Liebe, Leid und Leidenschaften

- | Deutschland 2007-09 | 102 Minuten

Regie: Sabrina Sarabi

Kompilation aus sechs Kurzfilmen deutscher Nachwuchsregisseure, die von Gedanken, Gefühlen und den Widrigkeiten im Leben junger Menschen erzählen. Auch wenn die Filme bisweilen etwas holprig inszeniert sind, thematisieren sie mal amüsant, mal nachdenklich, mal düster und kritisch jugendliche Identitätsfragen und relevante Gesellschaftsthemen. (1. "Spiel aus Glas" (Dt. 2009, Produktion Kunsthochschule für Medien KHM, 9 Min., FSK o.A.; 2."Eni" (Dt. 2009, Produktion KHM/Fachhochschule Dortmund, 24 Min., FSK: ab 12; 3. "Kokon" (Dt. 2009, Produktion dffb/arte, 7 Min., FSK o.A.; 4. "Asmus" (Dt. 2009, 29 Min., FSK ab 6; 5. "Bruder, Bruder" (Dt. 2007, Produktion Kunsthochschule für Medien KHM, 9 Min., FSK ab 12; 6. "Gisberta" (Dt. 2009, Produktion ifs internationale filmschule köln, 24 Min., FSK ab 12) - Ab 12 möglich.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007-09
Produktionsfirma
Vulkan-Film (Kompilation)/KHM/Fachhochschule Dortmund/dffb/arte/ifs internationale filmschule köln
Regie
Sabrina Sarabi · Ingo Monitor · Till Kleinert · Moritz Walker · Lars Kreyßig
Buch
Sabrina Sarabi · Ingo Monitor · Till Kleinert · Moritz Walker · Julius Metzger
Kamera
Dominik Berg · Friedrich Georg Schönig · Tom Akinleminu · Moritz Walker · Sebastian Höhn
Musik
Christian Sander · Marek Goldowski · Conrad Oleak · Roman Schneider · Georg Rohbeck
Schnitt
Sabrina Sarabi · Huynh-Trang Lam · Ingo Monitor · Till Kleinert · Moritz Walker
Darsteller
Theresa Mainka · Tim Schneider · Carolin von der Groeben · Margarita Broich · Julius Kunze
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12 möglich.

Heimkino

Verleih DVD
Kinder- und Jugendfilmzentrums in Deutschland (KJF)
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Diskussion
Mit bunten Glasmurmeln geht es los, hinein in die aufwühlenden, aufregenden und immer auch schwierigen Welten von Jugendlichen. Da ist das Mädchen im Rollstuhl, deren Liebe auf dem Treppenabsatz aufläuft; oder Eni, die im frostigen Elternhaus einfach nicht erstarren will. Da sind zwei Jungs im Aufbruch zu sich selbst und noch einige weitere, die nicht mehr wissen, wo die Grenzen liegen. Ihre Geschichten, Gedanken und Gefühle erzählen sechs Kurzfilme, die das Kinder- und Jugendfilmzentrums (KJF) zu einer Kompilation zusammengefasst hat. Gerade in Kurzfilmen tauchen Coming-of-Age-Stoffe häufig auf, ist der Aufwand dabei doch begrenzt und dient die Gattung traditionell für erste Regieversuche junger Menschen, die meist selbst noch mitten in Selbstfindungsprozessen stecken. Bezeichnenderweise stammen alle Beiträge der DVD von Nachwuchsregisseuren. Die Murmeln in „Spiel aus Glas“ (2009) von Sabrina Sarabi geben den sinnbildlichen Auftakt für ihre Auseinandersetzungen mit dem fragilen Lebensabschnitt zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Eben noch vertreiben sich zwei Schwestern friedlich die Zeit, plötzlich geraten sie aneinander. Die jüngere rennt auf die Straße zum heimlichen Schwarm ihrer Schwester. Das Murmelspiel landet im Abfluss, und ein kleiner Schubs eskaliert zum gemeinen Affront gegen die gelähmte Ältere. Zwar teilweise etwas hölzern inszeniert, spitzt Sarabi treffsicher die Verwundbarkeit einer erstmals Verliebten am Beispiel ihrer behinderten Protagonistin zu. „Eni“ (2009) ist der Abschlussfilm von Ingo Monitor an der Kunsthochschule für Medien Köln. Eine 13-Jährige hängt darin ihren Tagträumen nach und berichtet vom Absterben der Familienbande. Die dichte Montage aus blumigen Seelenlandschaften, Erzählerstimme, Klängen, Zeichnungen und der bitteren Realität wirkt manchmal zu konstruiert; dennoch ist der innere Monolog filmisch visuell reizvoll und hinterfragt mit aufmüpfiger Schläue die Gegebenheiten des Lebens. In „Kokon“ (2009) kommen Till Kleinert und Tom Akinleminu ohne Plot im engeren Sinn aus und schaffen aus etwas Alltäglichem den schönsten Kinomoment der Kompilation. Das mit dem Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichnete „filmische Gedicht“ dokumentiert, wie sich ein Teenager seine langen Haare abschneiden lässt. Allein die Beobachtungen kleiner Gesten und der Reaktionen des Umfelds legen eine verwandelte Wahrnehmung der Welt offen. Dicht dran an der Gefühlsachterbahn eines Teenagers ist der „jüngste“ Film, eine Eigenproduktion des Schülers Moritz Walker. „Asmus“ (2008) besitzt den ungeschliffenen Wohnzimmer-Look eines sehenswerten Amateurvideos. Visuell und erzählerisch genau durchdacht, macht er das emotionale Wechselbad eines unglücklich verliebten Jungen spürbar. Es geht weniger um Handlung als darum, Gefühlszustände in passende Filmbilder zu übersetzen. Zugleich zeugen zielsichere Musikauswahl, charmante assoziative Detailaufnahmen, der verwickelte Plot und witzige Regieeinfälle davon, wie selbstverständlich viele Jugendliche mit dem Medium Film umgehen. Mit bedenklichen medialen Einflüssen auf das Verhalten von Jungs befassen sich die verstörenden Kurzfilme „Bruder, Bruder“ (2007) von Lars Kreyßig und „Gisberta“ (2009) von Lisa Violetta Gaß. Während Joscha in „Bruder, Bruder“ bei den Dreharbeiten zu einem Horrorfilm mit seinem jüngeren Bruder die Kontrolle verliert, gehen die Internatsschüler in „Gisberta“ in ihrem sexualisierten Machogehabe zu weit – mit schrecklichem Ende. Wo vermeintlich coole Posen aufhören und reale Gewalt anfängt, ist nicht mehr klar. Kein versöhnlicher Schluss für die DVD-Edition, die spannenden Zündstoff auch für Erwachsene bietet, um sich mit jugendlicher Identitätsfindung und Sozialisation zu beschäftigten. Zwar holpern einige der Kurzfilme schauspielerisch, technisch oder inszenatorisch ein wenig, aber durch drängende Themen, ihre Lust am Erzählen und Kreativität machen sie das schnell wett.
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