Beats, Rhymes & Life: The Travels Of A Tribe Called Quest

Dokumentarfilm | USA 2011 | 94 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Michael Rapaport

Dokumentarfilm über die HipHop-Formation "A Tribe Called Quest", der die Geschichte der Band aufrollt und zugleich diesem Maßstäbe setzenden Quartett huldigt. In Gestalt zahlreicher Statements prominenter Weggefährten und Bewunderer lässt die Inszenierung die Glanzzeit der Truppe nostalgisch Revue passieren; gleichzeitig scheut sie sich nicht, die internen Konflikte, die schließlich zur Auflösung der Band führten, mit ins Porträt mit aufzunehmen. So entsteht ein spannungsvolles, bei aller Verehrung für die Musiker differenziertes Bild. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BEATS, RHYMES & LIFE: THE TRAVELS OF A TRIBE CALLED QUEST
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Rival Pic./Om Films
Regie
Michael Rapaport
Buch
Michael Rapaport
Kamera
Robert Benavides
Schnitt
Lenny Mesina
Länge
94 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
07.06.2012
Fsk
ab 12 (DVD)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Mindjazz (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl.)
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Diskussion
Nostalgisch stimmen und desillusionieren – diese beiden Gemütszustände gleichzeitig zu evozieren, ein ungewöhnliches Kunststück, gelingt dieser über weite Strecken famosen Musikdokumentation von Michael Rapaport. Erzählt wird die Geschichte der New Yorker Hip Hop-Crew A Tribe Called Quest, die Ende der 1980er-Jahre als zweite oder dritte Generation HipHop mit cleveren Texten und vor allem coolen, sich quer durch die Pop-Geschichte arbeitenden Samples zur Kunstform emanzipierten. Mit seinen drei Alben „People‘s Instinctive Travels And The Paths Of Rhythm“ (1990), „The Low End Theory“ (1991) und „Midnight Marauders“ (1993) setzte das Quartett Maßstäbe in Sachen eines intelligenten und positiven Hip Hop und sich selbst an die Spitze des seinerzeit sehr einflussreichen „Native Tongue“-Musikerkollektivs, zu dem auch De La Soul, die Jungle Brothers, Queen Latifah oder Monie Love zählten. Zwar vergingen zwischen der Gründung der Crew und der Produktion des Debütalbums ein paar Jahre, aber in der New Yorker Szene genoss A Tribe Called Quest schon früh einen legendären Ruf. Regisseur Rapaport, ein erklärter Fan der Crew, nutzt die Gelegenheit einer Re-Union-Tour 2008, um die einzelnen Mitglieder des Quartetts zu befragen und auch Statements mit allerlei Szene-Prominenz von Mos Def über Pharrell Williams bis zu den Beastie Boys zu sammeln. Ja, er holt sogar Legenden wie DJ Red Alert oder Monie Love vor die Kamera. 2008 liegt die Veröffentlichung des letzten regulären Albums bereits ein Jahrzehnt zurück – und selbst dieses Album wurde intern schon als Ausdruck einer tiefen Krise begriffen. So äußert sich MC Phife Dawg verbittert, „The Love Movement“ hätte besser „The Last Movement“ geheißen. Was folgt, ist eine mitreißende Feier des rasanten Aufstiegs der Band, die auf einer Woge von Kreativität und jugendlichem Ungestüm surfte, weil die unterschiedlichen Temperamente der Musiker sich bestens zu ergänzen schienen. Phife ist streetwise, Q-Tip ein geschmackssicherer Perfektionist, Ali Shaheed Muhammad ruht in sich selbst und Jarobi ist die spirituelle Seele der Crew. Und A Tribe Called Quest sind nicht nur umwerfend kreativ, sondern sie haben auch erstaunlichen Erfolg. Wer sich je für Hip Hop interessiert hat, kommt an den frühen Hits „I Left My Wallet In El Segundo“, „Bonita Applebum“ und „Can I Kick it?“ nicht vorbei, aber auch die Jazz-Sample auf „The Low End Theory“ setzten Maßstäbe. Unvergleichlich dann – und zugleich ein Menetekel – das Sample-Gewitter und das All-Star-Aufgebot von „Midnight Marauders“, wo es in der Szene fast schon Panik verbreitete, wenn man auf dem Album nicht dabei war. Hier – auf der Höhe des Ruhms – wechselt der Film entschieden die Tonart: Bei Phife wird eine lebensbedrohliche Diabetes attestiert, worauf zunächst weder Phife noch die anderen Bandmitglieder adäquat zu reagieren wissen. Q-Tips Ehrgeiz sucht sich andere Kanäle; er arbeitet verstärkt als Produzent. Schon die akribische Produktion von „Midnight Marauders“ führte die Crew an ihre Grenze; man konnte das Tempo nicht mehr gemeinsam halten. Die Gräben, die sich jetzt auftun, führen zu Verletzungen, die kaum zu heilen sind. Q-Tip gibt sich cool als selbstbewusster, adretter Kontrollfreak, während Phife, ein kleiner, empfindlicher und sehr kranker Mann, sich in mehrfacher Hinsicht ins zweite Glied geschoben sieht. Zudem verliert die Musik in den unterschiedlichen Biografien in unterschiedlicher Stärke an Bedeutung: Mancher hat mehrere Talente, mancher ganz andere Sorgen. In den Passagen, in denen die internen Konflikte vor laufender Kamera im cinéma verité-Stil eskalieren, wird der Film desillusionierend und tief melancholisch. Es verwundert jedenfalls nicht, dass drei der vier Mitglieder von ATCQ nicht zur Premiere des Films beim Sundance Festival erschienen und auch sonst gegen den fertigen Film in den Medien Stellung bezogen, womöglich, weil er so viele unangenehme Wahrheiten transportiert, obwohl er deutlich aus einer Fan-Perspektive gedreht ist. Vielleicht wurde Rapaport bei den Dreharbeiten tatsächlich von der Schärfe der Konfrontationen überrascht, aber es ehrt ihn, dieses Material nicht geschnitten zu haben. Schließlich endet der Film mit eine versöhnlichen Geste: als Phife zur Nierentransplantation ins Krankenhaus geht, bekommt er eine SMS von Q-Tip. Wie sehr ihn diese Geste freut, zeigt auch, wie tief ihn der Bruch mit seinem Freund aus Kindertagen verletzt hat.
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