Newo Ziro - Neue Zeit

- | Deutschland 2011 | 84 Minuten

Regie: Robert Krieg

Dokumentarfilm über einen Musiker-Clan, Nachkommen und Verwandte des legendären Sinti-Musikers Django Reinhardt (1919-1953), die ihr musikalisches Erbe auf unterschiedliche Weise pflegen. Dabei setzt er sich nur bedingt mit musikalischen Wurzeln auseinander und lässt im Gespräch mit Vertretern aus drei Generationen Fragen kultureller Identität, Spannungen und das Leiden an Vorurteilen gegen Sinti und Roma anklingen. Ein Film voller interessanter Eindrücke, die jedoch angesichts der Themenvielfalt zu wenig vertieft werden. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Neue Cameo Film/World TV/UDFilm
Regie
Robert Krieg · Monika Nolte
Buch
Robert Krieg · Monika Nolte
Kamera
Volker Noack · Frank Kranstedt
Musik
Lulo Reinhardt
Schnitt
Anika Simon
Länge
84 Minuten
Kinostart
15.03.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.

Diskussion
„Newo Ziro“ heißt „Neue Zeit“, doch nach neuer Zeit sieht die Zuschauerriege nicht gerade aus: In weißen, offenen Hemden stehen die Männer in der Sonne, der älteste von ihnen mit Panamahut, gefärbtem Schnauzbart und Pilotenbrille, Eis löffelnd. Der Dokumentarfilm porträtiert vier Personen aus drei Generationen, die einer großen, musikalisch einflussreichen Sinti-Familie angehören: dem Reinhardt-Clan. Das wird akustisch schon klar, bevor überhaupt der Name fällt. Lulo Reinhardt, ein Großneffe des großen Django, ist der Tradition des Gipsy-Swing verpflichtet, auch wenn er jetzt, das betont er immer wieder, und es wird auch hörbar, „ausgebrochen“ ist und sein „eigenes Ding macht“. So arbeitet er bei einem seiner Projekte mit einem jüdischen Geiger zusammen. Ganz klar wird die Fragestellung, Haltung und Richtung von „Newo Ziro“ nicht. Der Film beginnt musikalisch, hinter den Kulissen des Musikfestivals „Djangos Erben“, das zugleich ein Familientreffen ist. Immer wieder gibt es auch musikalische Zwischenspiele, die die Rolle der Musik bei den Sinti unterstreichen. Eine Musikdokumentation ist „Newo Ziro“ dennoch nicht; die musikalischen Wurzeln und Zusammenhänge werden jeweils nur angerissen. Ansatzweise geht es auch darum, was die Sinti an den Rhein geführt hat, und unter welchen Umständen sie dort nach der Verfolgung im Zweiten Weltkrieg gelebt haben – „Newo Ziro“ wurde in Koblenz gedreht, dort leben die Protagonisten. Gelegentlich kommt Archivmaterial in Form von Schwarz-Weiß-Fotos zum Einsatz. Allzu viel Raum gewährt der Film den Klagen über Vorurteile gegenüber „den Zigeunern“, das wiederholt sich, auch wenn es deutlich macht, wie sich jahrhundertelange Demütigung und Verfolgung festgesetzt haben. Im Zentrum stehen Bawo Reinhardt, sein Sohn Lulo und seine Enkelin Sibel Mercan. Sascha Reinhardt, er ist in Bawos Alter, kommt nur am Rand vor (der Sänger und Christbaumverkäufer erinnert in Sprache, Gestus und Aussehen stark an Mario Adorf). Oft drehen sich die Gespräche um allgemeine Fragen kultureller Identität, die Balance zwischen Bewahrung der Tradition und Integration. Der Bogen über die drei Generationen macht den Wandel in der Mentalität spürbar. Biografisches spielt zwangsläufig hinein (Sibels Vater ist Türke, sie trainiert leidenschaftlich und ehrgeizig Kung Fu), kommt aber ein wenig zu kurz. Vielleicht wäre es bei der Beschränkung auf zwei Protagonisten gelungen, etwas tiefer in die Lebensgeschichten einzutauchen und näher an die Menschen heran zu kommen. Nebenbei wird erwähnt, dass Sibel gerne Fußball spielt. Damit müsse das pubertierende Mädchen aber bald aufhören. Vertieft werden solche Konflikte nicht. Sibel spielt auch Gitarre, der Onkel Lulo ist ihr Vorbild. Unter seiner Anleitung textet sie ein Lied über die lange Wanderschaft der Sinti, die am Rhein endet. Sibel ist diejenige der drei, die am ehesten dort angekommen ist.
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