Du verdienst eine Liebe

Liebesfilm | Frankreich 2019 | 102 Minuten

Regie: Hafsia Herzi

Eine junge Frau aus Paris wird von ihrem Freund betrogen; kurz danach verschwindet er auf einen Selbstfindungstrip nach Bolivien. Die Frau bleibt allein zurück und probiert sich in der Liebe aus. Der sinnlich fotografierte Coming-of-Age-Film entwickelt ein großes Feingefühl für die Protagonistin und kreist mit flotten Dialogen, einem genauen Blick der Kamera und Momenten unerklärbarer Stille darum, wie schwer es jungen Menschen fällt, die Liebe zu finden und an ihr festzuhalten. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TU MÉRITES UN AMOUR
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Les Films de la Bonne Mère/Arte France Cinéma
Regie
Hafsia Herzi
Buch
Hafsia Herzi
Kamera
Jérémie Attard
Musik
Nousdeuxtheband
Schnitt
Maria Giménez Cavallo · William Wayolle
Darsteller
Hafsia Herzi (Lila) · Djanis Bouzyani (Ali) · Jérémie Laheurte (Rémi) · Anthony Bajon (Charlie) · Sylvie Verheyde (Ava)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Liebesfilm
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Eine junge Frau wird von ihrem Freund verlassen und probiert sich daraufhin mit anderen Liebhabern aus. Dabei entdeckt sie, wie schwer es fällt, die Liebe zu finden und festzuhalten.

Diskussion

Wenn weder die Betrogene noch der Betrüger wissen, warum es zum Seitensprung kam, dann hat die Beziehung ein echtes Problem. So ergeht es Lila, als sie ihren Freund Rémi in der Wohnung einer anderen Frau auffindet. Mit Tanktop und Sporttasche kommt er aus der Haustür. Er ist sprachlos; die Ausrede, dass er beim Training gewesen sei, ist zwecklos. Die beiden Rivalinnen liefern sich auf der Straße eine Wortschlacht. Rémi haut erst einmal nach Bolivien ab. Um sich selbst zu finden, sagt er. Lila probiert sich mit anderen Liebhabern aus. Auch um sich selbst zu finden, sagt sie.

L’amour à la français

Das Debüt der Schauspielerin Hafsia Herzi als Regisseurin (sie spielt außerdem die Hauptrolle) ist ein wunderbarer Liebesfilm der französischen Art. Es wird viel gegessen, genossen und geliebt. Der Film spielt in Paris, bedient aber keine Klischees mit romantischen Spaziergängen an der Seine. Die Liebe passiert hier beiläufig in Parks, in Cafés und im Treppenhaus. Dazwischen wird viel geredet und nachgedacht. Der Film wirkt insbesondere durch die Bilder des Kameramanns Jérémie Attard sehr sinnlich. Mit der Handkamera werden die Bewegungen der jungen Figuren in Nahaufnahme festgehalten. Mal ungelenk, mal weich. Der arabische Background vieler Figuren wird nicht besonders thematisiert. Die Szenerie wirkt natürlich, und die Liebe macht sowieso alle Menschen gleich.

Lila sucht nach der Trennung zunächst Trost bei einem schwulen Freund, der Müsli löffelnd von seinen fehlgeschlagenen Beziehungen berichtet. Lilas Blick bleibt dennoch traurig. Hafsia Herzi spielt die Figur, für die gerade die ganze Welt unterzugehen droht, sehr glaubwürdig. Selbst der Junge, mit dem sie ihr erstes Date nach der Trennung hat, merkt ihren melancholischen Blick. Zuerst flirtet er sie ziemlich dreist an: „Bist du Asiatin? Ich koche gut asiatisch.“ Zum Glück gelingt ihm dann nicht nur ein aufwändiges asiatisches Gericht, sondern er entpuppt sich auch als sensibler als gedacht.

Ein Reigen an Liebhabern

Doch Lila bleibt nicht lang. Noch bevor er am nächsten Morgen die frisch gebackenen Waffeln fertig hat, ist sie verschwunden. Es beginnt ein Reigen an Liebhabern: ein Fotograf, ein Pizzabäcker, sogar ein Swinger-Pärchen ist dabei. Bei manchen stimmt die Chemie mehr, bei anderen weniger. Aber vor allem ist sie auf die Menschen neugierig, auf ihren Charme und ihre Körper. Zwischendurch chattet sie mit ihrem Ex-Freund in Bolivien. Rémi wirkt niedergeschlagen, doch Lila weiß, dass er Datings-Apps, Fünf-Sterne-Hotels und Drogen über sein Handy bucht. Als er zurückkommt, ist sie eine andere.

Die episodenhafte Kreisstruktur erinnert ein wenig an „My Blueberry Nights“, den unterschätzten, tieftraurigen Americana-Liebesfilm von Wong Kar-Wai. In „Tu mérites un amour“ findet die Reise nicht als Road Movie statt, sondern in Gestalt des städtischen Alltags. Natürlich kann man sich fragen, was Lila außer Leute zu treffen sonst so macht, also ob sie arbeitet oder studiert; aber diese Frage ist in der Liebe und damit in Liebesfilmen gar nicht so entscheidend.

Mystery of Love

Herzi erkundet vielmehr, wie zerbrechlich jede Begegnung und jede Beziehung sein kann. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung, und schon ist es möglicherweise vorbei. Der angehende Fotograf trägt Lila einmal ein Gedicht von Frida Kahlo vor, beschützt sie vor ihrem aggressiven Freund und am Ende des Tages sitzen die beiden wortlos nebeneinander. Schulter an Schulter. Solche Momente der Stille gibt es auch in diesem sonst so gesprächigen Film. Fragezeichen sind von den Gesichtern abzulesen: Die Liebe ist und bleibt ein Mysterium.

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