Dokumentarfilm | Deutschland 2014 | 100 Minuten

Regie: Marina Kern

Dokumentarfilm über einen jungen Kambodschaner, der in den 1960er-Jahren als Austauschstudent in die DDR kommt, eine Deutsche heiratet, mit der er drei Töchter bekommt, in der Fremde aber nicht glücklich wird und zunehmend in Depressionen verfällt. Nach seinem Tod macht sich seine älteste Tochter mit der Filmkamera auf die Suche nach der Biografie ihres nahezu unbekannten Vaters. Das intime Porträt eines Mannes, dessen Leben nicht zuletzt durch die politischen Verhältnisse auf zwei Kontinenten geprägt wurde. Der durchgängige innere Monolog unterstreicht den sehr persönlichen Ansatz der Filmemacherin. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Sterntaucher Filmprod./NDR
Regie
Marina Kern
Buch
Marina Kern
Kamera
Notker Mahr
Schnitt
Steven Wilhelm
Länge
100 Minuten
Kinostart
29.01.2015
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Ottara Kem war einer der wenigen Ausländer, die in der DDR lebten. 1965 kam der Kambodschaner mit einem Stipendium nach Leipzig, um Ingenieurswissenschaften zu studieren. Nach dem Examen wollte er, ganz so, wie es seine Familie von ihm erwartete, wieder in seiner Heimat zurückkehren. Doch dann verliebte er sich in eine Deutsche, die bald schwanger wurde. Sie wollte das Kind, er nicht. Eine gemeinsame Zukunft in Kambodscha kam für die Frau erst recht nicht in Frage. Ottara Kem fügte sich, heiratete und bekam eine Tochter, der zwei weitere folgten. Aus beruflichen Gründen verschlug es das Paar später in ein sächsisches Dorf, während in Kambodscha viele Mitglieder aus Ottara Kems Familie dem Schreckensregime der Roten Khmer zum Opfer fielen. Irgendwann verstummte der dreifache Familienvater in Sachsen, zog sich immer mehr in sich zurück und ließ weder Frau noch Töchter an sich heran. Die Ehe scheiterte, die Töchter blieben bei der Mutter und sahen ihren depressiven Vater, der nach der Wende auch seine Arbeit verloren hatte, kaum noch. Erst als eine unheilbare Krebserkrankung diagnostiziert wurde, nahm Ottara Kem zaghaft wieder Kontakt zu seinen Töchtern auf. Das ist die nüchterne Bilanz eines allenfalls teilweise geglückten Lebens. Sie steht am Ende dieses sehr intimen Porträts, das Marina Kem, die älteste Tochter des Protagonisten, gedreht hat. Der Dokumentarfilm lässt die Zuschauer an der schwierigen Suche einer jungen Frau nach ihrem Vater teilhaben, die erst kurz vor dessen Ableben einsetzt. In seinem Nachlass findet sie Fotos, Notizbücher und Briefe seiner Familie in Asien, die kleine Anhaltspunkte liefern, warum Ottara Kem in seinem Leben nicht glücklich wurde. Seinem letzten Wunsch gemäß, bringt die Autorin gemeinsam mit ihren Schwestern die Urne mit der Asche ihres Vaters zur Bestattung in dessen Heimatdorf. Doch die Menschen in Kambodscha bleiben ihr so fremd wie auf einer früheren Reise, zu der sie ihren Vater 1999 überredet hatte. Die bewegten Urlaubsbilder von damals tauchen in „Bonne Nuit Papa“ wieder auf. Doch erst auf einer neuerlichen Reise findet sie Kontakt zu ihren Verwandten und setzt aus deren Erinnerungen das Bild der Kindheit ihres Vaters zusammen. Dazu kommen Gespräche mit deutschen Weggefährten ihres Vaters, mit Nachbarn, Arbeitskollegen, ihren Schwestern und ihrer Mutter. Auch wenn der Film letztlich nicht zu klären vermag, aus welchen konkreten Gründen der Vater immer mehr verstummte, entwickelt sich ein ebenso intimes wie komplexes Porträt eines Mannes, dessen Biografie durch die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auf zwei Kontinenten geprägt wurde. Gewöhnungsbedürftig bleibt dabei allerdings der Umstand, dass die Autorin ihrem sehr persönlichen Ansatz durch einen nahezu durchgehenden inneren Monolog Ausdruck verleiht. Etwas mehr Selbstbeschränkung zugunsten der Bilder wäre hier durchaus angebracht gewesen.
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