Voodoo - Die Kraft des Heilens

Dokumentarfilm | Deutschland 2009 | 70 Minuten

Regie: Henning Christoph

Dokumentarfilm über den Vodun- bzw. Voodoo-Kult im Benin als ethnografische Bestandsaufnahme, die verschiedene Ausprägungen und Praktiken des Kults ohne Kommentar oder Bewertung festhält. Dank der zurückhaltenden Bildsprache, die fast ohne dramatisierende Effekte auskommt, wird die Naturreligion weder postkolonial entzaubert noch reißerisch zur Schwarzen Magie überhöht. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Shotgun Pictures
Regie
Henning Christoph
Buch
Henning Christoph
Kamera
Othmar Schmiderer
Schnitt
Daniel Pöhacker · Andy Fetscher
Länge
70 Minuten
Kinostart
08.07.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Heimkino

Verleih DVD
Alamode (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
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Ein afrikanisches Dorf mit niedrigen Lehmhütten, im Hintergrund sind Bäume zu sehen, ein Wald. Im Vordergrund, vor einer der Hütten, sitzt ein älterer Mann und gibt Anweisungen, die nicht übersetzt werden. Ein junger Mann mit einer weißen Bandage um die Brust läuft den Weg entlang Richtung Wald, die letzten Schritte rückwärts, er stellt sich in Position, Hühner gackern, ein Hahn kräht. Ein Dritter mit einem Gewehr tritt ins Bild, legt an, zielt und schießt. Die Kugel ist offenbar abgeprallt, sie wird dem sitzenden Priester im langen Gewand vorgelegt. Aus dem Presseheft ist zu erfahren, dass diese erste Szene von „Voodoo – Die Kraft des Heilens“ mittelbar auch den Beginn der ausführlichen Recherchen des Regisseurs Henning Christoph zum Voodoo-Kult in Benin markierte: für sein Buch „Voodoo. Geheime Macht in Afrika“, das bereits 1995 erschienen ist. Der Satz, der dem Dokumentarfilm als eine Art Motto vorangestellt ist, funktioniert auf einer Metaebene auch als Filmbeschreibung: „Wenn Du Dein ganzes Leben mit Vodun verbringst, dann verstehst und weißt Du noch immer nur soviel, wie das Auge zwischen zwei Lidschlägen sieht.“ Es wird wenig erklärt und viel gezeigt. Der Regisseur verzichtet auf einen Kommentar, er setzt Texttafeln ein. In lexikalischer Kürze und Nüchternheit erläutern diese, wie das, was der nächste Abschnitt zeigt, zu verstehen ist: Das Sühneritual zweier junger Männer, die eine Ziege gestohlen haben, eine kollektive Trance, Reinigungsriten, Initiationsriten. Die wiederkehrenden Tieropfer sind ein verbindendes Element. Henning Christoph, Jahrgang 1944, ist studierter Ethnologe und Publizist. Der Fotojournalist wurde für seine Reportagen mehrfach mit dem „World Press Photo Award“ ausgezeichnet. Er ist außerdem Museumsmacher: Im Jahr 2000 gründete er in Essen ein kleines Museum, das sich dem Voodoo-Kult widmet. In Benin ist er inzwischen zum Förderer der kultischen Praxis geworden und hat dort eine Kräuterfarm mitbegründet, die helfen soll, das Wissen um die Heilpflanzen zu bewahren. Gemeinsam mit seinem österreichischen Kameramann Othmar Schmiderer (der als Regisseur „Back to Africa“, fd 38 847, gestaltet hat) entwickelte Christoph für „Voodoo – Die Kraft des Heilens“ eine zurückhaltende Bildsprache, die fast ohne dramatisierende Effekte auskommt. Mit der Mystifizierung von Voodoo als schwarze Magie wie etwa in Alan Parkers „Angel Heart“ (fd 26 378) hat das nichts zu tun; Christoph geht es in der Tradition des ethnografischen Films um Aufklärung und Verständnis, nicht um Entmystifizierung. Für die gezeigten Phänomene werden keine physikalischen oder physiologischen Begründungen geliefert, die Naturreligion wird nicht postkolonial „entzaubert“. Der Film blättert eine Art Stichwortverzeichnis auf, das vielleicht nicht von ungefähr an einen Museumsbesuch erinnert: Viele disparate Objekte sind nebeneinander versammelt, und es obliegt dem Besucher, untereinander Verbindungen zu stiften. Den Inselbewohnern vom Lac Nokoué ist dies auch gelungen. Sie haben sich frei bei Christentum, Hinduismus und Islam bedient und so ihren ganz eigenen Vodun-Kult geschaffen.
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