Dokumentarfilm | Deutschland 2009 | 93 (TV 57) Minuten

Regie: Andreas Maus

Dokumentarfilm über die Automarke Lada, einst das Vorzeige-Vehikel der Sowjetunion in Zeiten des Kommunismus, sowie über die Menschen, die auch heute noch Lada fahren und dabei ein wenig wie wie aus der Zeit gefallen erscheinen. Das nostalgische, oft auch tragikomische Porträt des Gefährts und seiner Fahrer liefert aufschlussreiche Momentaufnahmen aus dem aktuellen Russland. Einzig die Idee, auch den Autos via Off-Kommentar eine menschliche Stimme zu geben, kann nicht recht überzeugen. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Hanfgarn & Ufer Filmprod./WDR/Arte
Regie
Andreas Maus
Buch
Andreas Maus
Kamera
Eugen Schlegel
Musik
Verena Guido
Schnitt
Lena Rem
Länge
93 (TV 57) Minuten
Kinostart
13.01.2011
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Was den DDR-Bürgern der Trabant, war deren Brüdern und Schwestern in der Sowjetunion der Lada. 1970 lief der Wagen als Lizenzprodukt des italienischen Fiat-Konzerns erstmals vom Band. Anders als der Trabi hat der Lada den Zusammenbruch des Kommunismus überlebt. Mehr oder minder unverändert wird das Auo in der Industriestadt Togliatti an der Wolga bis heute gebaut. In Spitzenzeiten waren in den AwtoWAS-Werken 130.000 Arbeiter an der Produktion des sowjetischen Vorzeige-Vehikels beteiligt, das dem Mittelstand erstmals zu bis dahin unbekannter Mobilität verhalf. So erklärt sich auch, dass die zuverlässige, aber ansonsten eher unförmige Kiste auf Rädern den zärtlichen Namen Lada bekam, was auf Russisch soviel wie „Liebchen“ oder „Geliebte“ heißt. Dennoch gehören die Lada-Modelle wie ihre Besitzer nach dem Zerfall der Sowjetunion eher zu den Verlierern. Etwa der Armenier Murad, der einst nach Moskau kam, um mit allerlei Geschäften sein Glück zu machen. Von seinem vorübergehenden Wohlstand ist ihm kaum mehr als sein betagter Lada geblieben, mit dem er täglich die Straßen nach Fahrgäs‧ten absucht, denen die offiziellen Taxis zu teuer sind. Das älteste Lada-Modell des Films gehört den Rentnern Maxim und Tatjana in Sibirien, die den Wagen vor Jahrzehnten zur Hochzeit geschenkt bekamen und damit hin und wieder ins nächste Städtchen zockeln. Dann sind da auch noch ein paar Männer, die früher im Autowerk Togliatti beschäftigt waren. Jetzt sind sie arbeitslos, pflegen ihre Ladas und treffen sich regelmäßig in Garagen unterhalb der Fabrik, um mit reichlich Wodka und sentimentalen Liedern den alten Zeiten nachzutrauern. Auch der Grundton, den Andreas Maus in seinem Dokumentarfilm anschlägt, ist eher melancholisch. Dabei dienen ihm das Auto und seine Geschichte als Vehikel für Momentaufnahmen aus dem heutigen Russland und für von Sympathie getragene Porträts der Menschen, die irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Wobei die Melancholie durchaus auch ihre heiteren Momente hat. Wenn der betagte Witwer Michail ständig Flüche auf den stotternden Anlasser seines Lada ausstößt, aber jedes Mal jubiliert, wenn die Kiste dann doch wieder anspringt, besitzt das veritablen Unterhaltungswert. Mit zwei Provinz-Polizisten, die in ihrem Dienst-Lada davon träumen, einmal einen Terroristen zu fangen, aber bei einer schlichten Verkehrskontrolle schon an der Personenüberprüfung scheitern, weil die Telefonzentrale mal wieder hoffnungslos überlastet ist, hat der Film sogar zwei echte Helden aus dem Reich der Tragikomik. So ist „Ballada“ ein durchweg stimmiger Film, der durch gute Charaktere, originelle Einstellungen und eine bisweilen dezent karikierende Musik überzeugt. Nur die kühne Idee, den beseel‧ten Autos eine eigene Stimme zu geben, vermag wenig zu überzeugen. Wenn Murads Lada klagt, „unser Tag fängt meist viel zu früh an“, oder ein anderes Gefährt mit dem Intro „Mein Vater, der Fiat…“ ein Stück sowjetischer Industriegeschichte resümiert, wirkt das unfreiwillig komisch. Dass die Kabarettistin Nessie Tausendschön den Autos in kindlich-märchenhaftem Tonfall Gehör verschafft, macht die Sache nicht besser.
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