Milarepa - Der Weg zum Glück

Drama | Bhutan 2006 | 95 Minuten

Regie: Neten Chokling

Erster Teil der Lebensgeschichte des tibetischen Mystikers Thopaga, der Ende des 11. Jahrhunderts als von Rachegefühlen besessener Jüngling in die schwarze Magie eingeführt wird und damit Unheil stiftet. Entsetzt über die mörderischen Folgen, sucht er nach Vergebung. Das märchenhafte Drama spiegelt den Weg des Protagonisten in der rauen Gebirgslandschaft Tibets wie auch in den Gesichtern der Menschen, hinterlässt aber durch den unbekümmerten Umgang mit Spezialeffekten einen eher zwiespältigen Eindruck. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MILAREPA
Produktionsland
Bhutan
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Shining Moon Prod.
Regie
Neten Chokling
Buch
Neten Chokling · Tenzing Choyang Gyari
Kamera
Paul Warren
Musik
Joel Diamond
Schnitt
Suzy Elmiger
Darsteller
Kelsang Chukie Tethong (Kargyen) · Jamyang Lodro (Thopaga mit 16) · Orgyen Tobgyal (Yongten Trogyal) · Dechen Wangmo (Thopaga mit 7) · Tenpa Choephel (Mila)
Länge
95 Minuten
Kinostart
23.09.2010
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
„Milarepa“ erzählt von der Gier nach Macht, einer Gier, die aus tiefer Ohnmacht und Demütigung entsteht. Er erzählt von Rachsucht und Lust an Tod und Zerstörung; es ist eine alte Geschichte, wie sie Märchen in allen Teilen der Welt erzählen. In einem abgelegenen Bergdorf lebt eine Witwe mit ihrem Sohn. Beide wurden um ihr Erbe betrogen und leben von den Brosamen, die eine bösartige Verwandtschaft übrig lässt. Die Mutter sinnt auf Rache und spart sich das Essen vom Munde ab, um ihrem Sohn eine Ausbildung beim besten Magier zu bezahlen; mit dunklen Kräften und schwarzer Magie soll er die Demütigungen rächen. Vier Jahre hat der Film aus dem Königreich Bhutan gebraucht, um in die hiesigen Kinos zu gelangen. Er erzählt die Kindheit und Jugend des tibetischen Mönchs und Dichters Thopaga, der später als Milarepa bekannt wurde, und gegen Ende des 11. Jahrhunderts lebte. Geschildert wird der Weg eines jungen Mannes von der Demütigung zur Rache und letztlich zur tiefen Reue angesichts der Gewalt seiner Zerstörung und des Elends, das er über Unschuldige brachte. Zwei junge Männer, Thopaga und ein geheimnisvoller Fremder, eilen durch die karge Hochgebirgslandschaft Tibets. Schon nähern sich die Pferde ihrer Verfolger: Thopagas habgierige Verwandtschaft will ihn von seinen Racheplänen abhalten. Aber der unbekannte Weggefährte führt sie in die Irre, lässt sie durch falsche Nebel im Kreise reiten. Dann gibt er sich dem jungen Mann als Sohn des mächtigsten Zauberers in Tibet zu erkennen – nun ist der Weg frei in die schwarze Magie. „Milarepa“ trägt den Untertitel „Der Weg zum Glück“. Die Frage, welcher Weg zur spirituellen Selbstfindung führt, spiegelt Regisseur Neten Chokling in der kargen, rauen Landschaft, einer steinigen, abgeschiedenen und verschlossenen Welt, aber auch in den Gesichtern der Menschen. Das Spiel der Protagonisten wirkt zurückgenommen, aufrichtig, fast distanziert, die Nebenrollen wurden mit Laienschauspielern, Bauern und Mönchen aus der Region besetzt. In Kombination mit der teils lang gezogenen, teils elliptischen Erzählweise erschafft dies eine ganz eigene Atmosphäre, doch die Hagiografie ist ein schwieriges Handwerk; aus der christlichen Votiv-Malerei weiß man, wie schnell das Wunderbare zur plakativen Oberflächensymbolik gerinnt. So führen die „Spezialeffekte“ des Films, die Magisches und Übernatürliches illustrieren sollen, zu einem Verfremdungseffekt im Brechtschen Sinne: Da zucken Blitze und Donnerwolken dermaßen, dass man fast schon eine Parodie der alten Bibelfilme am Werke sieht; da überbrückt der Sohn des Magiers Hunderte von Kilometern in wenigen Minuten in einer seltsamen Staubwolke, wobei die Elemente der schwarzen Magie und der Zerstörung unfreiwillig komisch wirken. Die Botschaft liegt indes hinter den Effekten der fulminanten Zerstörung und den digitalisierten Illusionen: „Bezähme deine Gefühle“, empfiehlt der Magier dem rachsüchtigen Thopaga angesichts der unkontrollierten Wut des Jungen. Doch erst als Thopaga das Dorf zerstört, die böse Verwandtschaft getötet und, von den Überlebenden verfolgt, bei einem buddhistischen Mönch Unterschlupf findet, versteht er die Botschaft: Die Befriedigung niederer Instinkte wie der Rachsucht führt in tiefe seelische Leere. So endet der Film an einem Wendepunkt in Milarepas Leben, dem Schritt von der Reue zur Erkenntnis. Wie es mit dem jungen Mann als Schüler, Einsiedler und spirituellem Lehrer weitergeht, wie aus Thopaga Milarepa wird und wie Regisseur Neten Chokling diese spirituelle Entwicklung in Film umsetzt, soll ein zweiter Teil enthüllen, den der Nachspann fürs kommende Jahr ankündigt. Der erste Teil, die Kindheit und Jugend des heiligen Mannes, lassen zwiespältige Gefühle zurück.
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