HalbZeit - Vom Traum ins Leben

Sportfilm | Deutschland 2009 | 104 Minuten

Regie: Christoph Hübner

Fünf Fußballspieler träumten einst als hoch gehandelte Talente von einer erfolgreichen Profi-Karriere; mittlerweile müssen die meisten von ihnen mit dem Scheitern dieser Hoffnungen umgehen. Der zweite Teil (nach "Die Champions", 1998-2003) einer als Trilogie angelegten dokumentarischen Langzeitbeobachtung überzeugt durch Porträts, die die Protagonisten in ihre jeweiligen Lebenswelten begleiten und dabei souverän zwischen Nähe und Distanz balancieren. Der Einblick in die Schattenseiten der Auslesemechanismen des Profisports ist dabei nicht nur für Fußballfans von Interesse. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Christoph Hübner Filmprod./WDR/3sat
Regie
Christoph Hübner
Buch
Christoph Hübner
Kamera
Christoph Hübner
Schnitt
Gabriele Voss
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Sportfilm | Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Francis Bugri ist genervt. Was in aller Welt denn falsch daran sei, ein netter Mensch zu sein, fragt er seine Mutter. Schließlich hat diese ihm gerade vorgehalten, dass er nie gelernt habe, seine Ellenbogen zu gebrauchen, und ohne diese Fähigkeit gehe es in seinem Beruf nun mal nicht. Francis Bugri, Mitte 20 und Sohn rumänisch-ghanaischer Eltern, ist Fußball-Profi. Mit diversen Nachwuchsmannschaften von Borussia Dortmund ist er mehrfach deutscher Jugendmeister geworden, hat mit 17 an der Junioren-Weltmeisterschaft teilgenommen, zwei Jahre später seinen ersten Profivertrag beim BVB erhalten und für den Verein sogar schon einmal in der Champions League gespielt. Dass ihm eine große Karriere auf dem grünen Rasen bevorstand, schien eine ausgemachte Sache. Heute steht er nach Jahren bei verschiedenen Zweitliga-Vereinen und einem Kurz-Gastspiel in Dänemark ohne Vertrag da, ist wieder bei seinen Eltern eingezogen und hat ein Fernstudium begonnen. In dem Dokumentarfilm „Die Champions“ (fd 36 034) von Christoph Hübner und Gabriele Voss war Bugri noch der Sportler mit den besten Perspektiven, in „HalbZeit“ nun, dem Nachfolger der auf eine Trilogie angelegten Langzeitbeobachtung mehrerer Fußballer, ist er so etwas wie der tragische Held. Doch auch die Karrieren seiner vier ehemaligen Mitspieler aus der BVB-Jugend sind ins Stocken geraten. Während Mohammed Abdulai für Wattenscheid in der dritten Liga kickt und der Chilene Claudio Chavarria nach Südamerika zurückgekehrt ist, hat es nur Florian Kringe in Dortmund in die Erste Bundesliga geschafft. Gegen Ende des Films macht er sich sogar Hoffnungen auf eine Einladung zur Nationalmannschaft. Doch auch diese vermeintliche Erfolgsstory ist bisher ohne Happy End geblieben. In der vergangenen Saison – nach Ende der Dreharbeiten – wurde Kringe an Hertha BSC ausgeliehen und stieg mit dem Club in die Zweite Liga ab. Nur Heiko Hesse hat Karriere gemacht. Allerdings nicht im Fußball: Er hängte die Fußballschuhe frühzeitig an den Nagel, studierte in Oxford und arbeitet inzwischen als Ökonom bei der Weltbank in Washington. Über den Zeitraum von einem Jahr beobachtet der Film seine fünf Protagonisten in ihren jeweiligen Lebenswelten. Man sieht sie im Kraftraum, bei Autogrammstunden, beim Abspulen stumpfsinniger Trainingseinheiten oder in ihren bescheidenen Apartments, wo sie über ihre Träume, über Einsamkeit und Frust, über die Angst vor Verletzungen und ihre Hoffnungen sprechen. Dabei stellt Christoph Hübner ihnen hie und da Fragen aus dem Off, die sich souverän auf dem schmalen Grat zwischen Vertrautheit und Distanz bewegen. So gewährt der Film zumeist desillusionierende Einblicke in den Alltag angehender bzw. gescheiterter Fußball-Stars, der sich abseits der Punktspiele in ausverkauften Stadien als ziemlich trist darstellt. Lediglich von Erstligist Florian Kringe gibt es einige längere Sequenzen zu sehen, die ihn in Nahaufnahme beim Bundesligaeinsatz zeigen und ein wenig an Hellmuth Costards Experimentalfilm-Klassiker „Fußball wie noch nie“ (1970) erinnern. Natürlich sind diese, zumeist in Parallelmontage ohne Off-Kommentar arrangierten Porträts in erster Linie etwas für Fußball-Interessierte, aber in ihrer Schilderung des schwierigen Übergangs vom hoch gehandelten Talent zum Profi weisen sie auch weit über diesen Sport hinaus.
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