Ein amerikanischer Traum

Drama | USA 2001 | 102 Minuten

Regie: Éva Gárdos

Ein Ehepaar muss während des Kalten Krieges auf der Flucht aus Ungarn in die USA seine kleine Tochter zurücklassen. Bis es gelingt, das Mädchen wie geplant nachkommen zu lassen, vergehen viele Jahre, in denen sich die Tochter von den Eltern völlig entfremdet. Auf der Basis ihrer eigenen Familiengeschichte und mit Hilfe einer exzellenten Darstellerriege gelingt der Regisseurin ein kraftvolles, berührendes Drama um Heimat, Identität und das das Streben nach Freiheit. - Ab 12 möglich.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
AN AMERICAN RHAPSODY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Fireworks/Seven Arts
Regie
Éva Gárdos
Buch
Éva Gárdos
Kamera
Elemér Ragályi
Musik
Cliff Eidelman
Schnitt
Margaret Goodspeed
Darsteller
Scarlett Johansson (Suzanne mit 15) · Nastassja Kinski (Margit) · Raffaella Bánsági (Suzanne als Kind) · Tony Goldwyn (Peter) · Agnes Bánfalvi (Helen)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12 möglich.
Genre
Drama
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Ascot/Elite (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Welche Tragik: Ein Ehepaar flieht aus einem Land, in dem es seines Lebens nicht mehr sicher sind. Ihr Baby müssen die beiden zurücklassen, weil es auf einem anderen Weg über die Grenze gebracht werden muss. Aus der kurzen Trennung werden Jahre: Die Mutter der Frau bringt es nicht übers Herz, einer Schmugglerin das Baby zu übergeben, weil sie um dessen Sicherheit fürchtet. Stattdessen kommt das Mädchen in die Obhut eines kinderlosen Ehepaars. Nach sechs Jahren erst wird die Familie wieder zusammengeführt. Für das Kind sind die richtigen Eltern längst Fremde und die Pflegeeltern Mama und Papa. Im verzweifelten Bemühen, dadurch die Liebe ihrer Tochter zu gewinnen, dass sie sie nicht noch einmal allein lässt, geht die Mutter sogar so weit, ihr Kind einzusperren, als die Pubertät das Mädchen rebellieren lässt. Mit Gewalt erzwingt es sich die Freiheit. Fast kommt es dabei zur Katastrophe. Es ist eine wahre Geschichte, welche die meist als Cutterin arbeitende Éva Gárdos in ihrem Regiedebüt erzählt – ihre eigene. Aus dem stalinistischen Ungarn flohen ihre Eltern 1950 in die USA, wo sie ihre Tochter erst viele Jahre später wiedersahen. Was auch immer Éva Gárdos für ihren Film hinzuerfunden haben mag, eine Dokumentation dazu hätte als Bonus-Material Sinn gemacht. Gleichwohl ist die Veröffentlichung dieses hochemotionalen Films allein aber schon zu begrüßen, nicht zuletzt wegen der großartigen Nastassja Kinski, die seit vielen Jahren nur noch selten in ansprechenden Filmen zu sehen ist. Neben ihr agieren überzeugend Tony Goldwyn (Sohn von Samuel Goldwyn Jr.) und die 16-jährige Scarlett Johansson als pubertierende Suzanne. Viele andere der großartigen, mit Preisen versehenen Darstellerriege sind ungarischer Herkunft. Gárdos gelingt eine kraftvolle und von Herzen kommende Suche nach Identität und Heimat. Zudem zeichnet den Film eine erhabene Tragik aus, die auf perfekte Weise Mitleid und Rührung im Zuschauer hervorzurufen in der Lage ist. Wenn Margit, von übertriebener Mutterliebe geleitet, die Fenster ihrer Tochter verriegeln lässt und damit ihrem eigenen Fleisch und Blut genau das nimmt, was sie in Amerika eigentlich suchte und das Land, in dem sie geboren wurde, ihr nicht mehr geben wollte, erlebt man auf beeindruckende Weise, wie der Impuls, Menschen vor einem vermeintlichen Übel zu beschützen, in unmenschlichen Freiheitsentzug münden kann. Um sich zu wehren, greift Suzanne nun ebenso begründet zur Waffe (das in ihrem Zimmer verborgene Gewehr kommt indes etwas zu unerwartet) wie die Unterdrückten in Ungarn (wo es 1956 zu einem Volksaufstand kam). Wahre Erkenntnis bietet aber erst die Suche nach der Wahrheit, auf die sich Suzanne begibt. Erst durch eine Reise nach Ungarn und den Besuch ihrer Pflegeeltern sowie ihrer Großmutter, die Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbrachte, gelingt es ihr, die Vergangenheit zu verstehen: nämlich dass ihre Mutter nicht schuldig ist und es für sie unumgänglich war, das Land zu verlassen, selbst um den Preis, ihr Kind für kurze Zeit, aus der tragischerweise sechs Jahre wurden, allein zu lassen.
Kommentar verfassen

Kommentieren