Supermensch - Wer ist Shep Gordon?

Dokumentarfilm | USA 2013 | 88 Minuten

Regie: Mike Myers

Seit den späten 1960er-Jahren behauptet sich der US-Amerikaner Shep Gordon als erfolgreicher Networker des Pop-, Film- und Showgeschäfts. Der Erstlingsfilm lässt den stets etwas abseits des Rampenlichts stehenden Impresario viele Anekdoten aus seiner traumhaften Karriere erzählen, die bis in Details bildlich belegt werden. Der Verdacht, einer „Doku-Fiction“ aufzusitzen, bestätigt sich keineswegs, was der Erzählung von der Nichtigkeit des Ruhms und der Einsamkeit des Jet Sets zunehmend märchenhafte Züge verleiht. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SUPERMENSCH: THE LEGEND OF SHEP GORDON
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
A&E Indie Films/Nomoneyfun Films
Regie
Mike Myers
Buch
Mike Myers
Kamera
Michael Pruitt-Bruun · Andreas von Scheele
Musik
John Houlihan · Willa Yudell
Schnitt
Joseph Krings
Länge
88 Minuten
Kinostart
18.09.2014
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Er besitze das Charisma von Elvis, den Körper von Steve Reeves, sei geistreich wie Mark Twain und bestückt wie Long Dong Silver. Sagt Sylvester Stallone, bewundernd. Michael Douglas formuliert es etwas anders, stimmt aber grundsätzlich zu. Ebenso wie Alice Cooper, Willie Nelson, Mick Fleetwood, Sammy Hagar, Steven Tyler, um nur die ersten Minuten des Filmdebüts von Mike Myers zu bemühen. Dazu Fotos. War das nicht gerade Sharon Stone? Ron Wood? Der Dalai Lama? Zwischendrin, mitten unter all den Stars und Sternchen, immer ein etwas unscheinbarer Kerl mit einer merkwürdigen Frisur und offenbar sehr, sehr vielen guten Freunden: Shep Gordon. Regisseur Myers legt zunächst recht nahe, dass man es hier mit einer „Doku-Fiction“, einer „Mockumentary“ zu tun hat. Unzählige Promis schwärmen von den menschlichen und professionellen Qualitäten eines längst nicht so bekannten Mannes, den es Ende der 1960er-Jahre eher zufällig nach Los Angeles verschlug, wo er stets pünktlich am richtigen Ort war, wie einschlägige Fotografien belelegen: Shep und Janis Joplin, Shep und Jimi Hendrix, Shep und Jim Morrison, dazu noch ein paar Aufnahmen mit den Beach Boys oder Frank Zappa. Immer war Gordon dabei, aber immer etwas abseits des Rampenlichts. Trotzdem rekonstruiert Myers Gordons Werdegang als Geschichte eines Mavericks, der für all die aberwitzigen Geschichten ein stets etwas eigenwilliges Lachen übrig hat, weil er selbst nicht recht zu glauben vermag, wie leichthin ihm das alles widerfuhr. Das Beste dabei ist: Der Film hat buchstäblich für jedes Detail der anekdotenreichen autobiografischen Erzählung ein Bild zu bieten: dokumentarisches Material, nur halb gelungene Re-Enactments, Ausschnitte aus den Spielfilmen „Almost Famous“ (fd 34 819) oder „Die Warriors“ (fd 22 089), amateurhaft bearbeitetes Photoshop-Material. Alles deutet auf einen „Fake“ hin, doch wo immer man auch ansetzt, zeigt sich schnell, dass die Erzählung vielleicht etwas subjektiv zugespitzt, aber sonst durchaus valid ist. Shep Gordon hat den Midas Touch: (fast) alles, was er berührt, wird zu Gold. Und so staunt man nicht schlecht, wie aus einem als Manager getarnten Drogendealer ein glänzend vernetzter Impressario des Musik- und Filmbusiness wird, der nicht nur die Skandalkarriere von Alice Cooper befeuerte, sondern auch die saubere Country-Pop-Sängerin Anne Murray fabulös in Szene zu setzte. Auch im Falle des „Black Elvis“ Teddy Pendergrass funktionierte die Idee, den Sänger auf „For Women Only“-Konzerte spielen zu lassen. Nur die Sache mit Pablo Picasso, die kann nicht stimmen, da schreitet selbst der Filmt ein. Gordon räumt achselzuckend den Fehler ein: er sei in all den Jahren einfach zu „high“ gewesen. Mitte der 1970er-Jahre wagte sich Gordon mit einer eigenen Produktionsfirma ins Filmgeschäft und war an frühen Erfolgen von Ridley Scott, Alan Rudolph und Hector Babenco beteiligt. Fast gleichzeitig brachte ihn die Begegnung mit dem Starkoch Roger Vergé auf die Idee, sich mit Fragen der Gastronomie zu beschäftigen, was viele Jahre später dazu führte, dass Gordon das Konzept des Star-Kochs als Fernsehstar und Werbeträger etablierte. Hier schleicht sich ein neues Thema – Spiritualität! – in die Dokumentation, denn im Verlauf seiner langjährigen Beziehung zu Sharon Stone lernte Gordon den Dalai Lama persönlich kennen und begleitete ihn auf seinen Reisen. Hinter all den Anekdoten und Erfolgen kommt dann jedoch eine Persönlichkeit zum Vorschein, die davon geträumt hat, eine Familie zu gründen und Kinder in die Welt zu setzen. Vielleicht, weil das als etwas Bleibenderes wäre als das um permanente Aufmerksamkeit ringende Marionettenspiel der Kulturindustrie. Gordon erlebte das Glück fremder Familien mit, förderte Enkel einer alten Beziehung, die zu Waisen geworden waren und pflegte für seine zahllosen Freunde auf Hawaii eine „Open-Door“-Policy als großzügiger Gastgeber. Fürwahr: wenn „Mensch“ im Jüdischen für eine ehrenwerte und aufrechte Person steht, dann hat sich Shep Gorden den Titel „Supermensch“ wahrlich verdient. Als Gordon, der durchaus längere Beziehungen hatte, aber ohne eigene Kinder blieb, nach einer lebensbedrohlichen Operation im Krankenhaus erwachte, saß dort „nur“ seine persönliche Assistentin, die seine Enttäuschung und seine Einsamkeit in diesem Moment sehr wohl bemerkte. Aber, so Gordon versöhnlich, ein paar Jahre bleiben ihm hoffentlich noch, um sein wahres Glück zu finden.
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