Im Oktober werden Wunder wahr

Komödie | Peru/Venezuela 2010 | 93 Minuten

Regie: Daniel Vega

Ein Pfandleiher in Lima führt ein streng geordnetes, dem Kommerz verschriebenes Leben. Als er eines Tages ein Baby vor seiner Tür findet, setzt das eine allmähliche Veränderung bei ihm in Gang. Vor dem Hintergrund eines zeitlich nicht genau verorteten, in Braun- und Grautönen gestalteten armen Milieus entfaltet sich eine zurückhaltende, lakonisch erzählte Geschichte um Einsamkeit, Geiz und Angst sowie einen Wandel zur Menschlichkeit. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
OCTUBRE
Produktionsland
Peru/Venezuela
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Maretao Cine/Sué Cinema
Regie
Daniel Vega · Diego Vega
Buch
Daniel Vega · Diego Vega
Kamera
Fergan Chávez-Ferrer
Musik
Oscar Camacho
Schnitt
Gianfranco Annichini
Darsteller
Bruno Odar (Clemente) · Gabriela Velásquez (Sofia) · Carlos Gassols (Don Fico) · María Carbajal (Juanita) · Víctor Prada (Julián Gómez)
Länge
93 Minuten
Kinostart
14.10.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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Diskussion
Clemente lebt in einem der ärmeren Stadtviertel der peruanischen Hauptstadt Lima. In seiner Wohnung hat er häufig Besuch, doch Freunde hat er eigentlich keine. Aber das ist ihm egal: Sein Leben besteht aus Zahlen, sauberer Buchführung und ganz klaren Fristen. Clemente ist wie sein Vater ein Pfandleiher, der Geld gegen Zinsen verleiht. Er lebt von der Armut und den Nöten der Anderen, wenn er deren letzte Wertsachen in Zahlung nimmt. Clemente nimmt das Leben wie es ist und fürchtet sich nur vor säumigen Schuldnern und falschen Geldnoten. Gewiss ist er kein Menschenfeind, aber er erwartet auch nicht viel von den Menschen. Hin und wieder geht er ins Bordell, dort ist er ein gern gesehener Gast; alles ist hier geregelt: feste Zeiten und eine klare Bezahlung für die vereinbarte Leistung. Aber dann passiert ein Missgeschick, und Monate später findet der Pfandleiher ein Baby vor seiner Haustür. Einem alten Volksglauben zufolge geschehen Wunder in Lima im Oktober, und oft geschehen sie unbemerkt. In seiner Verschlossenheit merkt der Pfandleiher gar nicht, dass seine Nachbarin, die fromme Sofia, in ihn verliebt ist. Sie glaubt fest an den „Nuestro Señor de los milagros“, Clemente hingegen nur an das Vorhersehbare, und das ist in erster Linie das Geld. Aber er bittet Sofia, sich um das Baby zu kümmern, und die betet um ein Wunder im Oktober, um ein Zeichen der Zuneigung. Das Leben des Pfandleihers aber wird durch die Bedürfnisse des Babys und die Suche nach dessen Mutter zusehends chaotischer. Eines Tages lässt sich Clemente sogar einen falschen Geldschein andrehen. Das war die Ursprungsidee des Films: die Irrwege eines falschen Geldscheins durch verschiedene soziale Milieus. Doch während des Schreibens verwandelte sich der Stoff in ein zurückhaltendes, von feinem Humor durchwobenes Kammerspiel um Liebe, Einsamkeit und plötzlichen Wandel, denn durch das Baby und andere Veränderungen erfährt Clemente, dass es ein Leben außerhalb der kommerziellen Routine gibt; er entdeckt Regungen in seinem Inneren, die ihm bis dato fremd waren. Der Film spielt in einem zeitlosen Raum, bleibt wachen Auges ungenau und könnte statt in der Gegenwart auch in den 1950er-Jahren angesiedelt sein oder in einer noch unbestimmten Zukunft. „Im Oktober werden Wunder wahr“ überzeugt durch eine vorzügliche Kamera, die diese Atmosphäre brillant vermittelt, besonders auch durch seine Darsteller, allen voran Theaterschauspieler Bruno Odar als Clemente. Der Debütfilm von Daniel und Diego Vega über eine archaische Form des Finanzkapitalismus hat Vorbilder; für ihren Stil ließen sich die beiden Brüder von den Filmen Aki Kaurismäkis, manchen tschechischen Filmen, aber auch dem jungen uruguayischen Kino, insbesondere Filmen wie „Whisky“ (fd 37 034) oder „Gigante“ (fd 39 488) inspirieren. „Im Oktober werden Wunder wahr“ ist ein zurückhaltender Film vor einem grauen sozialen Hintergrund, aber mit lakonischem, mitunter schwarzem Humor, eine beeindruckende Geschichte um Einsamkeit, Geiz und Angst sowie einem Wandel zu mehr Menschlichkeit in dunklen Tönen unter dem immer trüben Himmel von Lima.
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