Dokumentarfilm | Kanada 2014 | 95 Minuten

Regie: Ron Mann

Facettenreiche Hommage auf den US-amerikanischen Regisseur Robert Altman (1925-2006) und seine höchst eigenwillige, sechs Jahrzehnte umspannende Karriere, die sowohl von großen Erfolgen als auch von bitteren Niederlagen geprägt war. Der Dokumentarfilm bemüht sich nicht um eine filmhistorisch-kritische Werkanalyse, lässt vielmehr Altmans Leben und Schaffen als eine lückenhafte autobiografische Erzählung passieren, die zahlreiche Home Movies, Fotos und Gespräche mit wichtigen Weggefährten wirkungsvoll miteinander verbindet. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ALTMAN
Produktionsland
Kanada
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Sphinx Prod.
Regie
Ron Mann
Buch
Len Blum
Kamera
Simon Ennis
Musik
Phil Dwyer · Guido Luciani
Schnitt
Robert Kennedy
Länge
95 Minuten
Kinostart
19.02.2015
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Das Bonusmaterial enthält u.a. drei bisher unveröffentlichte Kurzfilme von Robert Altman: "The Kathryn Reed Story" (1965, 15 Min.), "The Party" (1964, 3 Min.) und "Pot Au Feu" (1966, 9 Min.).

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Hommage auf den US-amerikanischen Regisseur

Diskussion
Am 20. Februar 2015 wäre Robert Altman 90 Jahre alt geworden. Ein guter Grund für den Filmemacher Ron Mann, die höchst eigenwillige und eindrucksvolle, sechs Jahrzehnte überdauernde Karriere Altmans noch einmal in Erinnerung zu rufen. Obwohl Altmans Œuvre gerne dem „New Hollywood“ der 1970er-Jahre zugerechnet wird, war der Filmemacher bereits 44 Jahre alt, als er mit „M.A.S.H.“ erstmals einen waschechten „Autorenfilm“ realisierte. Zuvor hatte er das Handwerk bei Industriefilmen erlernt und sich anschließend als einer der Top-Fernseh-Regisseure („Bonanza“) etabliert, obwohl er durch Themenwahl oder technische Details immer wieder angeeckt war. Der industriellen Arbeit am Konventionellen versuchte sich Altman subversiv zu entziehen. Er setzte auf Naturalismus, Sozialkritik, Transgression, Widerstand gegenüber Normen und eine gewisse Beharrlichkeit, die in eine Karriere voller „Ups“ und „Downs“ mündete. Doch immer mal wieder begegnete der „Zeitgeist“ dem Schaffen des Querkopfs Altman und versöhnte mit den zwischenzeitlichen Durststrecken. Ron Mann konstruiert seine Dokumentation um unterschiedliche Begriffsbestimmungen des „Altmanesken“, mal eher objektiv, mal eher subjektiv und in Hinsicht auf Altmans Biografie formuliert von Weggefährten wie Sally Kellerman, Lily Tomlin, James Caan, Elliot Gould, Keith Carradine oder Bruce Willis. Es geht dabei nicht um eine filmhistorisch-kritische Werkanalyse, sondern eher um eine lückenhafte autobiografische Erzählung, die möglich wird, weil Mann auf viele Interviews, Home Movies und Fotos aus Altmans Archiven zurückgreifen kann. Altmans internationale Karriere startet 1969 mit der Anti-Kriegs-Farce „M.A.S.H.“, die gegen den Widerstand des Studios durchgesetzt wurde und in Cannes mit der „Goldenen Palme“ triumphierte. Dieses Motiv, dass man den durch Zufall entstehenden Freiraum als Chance ergreifen und nutzen muss, um künstlerische Visionen zu realisieren, zieht sich durch den Film. Der Erfolg von „M.A.S.H.“ trägt Altman durch die 1970er-Jahre. Er realisiert in steter Folge Klassiker wie „McCabe & Mrs. Miller“, „Der Tod kennt keine Wiederkehr“, „Nashville“ oder „Eine Hochzeit“, aber auch vergessene Filme wie „California Split“ oder „Diebe wie wir“; außerdem produziert er die ersten Filme von Alan Rudolph sowie „Die Katze kennt den Mörder“ von Robert Benton. Doch unvermittelt – Ron Mann gibt dafür nur wenig überzeugende Antworten – endeten die Jahre des Erfolgs mit einer Reihe von Flops: „Quintett“, „Ein perfektes Paar“, „Der Gesundheits-Kongreß“ und „Popeye“. Das nimmt sich wie eine Variante zu Peter Biskinds Buch „Raging Bulls, Easy Riders“ über Aufstieg und Fall von „New Hollywood“ aus. Altman geriet in die Krise, konnte und wollte keine Blockbuster drehen, wich ins Theater aus und landete mit der Mockumentary „Tanner“ ein Comeback. Anfang der 1990er-Jahre folgten mit „The Player“ und „Short Cuts“ noch einmal zwei Maßstäbe setzende Ensemblefilme. Altmans Spätwerk – durchaus respektabel – entsteht dann allerdings schon unter erheblichen gesundheitlichen Problemen: Herztransplantation, Schlaganfall. Im Jahr 2006, bei der Verleihung des „Oscars“ für das Lebenswerk (fünf Nominierungen waren zuvor erfolglos geblieben) resümiert der Filmemacher, dass er das Glück gehabt habe, nie einen Film drehen zu müssen, denn er nicht habe drehen wollen. Dass er trotzdem enorm produktiv war, verleiht der 95-minütigen Dokumentation eine gewisse Kurzatmigkeit und Oberflächlichkeit. Von vielen Filmen Altmans erscheinen gerade mal die Titel oder die Filmplakate; die wiederholten Krisen und Altmans flexibler Pragmatismus werden etwas forciert überspielt. Wenn man sich etwas wünschen dürfte, wäre es eine umfassende Altman-Retrospektive. Das würde sich lohnen!
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