An Ecology Of Mind

Dokumentarfilm | USA/Kanada 2010 | 60 Minuten

Regie: Nora Bateson

Dokumentarisches Porträt des amerikanischen Philosophen Gregory Bateson (1904-1980), dessen unkonventionelle Überlegungen den Geisteswissenschaften nachhaltige Anstöße vermittelten, während die Öffentlichkeit davon bislang kaum Kenntnis nahm. Eine persönliche, poetisch-beschwingte Annäherung, die Batesons hochmodernes Denken für die Gegenwart erschließt und ihn als pädagogisch versierten Entertainer vorstellt, der mehr an grundlegenden Fragen als an schnellen Antworten interessiert war. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
AN ECOLOGY OF MIND
Produktionsland
USA/Kanada
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Nora Bateson Prod.
Regie
Nora Bateson
Buch
Nora Bateson
Kamera
Eric Thiermann · Eric Goldstein · Nora Bateson · Kai de Fontenay · Gregory Bateson
Schnitt
David Sieburg
Länge
60 Minuten
Kinostart
30.06.2011
Fsk
ab 0 (DVD)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen.

Verleih DVD
Mindjazz/Al!ve (16:9, 1.78:1, DD2.0 engl.)
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Diskussion
Man muss in den 1980er-Jahren schon in alternativ-ökologischen Zirkeln des universitären Betriebs zugange gewesen sein, um mit dem Namen oder dem Werk von Gregory Bateson (1904-1980) in Berührung gekommen zu sein. Obwohl die beiden wichtigsten Schriften des amerikanischen Philosophen, „Geist und Natur“ sowie „Ökologie des Geistes“, bei Suhrkamp erschienen, fand der unkonventionelle Geist in der deutschen Öffentlichkeit kaum Gehör. Es hätte wahrscheinlich nicht der 30 Jahre seit seinem Tod gebraucht, um eine Basis für ein populäreres Verständnis seines Denkens zu schaffen, da Bateson einen erheblichen Einfluss auf die systemische Familientherapie ausübte und seine Spuren bei Nikolas Luhmann und anderen Systemtheoretikern nicht zu übersehen sind. Doch es bedurfte sehr wohl der filmischen „Übersetzungskunst“ seiner jüngsten Tochter Nora Bateson, um einen der erfrischendsten, unprätentiösesten Vordenker dem Vergessen zu entreißen und für die Gegenwart zu erschließen. In ihrer nur 60 Minuten langen, ebenso persönlichen wie leicht zugänglichen Annäherung begegnet man keinem zerfurchten Grübler, sondern einem witzigen, unterhaltsamen Mann, der für seine rätselhaften Fragen berüchtigt war und seinen Studenten Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ empfahl, wenn sie etwas über das Wesen des Menschen und die fundamentalen Prozesse der Evolution in Erfahrung bringen wollten. Das war kein Scherz, sondern ganz ernst gemeint, da Bateson fest davon überzeugt war, dass sich Wirklichkeit nicht im analytisch-zergliedernden Beschreiben, sondern eher in einer metaphorisch-poetischen Sprache erschließen lasse. Lange bevor der Begriff Ökologie hoffähig wurde, trieb ihn die Frage um, was die strukturellen Gründe hinter dem vernichtenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen sind. Die Einsicht, dass „wir“ die Fähigkeit verloren haben, umfassende Zusammenhänge zu erkennen, stellte er jedoch nicht als These aus, sondern umkreiste das Thema mit immer neuen, paradoxen Beispielen, etwa in der Ausdeutung eines mit Kreide auf die Tafel gemalten stiefelähnlichen Etwas, was von seinen pädagogischen Fähigkeiten, mehr aber noch von seinem Humor und seinen Entertainer-Qualitäten zeugt. Der Film folgt Batesons Credo, dass der an Logik, Kausalität und dem Machterhalt orientierte Geist in der Kunst und dem Reich der Intuition ein wirksames Korrektiv finden müsse. Statt einem informativ-kämpferischen Porträt zeichnet Nora Bateson ein still beschwingtes Pastiche, das mit kleinen animierten Sequenzen die inhaltlichen Stichworte intoniert, die der Film wie im Vorbeigehen streift, selbst wenn es dabei um schwierige erkenntnistheoretische Fragestellungen geht. Auf wundersame Weise, die eng mit der poetisch-persönlichen Herangehensweise der Regisseurin verbunden ist, gelingt hier eine Einführung in ein ernsthaftes Fragen, das sich mit den einmal gefundenen Antworten jedoch nie zufrieden gab, sondern stets aufs Neue ansetzte. Die Montage aus Stock Footage, Interviews mit Schülern und Zeitgenossen, Natur- und Selbstaufnahmen der Filmemacherin funktioniert auch deshalb so gut, weil sich der Fluss der Bilder und die Voice-Over von Nora Bateson gegenseitig stützen. Das zentrale Mantra des unermüdlichen Protagonisten, der die Welt als unendliches Beziehungsgeschehen deutete, dass es in allem auf den Kontext der Dinge und nicht ihr singuläre Gestalt ankomme, hat darin eine kongeniale filmische Form gefunden.
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