Tatort - Meta

Krimi | Deutschland 2017 | 89 Minuten

Regie: Sebastian Marka

„Tatort“-Krimi um einen Mord an einer jungen Prostituierten. Die Ermittlungen scheinen dabei auf mysteriöse Weise in einem Spielfilm vorgezeichnet zu sein. Ein raffiniert entwickeltes Film-im-Film-Szenario, das aber nicht ins Surreale abschweift, sondern die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit wahrt. Die ambitionierte Inszenierung besticht durch eine präzise Zeichnung der Milieus und Typen sowie eine erfindungsreiche Filmmusik. - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Wiedemann & Berg Television
Regie
Sebastian Marka
Buch
Erol Yesilkaya
Kamera
Willy Dettmeyer
Musik
Thomas Mehlhorn
Schnitt
Sebastian Marka · Carsten Eder
Darsteller
Meret Becker (Nina Rubin) · Mark Waschke (Robert Karow) · Fabian Busch (Felix Blume) · Ole Puppe (Rolf Poller) · Carolyn Grenzkow (Anna Feil)
Länge
89 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Krimi

Tatort-Krimi um einen Mord an einer jungen Prostituierten. Die Tat wie die Ermittlungen scheinen dabei in einem Spielfilm minutiös vorgezeichnet zu scheint. Ein raffiniert entwickeltes Film-im-Film-Szenario, das aber nicht ins Surreale abschweift, sondern die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit bestehen lässt.

Diskussion
„Bickle…Irgendwie kommt mir der Name bekannt vor…Mr. Bickle“, murmelt Kommissar Karow (Mark Waschke) und weiß gar nicht, warum ihm dieser Name plötzlich in den Sinn kommt: „…Wer heißt denn so: Bickle?“ Die Internet-Suchmaschine antwortet: „Travis Bickle, dargestellt von Robert de Niro, ist der Protagonist in Martin Scorseses Thriller ‚Taxi Driver‘“. Okay. Und worum geht es in „Taxi Driver“? Karows Kollegin Nina Rubin (Meret Becker) frischt seine Erinnerung auf: „Da startet ein psychisch labiler Mann einen Rachefeldzug gegen den Zuhälter einer 14-jährigen Prostituierten!“ „Tatort“-Krimis beginnen meist mit einer Leiche. So auch im siebten Fall des Ermittlerduos Karow/Rubin. Nur dass die Leiche hier schon seit über einem Jahr in einem Formaldehyd-Bad liegt. Es ist der Leichnam einer 14-jährigen Prostituierten, und die Ermittlungen werden dazu führen, dass Karow, ähnlich manisch-besessen wie Travis Bickle, den Zuhältern in einem Bordell auf den Leib rückt. Die Konstruktion der Story ist noch verrückter als diese „Taxi Driver“-Reminiszenz. Sie erlaubt den hübschen Gag, dass auch „Tatort“-Ermittler einmal über den roten Teppich der „Berlinale“ spazieren. Karow/Rubin besuchen dort die Welturaufführung eines Spielfilms mit dem Titel „Meta“, der auf hellseherische Weise den Gang ihrer aktuellen Ermittlungen vorherzusagen scheint. Gedreht wurde die Szene am roten Teppich während der „Berlinale“ 2017 als augenzwinkernde Referenz eines „Tatort“-Thrillers, der atmosphärisch dicht, spannend und vergnüglich mit cineastischen Motiven spielt. Wer hat das Drehbuch zum „Meta“-Spielfilm verfasst? Was bezweckt der mysteriöse Autor mit seiner Geheimdienst-Prostituiertenmord-Story „nach wahren Begebenheiten“? Warum folgt die Wirklichkeit, nicht zur Gänze, aber doch über viele Strecken, so deckungsgleich dem „Meta“-Szenario? Regisseur Sebastian Marka entfaltet eine raffiniert konstruierte Film-im-Film-Story, die aber nicht wie Bastian Günthers „Wer bin ich?“ (2015) ins Surreale ausschweift und die Grenzen zwischen Wirklichkeit, Fantasma und Fiktion vorsätzlich verwischt. Hier bleibt die Wirklichkeitsebene immer identifizierbar und an das geknüpft, was Karow/Rubin bei ihren Nachforschungen herausfinden. Wobei Karow seiner leicht entflammbaren Imagination sich bisweilen in der Rolle eines Kinohelden sieht, während Rubin mit ihrem trockenen Berliner Witz immer nüchtern auf dem Boden der Tatsachen bleibt. Die Spiegelungen der Wirklichkeit in den Szenen des „Meta“-Spielfilms sollen keine Schein-Wirklichkeit-Verwirrung stiften, sondern funktionieren eher wie Hinweise bei einer Schnitzeljagd, die in ein als Autowerkstatt getarntes Bordell führt und einen von Gewissensbissen geplagten Auftragskiller präsentiert, dessen psychologisches Profil „Züge eines zwanghaften Perfektionisten, wie sie auch bei Bankern und Serienmördern zu finden sind“ aufweist. Die Inszenierung von Sebastian Marka besticht durch eine leicht hingetupfte, aber äußerst präzise Zeichnung der Milieus und Typen. Erfindungsreich und das Standard-Niveau der „Tatorte“ deutlich überragend erweist sich auch die Filmmusik von Thomas Mehlhorn. Im Zentrum des Gelingens aber steht das Ermittlerduo, das Mark Waschke und Meret Becker prächtig konturieren. Bei „Tatort“-Ermittlern ist es oft so, dass deren private Lebensgeschichten und ihre gegenseitigen Kappeleien allzu banal aufgetischt werden und langweilen. Hier ist es anders. Gern sähe man noch mehr von diesen Screwball-Comedy-Momenten, mehr von den funkensprühenden Reibereien zwischen Karow und Rubin. Immerhin stellt die mädchenhaft-sympathische Kommissarin einmal die Frage, ob man nicht doch „mehr als nur Kollegen, also irgendwie Kumpels oder so“ sein könne. Ihre Einladung zu „Nudeln mit Tomatensoße“ aber kann Karow nicht verlocken. Er, der smarte, durchtrainierte Typ, der wegen seiner aus Arroganz und Härte gemixten Attitüde von den Kollegen im Kommissariat als „Oberarschloch“ tituliert wird, pumpt sich lieber mit Energy-Drinks und der Erinnerung an „Taxi Driver“-Szenen auf, um für den Showdown im Bordell in Fahrt zu kommen.
Kommentar verfassen

Kommentieren