Dokumentarfilm | Deutschland 2013 | 85 Minuten

Regie: Tobias Müller

Ein mittelständischer Bauernhof auf der Schwäbischen Alb ächzt unter der Schuldenlast. Während der 30-jährige Sohn investieren will, um den Hof zu retten, tut sich der Vater schwer mit solchen Plänen. Außerdem hat er sich bislang hartnäckig geweigert, den Betrieb auf seinen Nachfolger zu überschreiben. Ein kurzweiliger, von unkonventionellen Charakteren getragener Dokumentarfilm, der als eine Art Langzeitbeobachtung das Landleben fernab der Idylle porträtiert und dabei durchaus unterhaltsam die Herausforderungen einer bäuerlichen Existenz zwischen Rationalisierung und EU-Richtlinien herausarbeitet. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
M. Schlömer Film/SWR
Regie
Tobias Müller
Buch
Tobias Müller
Kamera
Tobias Müller
Musik
Chris Bremus
Schnitt
Ben von Grafenstein
Länge
85 Minuten
Kinostart
26.06.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Eine Geburt ist für die unmittelbar Beteiligten meist ein freudiges Ereignis, aber nicht unbedingt schön anzusehen. Das ist bei Menschen so und in der Tierwelt nicht anders. Bis die Kuh in der Eingangssequenz von „Sauacker“ mit der Hilfe von zwei Männern endlich ihr Kalb zur Welt gebracht hat, vergehen mehrere, für Zartbesaitete durchaus quälende, Minuten. Doch am Ende geht alles gut. Philipp und Konrad sind mit dem Zuwachs auf ihrem Hof zufrieden. Doch die Freude währt nur kurz, denn ihr Betrieb auf der Schwäbischen Alb steht vor dem Ruin. Es muss dringend etwas passieren, sagt Philipp. Er drängt auf Investitionen; vielleicht bräuchte es auch eine Umstellung auf ökologischen Anbau. Sein Vater Konrad hält sich dagegen eher an die Maxime: Es wird schon irgendwie weitergehen. Schließlich ist der Hof schon seit 1975 in Familienbesitz. Und noch hat er das Sagen, weil er sich bislang hartnäckig geweigert hat, den Betrieb seinem fast 30-jährigen Stammhalter zu überschreiben. Für Zündstoff ist in dieser dokumentarischen Langzeitbeobachtung von Tobias Müller also reichlich gesorgt. Zumal es für Vater und Sohn nicht nur um einen klassischen Generationskonflikt, sondern auch um die berufliche Existenz geht. Dass Philipp den Betrieb eigentlich schon seit Jahren subventioniert, indem er tagsüber in einer Fabrik arbeitet und erst nach Feierabend zum Bauern wird, belastet überdies zunehmend die Beziehung zu seiner Freundin, die mit auf dem Hof lebt, aber eher den schönen Künsten zugetan ist. Unter den aktuellen Filmen zum Thema Landleben gehört „Sauacker“ zweifelsohne zu den besseren. Und das nicht nur, weil er die Probleme eines mittelgroßen Familienbetriebes angesichts von Rationalisierung und EU-Richtlinien anschaulich deutlich macht. Vor allem überzeugt der Film durch seine beiden Protagonisten. Vater und Sohn erweisen sich nicht nur als veritable Charakterköpfe, sondern gewähren bei ihren abendlichen Disputen am Küchentisch auch erstaunlich intime Einblicke in ihre Gefühlswelten. So wie Philipp, mit seinem Faible für Tattoos, verwegene Backenbärte und rassige Sportwagen auch optisch eher ein untypischer Jungbauer, wider besseres Wissen doch vom traditionellen Bauerhof-Modell mit Kühen, Schweinen und Hühner träumt, weiß Konrad eigentlich auch, dass der Hof in seiner bisherigen Form nicht überlebensfähig ist. Selbst wenn er weiterhin in aller Frühe im Dorf die Zeitungen austrägt. Die Inszenierung hält sich mit Bewertungen der unterschiedlichen Lebensanschauungen wohltuend zurück und beweist in manchen Szenen ein gutes Gespür für Situationskomik. So etwa, wenn Konrad mit der Fliegenklatsche in der Hand ein Nickerchen macht oder Philipp mit viel Mühe einen betagten Rasenmäher anwirft, der, kaum hat sich der junge Mann zwei Schritte entfernt, auch prompt wieder ausgeht. Lediglich die (spärliche) Musikuntermalung ist für einen Film, der mit Landleben-Idylle herzlich wenig gemein hat, eine Spur zu romantisch geraten.
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