Klappe Cowboy!

- | Deutschland 2012 | 84 Minuten

Regie: Timo Jacobs

Ein selbstverliebter Möchtegern-Filmemacher plant einen Western in Berlin-Kreuzberg. Die Zeit bis zum Drehbeginn vertreibt er sich mit seinen Kumpels und Gelegenheitsjobs. Der gewollt dilettantische No-Budget-Film stellt mit archaischer Verve und viel Leidenschaft das Filmemachen inklusive dessen Scheitern nach. Eine etwas zähe Fingerübung in der Manier von Klaus Lemke, deren Mut zum Understatement dennoch angenehm berührt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Prophetfilms
Regie
Timo Jacobs · Ulf Behrens
Buch
Federico Avino
Kamera
Ulf Behrens
Schnitt
Manuel Stettner · Jörg Schreyer · Martin Oberhaus
Darsteller
Timo Jacobs (Cowboy) · Yps Van Tule (Yps) · Peter Koskowski (Kinski) · David Bredin (Molle) · Adrian Dittus (Säsch)
Länge
84 Minuten
Kinostart
12.07.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Diskussion
Timo Jacobs wurde nach eigenen Angaben von Klaus Lemke für den Film entdeckt. In Lemkes „Hamburg“-Filmen zwischen „3 Minutes Heroes“ (2004) und „Finale“ (2006) war Jacobs eine integrale Figur, die eine Coolness ausstrahlte, die in Sekundenbruchteilen in ihre eigene Parodie umschlagen konnte. Jacobs war die ideale „Macker-Macho-Figur“, an denen die toughen Lemke-Frauen ihr Mütchen kühlen konnten. Gemäß der alten Lemke-Regel, dass die Professionalisierung zum Schauspieler den Charme des Darstellers killt, musste sich Jacobs nach einigen Filmen im Lemke-Team neue Jobs suchen. Doch der ehemalige Profi-BMX-Fahrer hatte offenbar Gefallen an der Branche gefunden; er tauchte in Werbespots auf und übernahm kleinere oder größere type-gecastete Rollen in Filmen wie „Gegengerade“ (fd 40 374) oder „Im Schatten“ (fd 40 082). Gemeinsam mit Ulf Behrens zeichnet Jacobs jetzt für Drehbuch und Regie (und solo als Schnittmeister) von „Klappe Cowboy!“ verantwortlich; als Produzenten holte das Duo noch Claude Oliver Rudolph mit an Bord. „Klappe Cowboy!“ ist – schon der Titel legt das nahe – ist inhaltlich wie formal eine Fingerübung in der Manier des großen Meisters Klaus Lemke und zwar – Achtung, Selbstreferenzialität! – sowohl vor als auch hinter der Kamera, weil der Film auch noch vom Filmemachen erzählt. „Acht Fäuste gegen Berlin“ heißt das Meisterwerk, dass das selbsterklärte Genie Cowboy (Jacobs selbst) vor Ort in Kreuzberg drehen will. Die Zeit bis zum Drehbeginn vertreibt sich Cowboy mit seinen Kumpels Kinski und Molle sowie mit Gelegenheitsjobs, die alle mit Film oder besser mit dem Scheitern an Filmen zu tun haben. Im Katalog des Festivals „Max Ophüls Preis“ in Saarbrücken gab Jacobs zu Protokoll: „Cowboy in seinem manischen Heißsporn reflektiert nichts, sondern geht so was von straight, dass er seine Gedanken selber überholt. Dieses Zügellose war für mich der Brennstoff für eine hochexplosive Komödie, die selbstironisch durch die Hilflosigkeit des Nichtwissens unglaublich schlagfertig daherkommt. Die Echtheit der beautiful loser, die jeden Moment 100 Prozent auskosten, diese Bereitschaft habe ich benutzt und die Darsteller ahnungslos gelassen, was eines Korsetts von viel Zeit und Muße bedurfte.“ Dies trifft recht genau, was „Klappe Cowboy!“ ausmacht im Guten wie im Schlechten. Während Cowboy im Film noch am Drehbuch zu „Vier Fäuste gegen Berlin“ feilt, haben Jacobs und Behrens diesbezüglich lieber auf eine lässige Offenheit am Set gesetzt und das Drehbuch wohl eher ad acta gelegt, um der „Echtheit“ der Figuren oder besser: der Situationen willen. Ausgemacht scheint hier nichts; vielmehr wird mit Minimalbudget und Leidenschaft „Filmemachen“ und „Scheitern am Filmemachen“ nachgestellt, voller Witz und mit anarchischer Verve. Was allerdings auch selbst scheitern kann und in der Folge dazu führt, dass man an der Darstellung von Scheitern scheitert, allerdings auf ungleich zähere Weise als beispielsweise bei Helge Schneider. Andererseits gelingen dabei Szenen, deren Dilettantismus einen originellen Charme versprüht oder durch Hemmungslosigkeit überrascht. So scheint der irrwitzige Moment gekommen, dass das wilde Spätwerk des erklärten Einzelkämpfers Klaus Lemkes plötzlich Schule macht, wobei dessen professionelle Qualitäten durch Epigonen wie „Klappe Cowboy!“ eher noch betont werden. Im direkten Vergleich zu „Finale“ wirkt „Klappe Cowboy!“ vergleichsweise wie uninspiriertes Malen nach Zahlen, doch im Kontext eines Nachwuchsfestivals wie Saarbrücken strahlte der Filme eine Frische und einen Mut zum Risiko des Nicht-Ausgewogenen aus, der vielen anderen Filme derzeit spürbar fehlte. Jetzt möchte man eigentlich nur noch wissen, was Klaus Lemke dazu sagt.
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