Invictus - Unbezwungen

- | USA 2009 | 133 Minuten

Regie: Clint Eastwood

Der gerade erst zum südafrikanischen Staatspräsidenten gewählte Nelson Mandela setzt Anfang der 1990er-Jahre ein weithin sichtbares Zeichen für seine Politik der Verständigung zwischen Weißen und Schwarzen, indem er das bisher drittklassige nationale Rugby-Team motiviert, den Sieg in der Weltmeisterschaft zu erringen. Zwar wurde der aufwändig ausgestattete, routiniert gespielte Film etwas zahflüssig in Szene gesetzt, überzeugt aber in der nuancenreichen Personenzeichnung und gipfelt in dem abschließenden mitreißenden World-Cup-Spiel. Gleichwohl bleibt er den Blick auf die fortdauernden Probleme des heutigen Südafrikas schuldig. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 12.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
INVICTUS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Malpaso Prod./Revelatiosn Ent./Mace Neufeld Prod.
Regie
Clint Eastwood
Buch
Anthony Peckham
Kamera
Tom Stern
Musik
Kyle Eastwood · Michael Stevens
Schnitt
Joel Cox · Gary D. Roach
Darsteller
Morgan Freeman (Nelson Mandela) · Matt Damon (Francois Pienaar) · Tony Kgoroge (Jason Tshabalala) · Patrick Mofokeng (Linga Moonsamy) · Matt Stern (Hendrick Booyens)
Länge
133 Minuten
Kinostart
18.02.2010
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die DVD enthält keine erwähnenswerten Extras, ganz im Gegensatz zur umfangreicheren BD: Unter dem Feature "Weitsicht, Mut und Ehre" verbirgt sich eine aufschlußreicher "Bild-im-Bild"-Kommentar des Regisseurs und weiteren Cast- und Crew-Mitgliedern, der optional dem Film zuschaltbar ist.

Verleih DVD
Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Warner (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl, DD5.1 dt..)
DVD kaufen

Diskussion
Clint Eastwoods „Invictus“ ist ein Film über eine lebende Legende, ein Film über ein durch Rassismus geteiltes Land, ein Film über Inspiration und Versöhnung, ein Film über Sport als einigende Kraft. Alles das und doch nicht genug. Es ist nicht der erste Versuch, einen Film über Nelson Mandela auf die Leinwand zu bringen. Aber es ist der erste gelungene Versuch. „Invictus“ wurde von einem Regisseur gedreht, der zu berühmt und zu alt ist, um seine Filme nur des Geldes wegen zu machen. Hinter den Filmen Clint Eastwoods steht immer eine Botschaft. Hier ist es eine der wichtigsten unseres noch jungen Jahrhunderts und gleichzeitig eine der ältesten der langen Menschengeschichte: dass unterschiedliche Rassen zu einem Konsens, zu gegenseitiger Toleranz und zur Achtung ihrer Lebensweisen kommen müssen. Der ganze Film handelt davon, aber trotzdem ist es nicht genug. Erzählt wird ein historisch verbürgtes Kapitel aus dem Leben des gerade zum südafrikanischen Staatschef gewählten Nelson Mandela, der nach 27 Jahren Gefängnishaft vor der Aufgabe steht, das von der unmenschlichen Apartheid-Politik gespaltene Land zu einer Nation zu formen. Mandela, stets ein Sportfan, wenn auch nicht gerade des Rugby-Sports, hatte die Idee, mit Hilfe der drittklassigen südafrikanischen Rugby-Mannschaft The Springboks ein Exempel für seine idealistische Politik zu statuieren, das überall und von jedem begriffen werden könnte. Der World Cup stand bevor, und es blieb nur noch ein Jahr Zeit, um aus den chronisch Unterlegenen eine Siegermannschaft zu formen. Die Schwierigkeiten, vor denen Mandela stand, schienen unüberwindlich. Nicht nur musste er jeden Einzelnen in dem Team zu nahezu übermenschlichen Leistungen anspornen, sondern es musste ihm auch gelingen, mit den Vorurteilen in der Bevölkerung fertig zu werden. Rugby war stets ein Sport der Weißen gewesen. Die schwarzen Südafrikaner spielten Fußball. Das führte im Stadion zur Parteienbildung. Das Volk kam, um die Springboks spielen zu sehen, aber die Hälfte der Zuschauer applaudierte dem Gegner. Selbst Mandelas treueste Anhänger glaubten nicht daran, dass es ihm gelingen könnte, die Rassenschranke im Sport zu überwinden. Aber Mandela, den die meisten Weißen damals noch für einen an die Macht gelangten Terroristen hielten, hatte den richtigen Instinkt: Sollte es ihm gelingen, die Springboks zu einem Sieg in der Weltmeisterschaft zu animieren, so würde das ein Symbol setzen für die Politik, die ihm am Herzen lag. Wie stets in Eastwoods Filmen braucht die Handlung viel Zeit, um in Gang zu kommen. Eastwood nutzt diese Zeit diesmal für ein faszinierendes Porträt Mandelas, der sich keinen besseren Repräsentanten auf der Leinwand hätte wünschen können als Morgan Freeman. Freeman kriecht in die Persönlichkeit Mandelas förmlich hinein, nicht nur in dessen Gestik und schwerfällige Körperlichkeit, sondern im Original auch in dessen Sprachduktus. Das Drehbuch hält eine Vielzahl von Gelegenheiten für den Schauspieler bereit, die tiefe Humanität Mandelas und dessen in langen, einsamen Gefängnisstunden gewachsene Bereitschaft, auch den Folterern der schwarzen Bevölkerung zu verzeihen. Es ist vor allem der Mannschaftskapitän der Springboks, den Mandela durch sein Vorbild motiviert. Dieser von Matt Damon gespielte Francois Pienaar gehört nicht zu den weißen Agitatoren, aber er braucht seine Zeit, um zu begreifen, warum Mandelas Weg der einzige Weg ist, der das Land in eine Zukunft für beide Rassen führen könnte. Die subtile Überzeugungsarbeit Mandelas gibt auch für den Zuschauer die am stärksten involvierenden Szenen ab, etwa bei der Konstituierung der Leibgarde, in der nun plötzlich Weiße und Schwarze gemeinsam für die Sicherheit des neuen Präsidenten sorgen müssen, oder bei Mandelas erstem Besuch bei den Springboks, deren Namen er sich zuvor mühselig eingeprägt hat, um jeden Einzelnen persönlich ansprechen zu können. Ansonsten jedoch schleppt sich der Film in Eastwoods präziser, aber konventionellen Inszenierung ein wenig schwerfällig von Szene zu Szene. Das ändert sich erst, als es schließlich zum entscheidenden Weltmeisterschaftsspiel kommt, das ausgerechnet gegen das legendäre, als unbesiegbar geltende Team aus Neuseeland ausgetragen werden muss. Hier werden die zuvor mehr abstrakt behandelten Tugenden der Zuversicht und Entschlossenheit im Tumult des rauen Rugby-Spiels mit einer kaum erwarteten technischen Virtuosität demonstriert, die sogar Nichtkenner des Rugby-Sports in die Dramatik des Geschehens hineinzieht. In einem Sportstadion wurde Geschichte gemacht. Das bestätigen auch zahllose Augenzeugen, die 1995 dabei waren. „The Game That Made a Nation“ lautet der Untertitel des dem Film zugrunde liegenden Buchs von John Carlin. Aber 15 Jahre später ist Südafrika noch immer ein in Weiße und Schwarze gespaltenes Land. Davon lässt der Film nichts erkennen. Er endet mit einem die Rassen einigenden hochemotionalen Sieg. Und er endet mit dem scheinbaren Erfolg einer Vision, jener von Nelson Mandela, die viel in dem geschundenen Land verändert hat, aber noch lange nicht an ihrem Ziel angekommen ist. Schwarze leben in den südafrikanischen Großstädten noch immer am Rand der Gesellschaft, zusammengepfercht in herunter gekommenen, isolierten Townships. Zu viel ist getan worden, um die Furcht der Weißen vor aufbegehrenden, rachsüchtigen Schwarzen zu zerstreuen, zu wenig für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Schwarzen. 1995 hatte es in der Mannschaft der Springboks nur einen Schwarzen gegeben; im Jahr 2007, als die Springboks das nächste Mal den World Cup gewannen, waren es gerade mal zwei. Deshalb ist Eastwoods Film nicht genug.
Kommentar verfassen

Kommentieren