Honeymoons - Medeni mesec

Drama | Serbien/Albanien 2009 | 95 Minuten

Regie: Goran Paskaljevic

Zwei Paare aus Südosteuropa, das eine aus Serbien, das andere aus Albanien, wollen im verheißungsvollen Westen ihr Glück machen, müssen dafür aber beschwerliche Wege auf sich nehmen. Ein Film über Befindlichkeiten in multi-ethnischen Gesellschaften, die nachhaltig durch den Krieg im Kosovo geprägt sind, erzählt in zwei parallelen Handlungen, die an keiner Stelle enggeführt werden. Dies bedarf ebenso der Gewöhnung wie das irritierend offene Ende, das jedoch nachdrücklich Hoffnung auf Zukunft suggeriert. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MEDENI MESEC
Produktionsland
Serbien/Albanien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Nova/Skandal
Regie
Goran Paskaljevic
Buch
Goran Paskaljevic · Genc Permeti
Kamera
Milan Spasic
Musik
Rade Krstic
Schnitt
Petar Putnikovic
Darsteller
Nebojsa Milovanovic (Marko) · Jelena Trkulja (Vera) · Jozef Shiroka (Nik) · Mirela Naska (Maylinda) · Mira Banjac (Stana)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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Diskussion
Es ist ein in mancher Hinsicht erstaunlicher Film, vor allem eine Szene geht einem sehr nahe. In tiefer Nacht wird ein junger Mann – Marko, er lebt in Belgrad, hält sich nun aber im Heimatdorf seiner Frau auf – von einem halben Dutzend Jungen mit Mopeds verfolgt. Marko ist von einer Hochzeit weggegangen, die Jugendlichen haben herumgehangen. Nun folgen sie ihm mit kreischenden Motoren, flüchtig blitzenden Lichtern. Er solle wiederholen, was er am Nachmittag sagte, fordern die Jungs Marko aggressiv auf. Doch ums Reden geht es nicht, sondern bloß ums Dampfablassen. Die Situation ist brenzlig, aber Marko steckt die Hände in die Hosentaschen. Nicht ein einziges Mal schlägt er zu, liegt schließlich blutend auf dem Boden, als Vera ihn findet. Ein Pazifist? Vielleicht. Sicher denkt Marko weniger engstirnig als seine Angreifer und entzieht sich dem gesellschaftlichen Code. Vor allem aber ist Marko Cellist, und in einigen Tagen soll er den Wienern Philharmonikern vorspielen. Dies ist seine und Veras große Chance, aus der Heimat wegzukommen, ins gelobte (West-)Europa zu gelangen, wo alles besser, freier, friedlicher sein soll. „Honeymoons“ ist der 19. Spielfilm von Goran Paskaljevic und die erste albanisch-serbische Co-Produktion. Erzählt werden zwei parallel an verschiedenen Orten spielende, voneinander unabhängige Geschichten: Es dauert lange, bis die Klänge von Markos Cello durch Nik und Maylindas Geschichte wehen. Die beiden kommen aus einem albanischen Bergdorf. Niks Bruder Ilir brach vor drei Jahren im Schlauchboot nach Italien auf und ist seit diesem Zeitpunkt verschollen. Maylinda ist seine Verlobte und lebt, wie in Albanien üblich, in Niks Familie. Lange schon haben Niks und Maylindas Herzen zueinander gefunden, doch ihre Liebe ist verboten. So fahren sie denn zu einer Hochzeit nach Tirana und brechen von dort hinter dem Rücken der Familie nach Italien auf. Zwei Emigrationsgeschichten also; tatsächlich aber handelt der Film weniger von Aufbruch und Neuanfang, als dass er kurze und präzise Beschreibungen der Befindlichkeiten der heutigen albanischen und serbischen Gesellschaft liefert. Schwer lastet die kriegs- und konfliktreiche Vergangenheit, tief ist die Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Neureichen und Gestrigen. Auch prägt eine latente Intoleranz das Verhältnis der beiden Völker zueinander. Dennoch sind sie so verschieden nicht: Da sind, hier wie dort, eine impulsive Lebens- und Feierfreude, das Festhalten an Traditionen, ein ausgeprägter Familiensinn, die Liebe zum Raki, der (in westlichen Augen beängstigend) sorglose Umgang mit Waffen. Was Serben und Albaner vor allem vereint, ist die Nachbarschaft zum multi-ethnischen Kosovo, in dem zwei KFOR-Soldaten hinterrücks ermordet werden. Waren die Mörder Albaner, waren es Serben? Es ist egal. Zum Verhängnis wird der Vorfall allen, die mit dem Kosovo zu tun haben oder hatten. Da hängt „Honeymoons“ dann unverhofft fest, mit zwei verblüffend offenen Enden aufwartend, wie man sie im Kino nur selten sieht. Ein starkes Stück!
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