Brand - Eine Totengeschichte

- | Österreich/Deutschland 2010 | 109 Minuten

Regie: Thomas Roth

Ein Schriftsteller, dessen Frau an Krebs erkrankt ist, beginnt eine Affäre mit ihrer weit jüngeren Krankenpflegerin und macht sich damit deren eifersüchtigen Ehemann zum erbitterten Feind. Effektvolle Travestie um Liebe, Betrug, Eifersucht und Tod, die die Möglichkeiten der demonstrativ gegen den Strich gebürsteten Figurenkonstellation geradezu schamlos ausreizt. Dabei bietet die "trashige" Geschichte dank ihrer souveränen Inszenierung sowie vor allem ihres grandiosen Hauptdarstellers abgründige Unterhaltung. - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
BRAND - EINE TOTENGESCHICHTE
Produktionsland
Österreich/Deutschland
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Lotus-Film/Tatfilm/Degeto Film
Regie
Thomas Roth
Buch
Thomas Roth
Kamera
Jo Molitoris
Musik
Lothar Scherpe
Schnitt
Bernhard Johannes Schmid
Darsteller
Josef Bierbichler (Brand) · Angela Gregovic (Angela) · Denis Moschitto (Caymaz Celik) · Franz Josef Csencsits (Priester) · Manuel Rubey (Philip)
Länge
109 Minuten
Kinostart
01.12.2011
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Zorro Medien GmbH
DVD kaufen

Diskussion
Es gibt Rollen, in denen man sich nur Josef Bierbichler vorstellen kann: Unbeirrt geht er seinen Weg, gleich in welchen Abgrund dieser führt, seine Figuren sind Kraftnaturen, deren körperliche Wucht von einem erstaunlich empfindsamen Herzen angetrieben wird. Auch in „Brand“ spielt er wieder so einen wohlsituierten Kerl, der sich ähnlich wie der Unternehmer aus „Winterreise“ (fd 37 919) zunächst ruiniert und dann ohne Rücksicht auf das eigene Leben alles wieder in Ordnung bringen will. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass Hans Steinbichlers „Winterreise“ ein furchtloses Charakterdrama ist, während sich Thomas Roth mit einer kurzweiligen Travestie „begnügt“. Im ganzen Film heißt Bierbichlers Titelfigur, ein berühmter Schriftsteller, immer nur Brand – wie ein Mensch, der davon lebt, sich und andere zu verzehren. Wenn man ihm begegnet, schießt er Fotos von seiner an Krebs erkrankten Ehefrau und arbeitet an einem Buch über den Tod. Seine Frau möchte, dass er ihre gemeinsame Stadtwohnung verkauft, damit sie sich zu Hause pflegen lassen kann, doch Brand hat diese heimlich schon verkauft, um ihre zeitweilige Behandlung in Übersee zu finanzieren. Er lügt ihr etwas vor, vielleicht, um sie zu schonen, vielleicht aber auch, weil er lieber ihre Krankenschwester bei sich zu Hause hätte. Jedenfalls beginnt er eine Affäre mit der etwa halb so alten Pflegekraft und hat, als deren bei der österreichischen Kriminalpolizei tätiger Ehemann dahinterkommt, mehr Scherereien, als man sich selbst als Schriftsteller erträumen kann. Freilich zieht sich Brand daraufhin nicht in sein Schreibzimmer zurück, sondern bietet seinem neu gewonnenen Feind, wenn nicht dem Tod, die Stirn des geborenen Quadratschädels. Liebe, Betrug, Eifersucht und Tod: Thomas Roth reizt die Möglichkeiten dieser Konstellation geradezu schamlos aus und arrangiert immer wieder „zufällige“ Aufeinandertreffen der beteiligten Figuren. Besonders knisternd ist die Spannung bei einem Hausbesuch, zu dem Brands zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslose Ehefrau ihre Krankenschwester und deren Ehemann einlädt – allerdings ist noch nicht mal der Kaffee eingeschenkt, als sich die Geliebte verrät und die Todkranke ebenfalls im Bilde ist. Konsequent auf Konfrontation sind auch die Figuren gebürstet: Der eifersüchtige Polizist ist ein nach Österreich eingewanderter Deutsch-Türke mit strenger Ehemoral und lockerer Dienstauffassung, seine Ehefrau kommt dem Klischee der devoten und liebeshungrigen Osteuropäerin ungehörig nah, und wenn man sich gerade etwas erholen will, biegt als Mahnung der menschlichen Sterblichkeit garantiert ein Priester um die Ecke, dessen Grabesstimme wohl selbst ein Ingmar Bergman ein wenig zu offensichtlich gefunden hätte. Alles in allem gehört „Brand“ am ehesten zum Genre des Trashfilms, also eines Kinos, dessen Anhänger mal bewusst, mal unbewusst gegen die Regeln des „Gut Gemachten“ rebellieren. Dabei wirkt Roths Inszenierung durchaus gepflegt, ja zuweilen elegant; das Trashige ist vor allem auf sein selbstbewusst effekthascherisches Drehbuch zurückzuführen. Im Zentrum steht die überlebensgroße Titelfigur, die mit dem Tod und dem Leben ringt und sich dabei ihr eigenes Grab schaufelt. Josef Bierbichler ist in dieser auf ihn zugeschnittenen Paraderolle wie immer eine Schau, und da ihm die anderen Darsteller ebenso entschlossen durch die teilweise abenteuerliche Handlung folgen, mag man auch ihnen die Bewunderung nicht versagen.
Kommentar verfassen

Kommentieren