Jerusalem - The East Side Story

Dokumentarfilm | Israel 2008 | 57 Minuten

Regie: Mohammed Alatar

Dokumentarfilm über die Genese des Nahost-Konflikts: Mit Hilfe von Archivmaterial und Zeitzeugen-Berichten wird eine Linie vom Jahr 1917 bis in die Gegenwart gezogen. Im Mittelpunkt stehen die Auseinandersetzungen um das geteilte Jerusalem. Dabei nimmt der Film eine dezidiert palästinensische Perspektive ein, lässt aber auch jüdische Kritiker der israelischen Politik zu Wort kommen. Ein interessanter, sachlich gehaltener historischer Abriss mit vielen Leerstellen, die nach einer Ergänzung aus israelischer Perspektive verlangen. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Israel
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Palestinian Agriculture Relief Committees
Regie
Mohammed Alatar
Buch
Mohammed Alatar · Jasmine Higazi · Susan Lourenco · Yan Zayed
Kamera
Adel Abdul Qader · Hammoudeh Jreidi · Khaldoun Maghrabi · Nader Beilars · Oren Yakobovich
Musik
Mahmoud Yaseen · Said Mural
Länge
57 Minuten
Kinostart
15.11.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Außenstehende macht der Nahost-Konflikt, für den trotz aller Bemühungen auch nach fast 100 Jahren keine Lösung in Sicht scheint, bisweilen nur noch ratlos. Man kennt die wechselseitigen Vorwürfe, die Zerstörungen und Opfer auf beiden Seiten, doch die Genese dieses erbitterten Konflikts ist in der Öffentlichkeit kaum präsent. Unter diesem Aspekt liefert die Dokumentation des Filmemachers Mohammed Alatar eine profunde Geschichtsstunde aus palästinensischer Perspektive. Nach einem Intro mit Alltagsszenen aus dem heutigen Jerusalem geht der Film zurück ins Jahr 1917, als die Briten in der so genannten Balfour-Erklärung die Ansiedlung von Juden in Palästina befürworteten. Als das Land 1923 unter britisches Protektorat fiel, verstärkte sich der Strom der Zuwanderer immens und führte zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern. Die eigentliche Teilung des Landes erfolgte erst durch einen UN-Beschluss im Jahr 1947, durch den die Palästinenser, obwohl deutlich in der Überzahl, mehr als die Hälfte ihres Territoriums verloren. Durch zahllose gewaltsame Auseinandersetzungen wurde der Besitz an Grund und Boden für die ursprünglichen Bewohner dieser Region immer mehr beschnitten. Die Dokumentation zeichnet diese Ereignisse mit einer Fülle von Archivbildern und Statements von Zeitzeugen bis in die Gegenwart nach und konzentriert sich dabei vor allem auf die Auseinandersetzungen um das geteilte Jerusalem, gleichsam das Epizentrum der Konflikte. Man sieht Palästinenser, die auf ihrem Weg aus der West Bank zum Freitagsgebet in die Stadt wollen, aber an den diversen Checkpoints der Israelis aufgehalten werden, verzweifelte Familien, die vor den Trümmern ihrer Häuser in Ostjerusalem stehen, die gerade von Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht wurden, weil sie nach israelischer Lesart illegal errichtet wurden, und man lernt ein palästinensisches Ehepaar kennen, das inzwischen sechs gemeinsame Kinder hat, aber noch immer nicht gemeinsam in Jerusalem leben darf, da der Mann aus Bethlehem stammt. Alatar ist klug genug, auch jüdische Kritiker der israelischen Politik zu Wort kommen zu lassen, darunter der ehemalige stellvertretende Bürgermeister von Jerusalem, Meron Benvenisti. Vor allem aber ist ihm das Kunststück gelungen, trotz aller dezidierten Parteilichkeit keinen Propagandafilm gedreht zu haben. So, wie der Off-Kommentar die Ereignisse in sachlich-nüchternem Tonfall schildert, begnügt sich der Film damit, aus palästinensischer Perspektive zu erklären, warum dieses Land des Nahen Ostens nicht zur Ruhe kommt. Gleichwohl hat der Film einige Leerstellen, wo weder vom jüdischen Trauma des Holocaust noch von palästinensischen Terror-Anschlägen in Israel die Rede. Insofern wäre es sinnvoll, dieser ansonsten durchweg informativen Bestandsaufnahme einen zweiten Film aus jüdischer Perspektive zur Seite zu stellen: „Jerusalem – The West Side Story“.
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