Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung

Drama | Deutschland 2009 | 113 Minuten

Regie: Oliver Kienle

Zwei Freunde aus Kindheitstagen, der eine türkischstämmig, der andere mit afroamerikanischen Wurzeln, träumen in Würzburg von einer Autowerkstatt, die durch einen großen Drogendeal finanziert werden soll. Fulminanter Erstlingsfilm, der mit einem videoclipartigen Rhythmus in einen Mikrokosmos aus Arbeitslosigkeit, Drogen, exzessiven Partys und Jugendkriminalität entführt und eine Szene mit großem Gewaltpotenzial porträtiert. Obwohl in dem Jugenddrama vieles vorhersehbar ist, fesselt der Film durch seine pure Energie, auch wenn die Wutausbrüche seiner Protagonisten mitunter verstören. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
CP Medien/SWR/Filmakademie Baden Württemberg
Regie
Oliver Kienle
Buch
Oliver Kienle
Kamera
Moritz Reinecke
Musik
Reinhold Heil · Johnny Klimek
Schnitt
Patrick Eppler
Darsteller
Jacob Matschenz (Tommy) · Burak Yigit (Sule) · Manuellsen (Clay) · Balder Beyer (Keiler) · Aylin Tezel (Sina)
Länge
113 Minuten
Kinostart
23.09.2010
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
HipHop, Drogen und Prügeleien: Am Mainufer wird gerappt. In „Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung“ entwirft der 28-jährige Würzburger Oliver Kienle ein ungewöhnliches Bild seiner Heimatstadt. Abseits von Franken-Weinen und heiterer Barock-Architektur führt er in einen Mikrokosmos aus Arbeitslosigkeit, Drogen, exzessiven Partys und Jugendkriminalität, zeigt Jugendliche mit extremem Aggressionspotenzial und explizit dargestellter Brutalität, manchmal bis an die Grenze des Erträglichen, etwa wenn der Protagonist anfängt, auf seine Mutter einzuschlagen, oder wenn Zähne und Blut im Rinnstein bleiben. Tommy, Sohn einer allein erziehenden Mutter und eines unbekannten US-amerikanischen Soldaten, und der junge Türke Sule kennen sich seit ihrer frühen Kindheit. Sule kam Tommy zu Hilfe, als ihn ältere Jugendliche verprügeln wollten. Seitdem fühlen sich die beiden wie Brüder, auch wenn Tommy aufs Gymnasium und Sule auf die Hauptschule geht. Gemeinsam sind sie unschlagbar, verkaufen Drogen und gehen auf Partys. Ihr großes Projekt ist ein Geschäft für Auto-Tuning. Der Film beginnt zu einem Zeitpunkt, an dem die unbeschwerte Party- und Jugendzeit bereits ihrem Ende entgegengeht. Die Polizei hat Tommy auf einen anonymen Hinweis hin mit einer größeren Menge Marihuana verhaftet, und in den sechs Monaten Jugendknast, die er daraufhin zu verbüßen hat, erlebt er eine Hölle aus Gewalt und Demütigung. Zurück in Freiheit, bemerkt er, dass sich einiges geändert hat. Die amerikanischen Truppen sind abgezogen, seine Freundin hat ihn verlassen, und seine Mutter drängt ihn, endlich etwas aus seinem Leben zu machen, sonst will sie ihn vor die Tür setzen. Nur bei Sule fühlt sich Tommy weiterhin verstanden, aber der hat ganz eigene Pläne: Ein letztes großes Drogengeschäft soll ihm helfen, den Traum vom Tuning-Laden zu verwirklichen. Oliver Kienle inszeniert sein Drama um Freundschaft, Liebe, Drogen und Gefängnis in einem fulminanten videoclipartigen Rhythmus. Die Hauptdarsteller stehen immer unter extremer Anspannung, wirken teilweise grotesk bis zur Karikatur. Erzählt wird zugleich ein „klassischer“ Plot um Freundschaft, Verrat und Verlust: die alte Story von einem, der aussteigen will aus dem wohligen Gemeinschaftsgefühl der Jugendbande, aus dem Teufelskreis aus Musik, Drogen und kleinen illegalen Geschäften. Wie immer lassen ihn die Freunde jedoch nicht gehen. Am Ende, auch das kommt häufig vor in diesen Geschichten, spielt dann die Liebe eine große Rolle, und Tommy opfert den Freund seiner Kindheit, der ihn verraten hat. Man spürt in dem Film, der als Abschlussarbeit an der Ludwigsburger Filmakademie entstand, manches Autobiografische, wobei die Regie statt mit dem moralischen Zeigefinger zu winken eine vorhersehbare Schicksalshaftigkeit in Szene setzt, bei der die Hybris die jungen Helden erbarmungslos ereilt. Es geht Kienle um die Erfahrungen seiner Altersgruppe, den Rausch der Jugend, aber auch um das Ende der Jugendzeit und um die Katerstimmung beim Eintritt ins Erwachsenenalter: „Je unbeschwerter und cooler die Jugend und je mehr Scheiß man sich erlaubt, weil man es sich erlauben kann, um so härter wird der Übergang in die Erwachsenenwelt.“ Vieles an dem Film ist vorhersehbar: die Wege der Protagonisten, die Drogenszene, die viele verschlingt und nur manche verschont; trotz mancher Klischees und allzu bekannter Wendungen fesselt der Film dennoch durch seine Energie und seinen Rhythmus, die Kraft wie auch die mitunter verstörende Wut seiner Protagonisten.
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