Eschrefpaschalilar

Drama | Türkei 2010 | 100 Minuten

Regie: Hüdaverdi Yavuz

In einem von Kleinkriminellen und der Mafia beherrschten Stadtviertel Istanbuls kämpft ein neuer Hodscha für die Gerechtigkeit. Volksschwankartig und zäh inszeniertes Drama über das Ringen zwischen Gut und Böse, das zwischen bodenständiger Burleske und moralinsaurem Rührstück für eine vormoderne Allianz aus religiöser und weltlicher Autorität osmanischer Prägung als Alternative zum Staat plädiert. - Ab 14 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
ESREFPASALILAR
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
ANSE
Regie
Hüdaverdi Yavuz
Buch
Burak Tarik
Kamera
Rico
Musik
Yücel Arzen
Darsteller
Sinan Taymin Albayrak (Hoca) · Turgay Tanülkü (Davut) · Burak Tarik (Nusret) · Hüseyin Soysalan (Tayyar) · Sermin Hürmeriç (Eleni)
Länge
100 Minuten
Kinostart
22.04.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14 möglich.
Genre
Drama

Diskussion
Ein heruntergekommenes Viertel in Istanbul. Als ein fremder Gast in Davuts Teehaus einen Tee bestellt, wird er brüsk abgewiesen. Man wolle hier unter sich bleiben, bedeutet ihm der grantige Alte, den sie respektvoll als „Aga“ bezeichnen, da er die Geschicke des Viertels regelt. Doch der Fremde ist kein Beamter, wie Davut zunächst vermutet, sondern der neue Hodscha, der in die zur Ruine verkommenen Moschee einzieht und dem Gemeindeleben auf die Sprünge helfen soll. Gemeinsam mit Davut schmiedet er eine Allianz gegen Kleinverbrechen, Korruption und Mafia, die das verarmte Stadtviertel beherrschen. Der erste Spielfilm von Hüdaverdi Yavuz beruht auf einem Theaterstück, das seit drei Jahren durch die Türkei tourt und inzwischen 400.000 Zuschauer erreicht hat. Für die Verfilmung wurden die Dialoge offenbar kaum verändert, und die arg volksschwänklerisch agierenden Schauspieler wirken so, als wären sie direkt von der Bühne auf die Straße verfrachtet worden. Das hinterlässt einen zähen Eindruck, zumal eine Reihe weiterer Hauptpersonen vorgestellt werden muss: Memduh, der mit seiner kleinen Kapelle den folkloristischen Rahmen vorgibt, Tayyar, der bösartige Mafia-Boss, sowie Nusret, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun vor der Wahl steht, ins Drogen- und Schutzgeldgeschäft einzusteigen oder sich an der Seite seiner Geliebten Duygu eine weiße Weste zuzulegen. Der 30-jährige Nusret wird zur Schicksalsfigur des Films: Gelingt es dem „Aga“ und dem Hodscha, den jungen Mann auf die Seite der Gerechtigkeit zu ziehen? Theaterstück wie Film leben von der Abwesenheit zivilrechtlicher Autoritäten – Politik, Polizei und Justiz scheinen in Davuts Stadtviertel nicht zu existieren, die Konflikte werden von der religiösen Autorität gemeinsam mit dem „Aga“ gelöst, eine Anspielung auf den gleichnamigen osmanischen Titel für zivile und militärische Würdenträger. Entsprechend atavistisch ist der finale Zweikampf zwischen Gut und Böse: Davut und sein Widersacher Tayyar treffen in einem alten Hamam aufeinander, um ihren Konflikt „wie in alten Zeiten“ per Messerkampf zu entscheiden. Hier läuft die theatralische Form ausnahmsweise zu Hochtouren auf, wenn auch mit vorhersehbarem Ende. Das ist der Stoff für einen pseudoreligiös verbrämten Leidensmythos, verpackt in eine Mischung aus bodenständiger Burleske und moralinsaurem Rührstück. Der moderne Staat ist weg, Blut wird vergossen, um die Jungen zu läutern, und die Moschee ist endlich voll.
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