Komödie | USA 2023 | 117 Minuten

Regie: Kenya Barris

Ein US-amerikanisches Paar, er Jude, sie Afroamerikanerin, will heiraten, muss dafür aber die jeweils andere kulturelle Verwandtschaft für sich gewinnen. Insbesondere die Schwiegereltern sorgen für mächtig viel Turbulenzen. Die tief in den Zeitgeist tauchende Culture-Clash-Komödie schreckt nicht davor zurück, die heißen Eisen des Kultur- und Identitätsdiskurses anzufassen, weiß abseits eines recht derben Ethno-Humors aber wenig mit der Familienkonstellation und ihrem Weg zum Altar anzufangen. - Ab 14.

Filmdaten

Originaltitel
YOU PEOPLE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Regie
Kenya Barris
Buch
Jonah Hill · Kenya Barris
Kamera
Mark Doering-Powell
Musik
Daniel Tannenbaum
Schnitt
Jamie Nelsen
Darsteller
Jonah Hill (Ezra) · Lauren London (Amira) · Eddie Murphy (Akbar) · David Duchovny (Arnold) · Julia Louis-Dreyfus (Shelley)
Länge
117 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie

Culture-Clash-Komödie um einen jüdischen US-Amerikaner und eine Afroamerikanerin, die beim Weg zum gemeinsamen Glück über ihre Familien und deren Vorurteile gegenüber der jeweils anderen Community stolpern.

Diskussion

Vor dem Mikrofon ist Ezra (Jonah Hill) der „Jew with nothing to do“; in der Synagoge wirkt er hingegen eher wie ein Fremdkörper. Selbst an Jom Kippur passt er seinen Style nur minimal an. Er trägt Sneaker und ein kurzes, aber zumindest weißes Hemd, das seine Tattoos nicht verbirgt; seine blond gefärbten Haare sollten eigentlich auch unter der Kippa verborgen sein. Die auf den Gottesdienst folgenden Gespräche mit der Gemeinschaft sind nicht weniger befremdlich; die jüdischen Senioren wollen sich wahlweise über seine oder fremde Geschlechtsteile unterhalten.

Der Pflichtbesuch in der eigenen Community endet überraschenderweise mit einem Date; eine gutaussehende Harvard-Absolventin hat ein Auge auf den Paradiesvogel geworfen. Aber auch mit der vorhersehbaren Erkenntnis, dass Ezra und die jüdische Gemeinde außerhalb der wichtigsten Feiertage weiterhin getrennte Wege gehen. Ezra hat den Frauen und Männern seiner Gemeinde so wenig zu sagen wie sie ihm.

Ein Liebespaar zwischen den Fronten

Wirklich bei sich ist der Mittdreißiger aus gutem Haus vor dem Mikro, eben dort, wo er mit seinem Gegenüber, der besten Freundin Mo (Sam Jay), ganze Gespräche in Hip-Hop-Analogien führen kann und seine Rolle als „Jew with nothing to do“ nicht nach wirklicher Identifikation oder Ernsthaftigkeit verlangt. Die Frau, die er dann bei einer Schicksalsbegegnung, wie sie nur romantische Komödien hervorbringen, kennenlernt, ist natürlich keine Jüdin. Dafür aber ist Amira (Lauren London) ganz auf seiner Linie: stylish, scharfzüngig, smart und - das für den Film entscheidende Detail – schwarz.

Mit dem ersten Date ist die Sache eigentlich klar: Amira und Ezra gehören zusammen. Das reicht allerdings nicht, denn für eine lebenslange Bindung müssen nicht nur Ezra und Amira, sondern auch die Familien und im weiteren Sinne das schwarze und das jüdische Amerika miteinander vermählt werden.

Doch bevor das Liebespaar, das zusammengehört, auch zusammenkommt, gilt es erst einmal die Familien kennenzulernen, die sich alle Mühe geben, das zusammenzuwerfen, was nicht zusammengehört. Einige unangenehm komische Treffen und ein missglücktes Kennenlern-Dinner später sieht das Paar hilflos dabei zu, wie die Eltern den Genozid an ihren Vorfahren für den persönlichen Wettbewerb um die moralische Oberhand ausschlachten.

Auf die Hautfarbe festgenagelt

Unter den Elternpaaren geben Eddie Murphy und Julia Louis-Dreyfus als Familienoberhäupter jeweils den Ton an, während Nia Long und David Duchovny für die ein oder andere Pointe einspringen. Mit den Comedy-Legenden an vorderster Front spielt der Film alle erdenklichen Kombinationen von Familienzwist und Clash der Kulturen durch. Während die jüdische Schwiegermutter Shelley (Dreyfus) nicht umher kann, ihrer Schwiegertochter paternalistische Verbrüderungs- und Verständnisphrasen an den Kopf zu werfen und sie entsprechend immer wieder auf die Attribute ihrer Hautfarbe festnagelt, schickt Schwiegervater Akbar (Murphy) seinen weißen Schwiegersohn bei jeder Gelegenheit durchs Minenfeld des afroamerikanischen Lebens. Anders ausgedrückt: Mutter und Schwiegertochter übernehmen die „cringe comedy“, Vater und Schwiegersohn toben sich mit derben Ethno-Humor-Eskapaden aus.

Der Humor taucht tief in den Zeitgeist

Das Drehbuch von Jonah Hill und Regisseur Kenya Barris zeigt eine deutliche Schlagseite zum Ethno-Humor. Der Humor hat wenig Angst, sich an überhitzten Debatten aufzuhängen und seine Widerhaken tief in den Zeitgeist zu tauchen. Das meiste davon ist sichtbar um die ungleichen Duelle zwischen Jonah Hill und Eddy Murphy konstruiert. Abseits der Spitzen des cleveren, aber nicht allzu austarierten Schlagabtausches gibt es aber wenig zu sehen. In gewisser Weise ist „You People“ eine abgeklärtere Variation von „The Week Of“, der das exakt gleiche Szenario deutlich bescheidener und mit Blick auf Zwischenräume und Nebenfiguren vom Kollektiv her durchspielt und damit nicht nur eine demokratischere Version einer zankenden USA präsentiert, sondern auch deutlich mehr bespielbaren Raum ermöglicht.

Für „You People“ hingegen scheint das, was nicht zum zeitgeistig Komischen, zeitgeistig Unangenehmen oder unangenehm komischen Zeitgeistigen gehört, eher notdürftig aufgetragener Kit zu sein, der das Format der romantischen Komödie zusammenhält. Am Ende gehen dem Film dann die Wellnesstage, Basketballspiele in der Hood, Ausflüge in den Barbershop und Junggesellinnenabschiede aus, und zwei US-amerikanische Communities treten gemeinsam vor den Altar. Das ist in den entscheidenden Moment sentimental genug, aber es bleibt eine Zweckehe.

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