Nur noch ganz leise und zögerlich klingen die an eine Spieldose erinnernden Töne des Titelthemas; statt sich zu einer großen orchestralen Musik aufzubauen, scheinen sie sich in der Düsternis zu verlieren, die von der Leinwand Besitz ergreift: Lord Voldemort wirkt nach seinem finalen Auftritt in „Harry Potter und der Orden des Phönix“ (fd 38 241) im sechsten Teil zwar nicht mehr in Persona mit, ist als latente Bedrohung aber umso präsenter. Die Exposition fasst in einer furiosen Sequenz zusammen, wie die sichere Normalität sowohl in der Zauberer- als auch in der Muggel-Welt Risse bekommt: Ein unnatürliches Unwetter braut sich über London zusammen, wie schwarzer Rauch rasen die Anhänger des dunklen Lords durch die Straßenschluchten, bringen in der normalen Welt eine Brücke zum Einsturz und lassen in der Winkelgasse der Zauberer Menschen verschwinden. Und Harry Potter? Hier haben sich Drehbuch und Regie eine kleine Abweichung vom Roman erlaubt: Anstatt schwermütig bei der unsympathischen Muggel-Verwandtschaft auszuharren, studiert Harry in einem Imbiss am Bahnsteig den „Tagespropheten“, wird von der attraktiven Kellnerin angeflirtet und zu einem Date eingeladen – was zwar die Logik-Vorgaben der Buchvorlage stapaziert, aber dazu dient, Harry als selbstständigere, zu mehr Selbstbewusstsein gereifte Figur zu etablieren und gleichzeitig das Thema einzuführen, das neben dem Kampf gegen den erstarkenden Lord Voldemort und seine Vasallen den Film dominiert: Mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen, verlangen die romantischen Bedürfnisse der Teenager-Helden mit Macht nach ihrem Recht, unheilvolle Prophezeiungen hin, Todesser her. Regie beim neuen „Potter“-Film führte einmal mehr David Yates, dem mit Teil Fünf, „Harry Potter und der Orden des Phönix“ (fd 38 241) auf der Basis eines Drehbuchs von Michael Goldenberg ein stimmiger Einstieg in Joanne K. Rowlings Fantasy-Universum gelungen war. Darin wurden nicht nur die epischen Handlungsbögen des Romans geschickt in eine Filmdramaturgie übersetzt, sondern überzeugten auch die inszenatorischen Einfälle, aus denen sich die Sinnlichkeit und Glaubwürdigkeit der zauberischen Welt und ihrer Charaktere maßgeblich speist. Teil Sechs besticht einmal mehr durch seine Kino-Magie, von den Details am Rande – wenn etwa ein Mini-Drache in der Winkelgasse mit seinem Feueratem Maroni brät – über das großartige All-Star-Ensemble bis hin zur charmanten Inszenierung kniffliger amouröser Ent- und Verwicklungen. Allerdings modifiziert die Verfilmung die Romanvorlage stärker als der Vorgängerfilm. Dass eine im Buch nicht existierende Suspense-Szene dem sich langsam annähernden Pärchen Harry-Ginny erlaubt, einmal mehr Seite an Seite gegen Voldemorts Todesser zusammenzustehen, ist ein schöner Einfall, um die etwas blutleere Romanze zwischen den beiden auszubauen. Bedauerlich ist allerdings, dass ausgerechnet die zentrale und auch interessanteste Beziehung des sechsten Buchs im Film viel zu kurz kommt, nämlich die zwischen Harry und seinem Mentor Dumbledore. Im Buch oszilliert sie zwischen wachsender Nähe und Ins-Vertrauen-ziehen einerseits und Harrys nicht minder wachsender Selbstständigkeit und Abnabelung andererseits, die sich darin zeigt, dass Harry entgegen der Einschätzungen und Anweisungen des alten Magiers eigene Prioritäten setzt (vor allem in Bezug auf verdächtige Umtriebe seiner Lieblingsfeinde Draco und Snape). Der Film greift das rudimentär auf, nivelliert aber die Spannungen und Verunsicherungen, die sich daraus ergeben, weitgehend. Das ist sehr schade, erzählt doch diese von der Romanautorin so sorgfältig entwickelte Vaterfigur-Sohn-Geschichte beredt von den Konfliktlinien des Erwachsenwerdens, um die es jenseits des Fantastischen in Harrys innerer „Heldenreise“ geht. Als Dilemma erweist sich in diesem Film auch die Frage der Zielgruppe. Mit wachsendem Alter ihrer jugendlichen Helden nehmen die Bücher und auch die Potter-Filme an Dramatik und Schrecken zu; mittlerweile ist allerdings ein Punkt erreicht, wo die Filmadaption, vielleicht auch mit Blick auf eine „ab 12"-Freigabe, die emotionalen Zumutungen der Bücher konsequent dimmt. Gerade das in der Vorlage erschütternde Finale von Teil 6 leidet im Film an einer Verharmlosung, die die Ereignisse nicht nur entdramatisiert, sondern auch noch einige Logik-Probleme in der Handlung aufwirft. So prägt zwar die zunehmende Düsterkeit den visuellen Stil des Epos; erzählerisch lässt sich der Film jedoch lieber nicht allzu tief auf die schmerzhaften Seiten, die Zweifel und Ängste ein, sei’s in der Liebe, sei’s im Krieg.
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