Dokumentarfilm | Deutschland 2010 | 105 Minuten

Regie: Dieter Schumann

Dokumentarfilm über die Entwicklung einer Wismarer Werft, die 2008 in den Sog der internationalen Finanzkrise geriet und Insolvenz anmelden musste. Das endgültige Aus konnte zwar abgewendet werden, Hunderte Arbeiter verloren jedoch ihren Job, die anderen arbeiten nun unter finanziell weitaus schlechteren Bedingungen. Der Film bezieht eindeutig Partei für seine Protagonisten und stellt Menschen vor, die stolz auf ihre Arbeit und ihren Arbeitsplatz sind, aus ihrem Schaffen Würde und Selbstbewusstsein beziehen und wenig Verständnis für eine (Finanz-)Welt haben, die für einen schnellen Profit gedankenlos Arbeitsplätze opfert. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Gebrüder Beetz Filmprod./Basthorster Filmmanufaktur
Regie
Dieter Schumann
Buch
Jochen Wisotzki · Dieter Schumann · Niels Reise
Kamera
Rainer Maria Schulz
Musik
Nils Kacirek
Schnitt
Gudrun Steinbrück
Länge
105 Minuten
Kinostart
19.05.2011
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Eigentlich wollte der Filmemacher Dieter Schumann auf der traditionsreichen Wadan Werft in Wismar den Bau der weltweit größten Fähre inklusive Stapellauf dokumentieren. Doch vor Beginn der Dreharbeiten sickerte die Hiobsbotschaft durch: das Unternehmen meldete im Oktober 2008 Insolvenz an. Mit den russischen Oligarchen Burlakow war zwar schnell ein vermeintlicher Retter gefunden, doch dessen Ambitionen scheiterten schon zwei Monate später an der weltweiten Finanzkrise. Die Werft, die nicht nur Schiffe baute, sondern im Ersten Weltkrieg der deutschen Heeresführung auch die „Dicke Berta“ lieferte, stand erneut vor dem Aus. 5000 Arbeitsplätze in der Hansestadt waren bedroht und damit die Zukunft einer ganzen Region. Der Insolvenzverwalter soll möglichst viele Arbeitsplätze erhalten. Klar ist, dass Hunderte ihren Job verlieren. Dennoch hofft jeder Mitarbeiter, dass er unter den Weiterbeschäftigten sei, auch zu weniger auskömmlichen Konditionen. Die Arbeiter diskutieren, schließen sich zusammen, bewahren aber Ruhe. Überhaupt ist es ruhig auf der Werft, die sonst von ohrenbetäubendem Lärm erfüllt ist. Als es endlich weiter geht, diktieren neue Investoren knallharte Bedingungen. Viele haben künftig 400 Euro weniger in der „Lohntüte“ – eine Menge Geld. Schumann dokumentiert einen Arbeitskampf, der eigentlich keiner ist, sondern die Betroffenen zum (Ab-)Warten verurteilt, ihnen nahezu jede Initiative nimmt. Leiser Protest versickert still. Im Laufe der 18-monatigen Dreharbeiten nimmt der Regisseur konsequent die Position der Arbeiter ein, dokumentiert mit deren Zustimmung (wohl auch mit der der Betriebsleitung) die Entwicklung der Werft sowie die Veränderung der Arbeitsplätze und nähert sich damit den Vorgaben des klassischen Arbeiterfilms der 1970er- und 1980er-Jahre an. Er kreiert einen schnörkellosen Film, dem es nicht um ausgefallene Kameraperspektiven oder Effekthascherei geht; Authentizität steht im Mittelpunkt und mit ihr die Arbeiter, die teilweise schon seit Jahrzehnten auf „ihrer“ Werft malochen, stolz auf ihren Arbeitsplatz und ihre Arbeit sind. „Wadans Welt“ stellt Menschen vor, die mit Pressluftgeräten, Hämmern und Schweißgeräten Werte schaffen und aus dieser schweißtreibenden Knochenarbeit ihre Würde schöpfen. Nicht umsonst heißt der Film im Untertitel: Von der Würde der Arbeit. Damit unterstreicht Schumann auch den immateriellen Wert der Arbeit, der sich im Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Arbeiter dokumentiert, das am Ende allerdings arg angeknackst ist. Die Menschen, die ihr Geld in Enge und Gluthitze und unter großen körperlichen Anstrengungen verdienen und zu deren Ehren zu Beginn noch die nordische Mythologie beschworen wird, fallen am Ende keinem titanischen Götterkonflikt zum Opfer, sondern werden schnöden Finanzinteressen geopfert; hektischen Konferenzen und Telefonaten, Kontenverschiebungen und der Schaffung von „Mehrwert“, für den sie einmal mehr ihre Knochen hinhalten müssen. „Wadans (alte) Welt“ scheint in der Tat untergegangen, ähnlich wie die mythologischen Götterreiche.
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