The Marsdreamers

Dokumentarfilm | Schweiz/Frankreich 2009 | 83 Minuten

Regie: Richard Dindo

Dokumentarfilm über Träume, den Mars zu besiedeln. US-Wissenschaftler, die an der Utopie einer Urbarmachung des Roten Planeten mitarbeiten, kommen ebenso zu Wort wie passionierte "Marsianer", die vom Aufbau einer neuen Zivilisation träumen. Dabei vermitteln sich der durchaus sympathische Enthusiasmus und Entdeckergeist der "Marsdreamers", doch zugleich bringt der Film auch kritische Untertöne ins Spiel, indem er den Traum von einer neuen Heimat in Beziehung zum zerstörerischen Umgang mit der Erde setzt. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
THE MARSDREAMERS
Produktionsland
Schweiz/Frankreich
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Lea Prod./Les Films d'Ici/Teleclub/TSR
Regie
Richard Dindo
Buch
Richard Dindo
Kamera
Pio Corradi · Richard Dindo
Schnitt
Eulalie Korenfeld · René Zumbühl
Länge
83 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Diskussion
„Würden Sie zum Mars fliegen, wenn Sie die Gelegenheit dazu hätten?“ Immer wieder stellt der Schweizer Dokumentarfilmer Richard Dindo diese Frage. Und zwar US-Forschern unterschiedlicher Disziplinen, die auf ihre je eigene Weise die noch sehr ferne, aber gar nicht mehr so utopische Mars-Mission vorbereiten, indem sie die Lebensbedingungen in „marsähnlichen“ Wüsten der USA untersuchen, Pläne für Wohnanlagen entwerfen, die an die unwirtlichen Zustände auf dem roten Planeten angepasst sind, oder Fahrzeuge testen, die sich auf dem steinig-staubigen Untergrund fortbewegen könnten. Und er stellt diese Frage „Marsianern“, US-Amerikanern, die vom Leben auf dem Mars träumen, davon, eine neue Zivilisation zu gründen, die Menschheit weiterzuentwickeln. Er stellt sie Männern und Frauen, jüngeren und älteren, die vor allem eines miteinander verbindet: nämlich ihre Leidenschaft für den Mars. Fast immer erhält er die gleichen Antworten: „Ja, sofort“, „Auf alle Fälle“, „Ohne zu zögern“. Dindo teilt die Begeisterung seiner Gesprächspartner, und wenn er ihnen geduldig dabei zuhört, wie sie ihre Vorstellungen vom Leben auf dem fernen Planeten entwickeln, vom Wunsch, als erster einen Fuß auf das Gestirn zu setzen, auf dem in einigen hundert Jahren nicht nur Menschen, sondern auch Tiere leben und dessen Atmosphäre nach einem Jahrtausend gezielter Aufforstung genügend Sauerstoff enthalten könnte, um freies Atmen zu ermöglichen, dann überträgt sich einiges von der Faszination, der Neugierde und der Abenteuerlust, die in solchen Spekulationen zum Ausdruck kommen. Dennoch wahrt der Dokumentarfilm den nötigen Abstand, um sich nicht vorbehaltlos vereinnahmen zu lassen. So verzichtet er darauf, den futuristischen Visionen von einer Mars-Zivilisation digital oder inszenatorisch zu einem Leinwandleben zu verhelfen und lässt die Kamera stattdessen lange auf irdischen Landschaften ruhen. Dabei schlägt er ein gemächliches, mal recht langatmiges, mal kontemplatives Erzähltempo an, das Zeit zum Gähnen, aber auch zum Nachdenken lässt und Raum, sich grundlegende Fragen zu stellen. Ist es tatsächlich so, wie die meisten Befragten in der ersten Hälfte suggerieren, dass das Entdecker-Gen ein untilgbarer Bestandteil der menschlichen DNA ist? Setzen die Mars-Fahrer einer möglichen Zukunft also die Tradition der amerikanischen Pioniere fort, indem sie ihre Heimat hinter sich lassen und zu fremden Gestaden aufbrechen? Ist es überhaupt erstrebenswert, an solch eine Tradition anzuknüpfen? Lange scheint es so, als ob in diesen unausgesprochenen Fragen eine Kritik an Dindos Dokumentation verborgen läge; doch dann lässt der Regisseur mitten in der allgemeinen Santa-Maria-Aufbruchsstimmung und ausgerechnet am Kolumbus-Tag, der an die Landung in der Neuen Welt erinnert, zwei Indianer zu Wort kommen. Auch ihnen stellt er die Leitfrage, ob sie gerne zum Mars fliegen würden. Beide zögern. Man spürt, dass sie nicht grundsätzlich abgeneigt sind, und doch überwiegen am Ende ihre Zweifel am Sinn einer solchen Mission und ihre Sorge um die Erde. Die Weißen, sagen sie, hätten genug von „Mutter Erde“. Sie richteten sie zugrunde und wollten nur noch weg von ihr. Die scheinbar so kindlich-unschuldige Mars-Euphorie gerät so in ein diffuseres Licht. Auch Kim Stanley Robinson, Autor der Science-Fiction-Trilogie „Red Mars“, „Green Mars“, „Blue Mars“, mahnt, mit Blick auf den Mars die Erde nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn der Mars den Menschen helfen würde, mehr Verantwortung für die Erde zu übernehmen, dann sei das gut. Falls nicht, müsse der Traum vom Mars ein Projekt für ein späteres Jahrhundert sein. Bei Dindos „The Marsdreamers“ scheint diese Botschaft angekommen zu sein, er vermittelt sie weiter, ganz ohne didaktischen Impetus und ohne die Faszination am Neuland Mars über Bord zu werfen.
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