Action | USA/Großbritannien 2024 | 139 Minuten

Regie: Matthew Vaughn

Eine Schriftstellerin gerät in ein Komplott, das scheinbar aus einem ihrer Agentenromane stammt. Zunächst glaubt sie, dass ihre Bücher seherische Kräfte besitzen, doch auf der Flucht stellt sie fest, dass ihre Verstrickungen mit einer Spionage-Organisation größer sind als gedacht. Actionfilm mit parodistischen Zügen, der von spektakulären Schauplätzen und Actionsequenzen lebt, sich mit dick aufgetragenen Wendungen aber selbst nicht so ernst nimmt. Was als originelles Spiel zwischen Wahrheit und Fiktion beginnt, gerät wegen der polternden Inszenierung und einer immer konfuseren Handlung zu einem leeren, mechanischen Spektakel. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ARGYLLE
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Apple Studios/Marv Films
Regie
Matthew Vaughn
Buch
Jason Fuchs
Kamera
George Richmond
Musik
Lorne Balfe
Schnitt
Tom Harrison-Read · Lee Smith
Darsteller
Henry Cavill (Agent Argylle) · Bryce Dallas Howard (Elly Conway) · Sam Rockwell (Aiden) · John Cena (Wyatt) · Bryan Cranston (Ritter)
Länge
139 Minuten
Kinostart
01.02.2024
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Action | Thriller
Externe Links
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Parodistischer Actionfilm um eine Schriftstellerin, die in ein Komplott gerät, das aus einem ihrer Agentenromane zu stammen scheint.

Diskussion

Die quietschbunten Settings, durch die sich Argylle (Henry Cavill) bewegt, wirken so unecht wie er selbst. Zu steif ist der Superagent in seiner betonten Coolness, und sein Bürstenschnitt mit ausgestellten Geheimratsecken zu sonderbar, um ihn als Helden ernst nehmen zu können. Bevor Regisseur Matthew Vaughn sein Spiel mit Klischees aus Agentenfilmen zum Stilprinzip erhebt, stellt er sie erstmal in ihrer Formelhaftigkeit aus.

Dass man sich in diese Welt voller übertriebener Action und hölzerner Figuren nicht einfühlen soll, hat damit zu tun, dass sie auch im Film Fiktion ist. Denn nachdem Argylle seine aufreizende Widersacherin (Dua Lipa) zum Tanz gebeten und sich anschließend mit ihr eine comicartig überzeichnete Verfolgungsjagd geliefert hat, wird die Geschichte als neuester Band einer Bestseller-Reihe entlarvt.

Zwischen Fiktion und Wirklichkeit

Die unscheinbare Autorin Elly Conway (Bryce Dallas Howard) könnte sich von ihrem Romanhelden kaum stärker unterscheiden. Als Workaholic und Stubenhockerin verbringt sie am liebsten Zeit mit ihrer zickigen Katze Alfie. Bis sie sich während einer Zugfahrt plötzlich in einem ihrer Romane wiederfindet. Der geschwätzige Sitznachbar Aidan (Sam Rockwell) tritt dabei als glanzlose Real-Version von Argylle auf und muss sie vor einer Horde Killer retten. Anschließend versucht er Elly zu erklären, dass ihre Bücher seherische Fähigkeiten haben. Nicht nur die Machenschaften eines realen Spionagekartells tauchen darin auf, sondern auch seine Jagd nach einem wertvollen Datenträger.

Solange sich die Handlung im Graubereich zwischen Fiktion und Wirklichkeit bewegt, schafft „Argylle“ einen originellen Zugang zu bewährten Erzählmustern. In einem Londoner Park muss die unter einer Schreibblockade leidende Elly aus dem Stegreif erst noch das Abenteuer erfinden, in das sie sich gleich stürzen muss. Durch die Unsicherheit baut der Film in diesem Moment gehörig Druck auf. Immer wieder schneidet er zwischen der grübelnden Autorin, dem Spionage-Bösewicht (Bryan Cranston), der sie wegen der aufkeimenden Idee überwacht, sowie dem auf seinen Einsatz wartenden Argylle hin und her, der seine Schöpferin ungeduldig anstarrt.

Als Ass im Ärmel erweist sich dabei auch Hauptdarstellerin Bryce Dallas Howard, die als ungeschickter Fremdkörper in die Verschwörung purzelt. Ihr sonst so biederer Alltag steht in direktem Kontrast zum reißerischen Plot, in den sie geraten ist. Statt Aidan in brenzligen Situationen sinnvoll zu unterstützen, wird sie von Überforderung und Hysterie übermannt.

Ständig die Seiten wechseln

Als großbudgetierter, sich selbst nicht sonderlich ernstnehmender Agentenquatsch macht „Argylle“ eine Weile durchaus Spaß. Mit seinen internationalen Schauplätzen und Actionsequenzen lebt er teilweise von den Schauwerten von Produktionen wie „Mission: Impossible“ und versucht zugleich eine Parodie davon zu sein. Die Wendungen sind so zahlreich und übertrieben, dass sie mit einem Augenzwinkern daherkommen. Wenn ständig neue Geheimnisse enthüllt sowie Seiten und Identitäten gewechselt werden, gerät „Argylle“ aber durch diesen von ständigen Twists geprägten Selbsterhaltungstrieb in einen rein mechanischen Modus. Dazu passt auch, dass um den Film herum bereits ein ganzes Franchise angelegt ist, bei dem es auch Überschneidungen zu der ebenfalls von Matthew Vaughn inszenierten „Kingsman“-Reihe geben soll.

Durch die entschieden nach vorne preschende Handlung geraten bald auch einige der interessanteren Aspekte in den Hintergrund. So erweisen sich Ellys Bücher nicht als Prophezeiungen, sondern als fiktionalisierte Erfahrung. Die Autorin muss damit nicht mehr vorgeben, jemand anderes zu sein, sondern vielmehr die werden, die sie vor einer Gehirnwäsche bereits war. Die neue, blondiert-taffe und kampfsporterprobte Elly, die sich nun direkt ins Gefecht stürzt, nimmt man Bryce Dallas Howard allerdings nie so recht ab.

Der holprige Wandel weist aber auch auf ein tieferliegendes Problem bei der Regie hin. Vaughn beweist mit den richtigen Schauspielern zwar ein solides komödiantisches Timing und baut mitunter auch erfolgreich Spannung auf; insgesamt aber wirkt seine Inszenierung oft polternd und ein wenig penetrant. Die Actionszenen werden mit pumpenden Disco-Hymnen oder ironisch eingesetzten Liebesliedern untermalt, ohne dass sich daraus eine sinnvolle Symbiose ergeben würde. So als wolle man Action und Humor miteinander kurzschließen, ohne die passende Pointe zu finden. Spätere Extravaganzen wie eine als Tanz choreografierte Schießerei und eine Schlittschuhfahrt auf einem Ölteppich geraten trotz vielversprechender Idee äußerst fantasielos und werden von scheußlichen CGI-Effekten dominiert.

Ein aufgedonnertes Spektakel

Was als spielerischer Umgang mit dem Agentengenre beginnt, wandelt sich mehr und mehr zur reinen Parodie. Man sieht dabei nur noch Hüllen von Figuren, deren Handlungen egal sind. Das wirkt irgendwann so leer, dass man meint, gleich müsste das aufgedonnerte Spektakel noch ein weiteres Mal als Erfindung einer schüchternen Autorin entlarvt werden.

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