Was von der Liebe bleibt

Drama | Deutschland 2023 | 100 Minuten

Regie: Kanwal Sethi

Ein Türke und eine Kurdin leben in Berlin seit 15 Jahren zusammen. Sie haben eine Tochter und führen gemeinsam ein Café. Doch plötzlich wird die Frau ermordet und die Polizei verdächtigt sie, die kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt zu haben. Was als romantische, mit komplexen Rückblenden erzählte Liebesgeschichte mit aufgekratzten Dialogen und spielfreudigen Darstellern beginnt, mündet in ein beklemmendes Drama über den Verlust eines geliebten Menschen, der vielleicht ein Doppelleben geführt hat. Das eigentliche Thema des Films, Rassismus und Fremdenhass, wird aber zu kurz und lapidar angespielt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Rohfilm/ZDF
Regie
Kanwal Sethi
Buch
Kanwal Sethi
Kamera
Erik Molberg Hansen
Musik
Aaron Cupples
Schnitt
Simone Bräuer · Søren B. Ebbe
Darsteller
Serkan Kaya (Ilyas) · Seyneb Saleh (Yasemin) · Amira Demirkiran (Senna) · Olga von Luckwald (Miriam) · Sven Mattke (Anwalt)
Länge
100 Minuten
Kinostart
02.05.2024
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Beklemmendes Drama über die Ermordung einer kurdischen Café-Betreiberin, nach der ihr Mann nicht nur mit dem Verlust, sondern auch mit dem Verdacht der Ermittler ringt, dass die Tote ihm ein Doppelleben verheimlicht hat.

Diskussion

Die Kurdin Yasemin (Seyneb Saleh) und der Türke Ilyas (Serkan Kaya) sind seit 15 Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie in Berlin ein Café. Sie haben auch eine Tochter namens Senna (Amira Demirkiran). Später erfährt man in Rückblenden, wie sie sich auf einem Spree-Dampfer kennengelernt haben. In frechen, präzise geschriebenen Dialogen necken sie sich und loten so trotz der großen Unterschiede zwischen ihnen ihr Interesse füreinander aus. Yasemin ist temperamentvoll und risikofreudig, Ilyas sensibel und zurückhaltend.

Trotz allem sind sie ein Paar, das sich ergänzt und immer wieder zusammenrauft. Doch plötzlich ist Yasemin tot, erschossen in ihrem Café. Das ist auch für die Zuschauer ein Schock, weil das romantische Kennenlernen mit den pfiffigen Screwball-Elementen ein so abruptes, und mit dem später eingefügten Bild der blutüberströmten Toten auch ein so brutales Ende nimmt. Für Ilyas bricht eine Welt zusammen. Er muss sich fortan allein um Senna kümmern und das Café weiterführen, dessen Eröffnungsfeierlichkeiten so fröhlich und verheißungsvoll waren.

Figuren mit Ecken und Kanten

Doch es kommt noch schlimmer. Zunächst verdächtigt die Polizei Ilyas der grausamen Tat. Dann kommen Gerüchte auf, dass Yasemin ein Doppelleben geführt und die kurdische Arbeiterpartei PKK finanziell unterstützt haben soll. Hat Ilyas die Frau, die er so sehr geliebt hat, wirklich gekannt?

„Was von der der Liebe bleibt“ ist in fünf Kapitel eingeteilt, die mit „Heimat“, „Fremde“, „Zweifel“, „Tod“ und „Liebe“ überschrieben sind. Der indischstämmige Regisseur Kanwal Sethi beleuchtet mit einer verschachtelten Rückblendenstruktur das Geschehen aus mehreren Perspektiven und führt gleichzeitig die Gegenwartshandlung fort. Immer wieder kehrt er zu Szenen zurück, die man schon kennt, und ergänzt sie so durch kleine Facetten. Das führt besonders beim romantischen Kennenlernen der beiden dazu, dass sich die Charaktere immer stärker herausbilden. Yasemin und Ilyas sind lebensechte Figuren mit Ecken und Kanten, die ihren Alltag mit seinen Herausforderungen gemeinsam meistern.

Für die Arbeit der Polizei gibt der Film hingegen keine inhaltlichen Anhaltspunkte. Eine Hausdurchsuchung ist ebenso willkürlich wie die Überprüfung der Bankkonten; Mutmaßungen und Unterstellungen sind aus der Luft gegriffen. Auch für den politischen Hintergrund findet der Film keine Erklärungen; die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe reicht hier schon für eine Schuldzuweisung. Die Fahndung nach dem Mörder von Yasemin gerät so mehr und mehr aus dem Fokus. Das wirkt fast so, als hätte die Lösung des Falls den Regisseur nicht mehr interessiert. Für den Zuschauer ist das mitunter irritierend, weil er über den Kern der Geschichte lange Zeit im Unklaren gelassen wird.

Erzählerische Ambivalenz

Das eigentliche Anliegen von „Was von der Liebe bleibt“ wird erst am Schluss lapidar in einer Schrifttafel angedeutet: 235 Ausländer seien in Deutschland aus fremdenfeindlichen Motiven getötet worden. Fremdenhass ist also das Thema, sowohl in den Behörden, die viel zu lange in die falsche Richtung ermitteln, weil die Wahrheit zu unbequem ist, als auch im privaten Alltag, der durch Vorurteile und Intoleranz geprägt ist. Einmal wirft ein Junge mit einem Stein die Scheibe des Cafés ein und läuft rasch davon. Ein Streich? Oder eine rassistisch motivierte Tat? „Was von der Liebe bleibt“ vertieft sich allzu sehr in seine erzählerische Ambivalenz. Die Unfassbarkeit der Gewalttat wird dadurch nicht fassbarer.

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