Peter Doherty - Stranger in My Own Skin

Dokumentarisches Porträt | Großbritannien 2021 | 92 Minuten

Regie: Katia de Vidas

Mit seiner Band „The Libertines“ war der Musiker Peter Doherty Anfang der 2000er-Jahre auf dem Sprung an die Spitze der Brit-Pop-Szene. Doch der Sänger bekam seine Drogenprobleme auch nach mehreren Entziehungskuren nicht in Griff. Der außergewöhnliche Dokumentarfilm porträtiert den vielseitigen Künstler im Kampf gegen seine Sucht sowie gegen seine Ängste und Dämonen. Dabei nutzt der Film auch Konzert-Mitschnitte und Aussagen von Weggefährten, kreist primär aber um Dohertys Alltagsleben, das seine Lebensgefährtin im gemeinsamen Alltag mit der Kamera gefilmt und in ein überaus intimes Porträt verwandelt hat. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
STRANGER IN MY OWN SKIN
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Federation Studios/Wendy Prod.
Regie
Katia de Vidas
Buch
Katia de Vidas
Kamera
Katia de Vidas
Schnitt
Paco Sweetman
Länge
92 Minuten
Kinostart
16.11.2023
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarisches Porträt
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Intime Langzeit-Doku über den britischen Musiker Pete Doherty.

Diskussion

Sie waren drauf und dran, zu Stars des britischen Independent-Pop zu werden. Als die Band „The Libertines“ 2002 ihr Debütalbum „Up the Bracket“ auf den Markt brachte, waren Kritiker und Musikfans gleichermaßen begeistert. Alles sprach dafür, dass das Quartett aus London bald in einer Reihe mit anderen Gitarren-Bands wie „The Smiths“ oder „Oasis“ stehen würde. Doch schon nach dem zweiten Album „The Libertines“ war das Projekt am Ende. Die Drogenexzesse des charismatischen Sängers und Gitarristen Peter Doherty machten eine weitere Zusammenarbeit unmöglich.

Doherty aber hielt das nicht davon ab, mit den „Babyshambles“ kurz darauf eine neue Band zu gründen und zahlreiche Solo-Projekte zu verfolgen. Um seine Sucht, die ihn mehrfach auch vor Gericht brachte, in den Griff zu bekommen, unterzog er sich mehreren Entziehungskuren, die er jedoch meist nach kurzer Zeit wieder abbrach. Mitte der 2000er-Jahre tauchte der exzentrische Musiker auch regelmäßig in der Boulevard-Presse auf, als er mit dem Supermodel Kate Moss liiert war.

Die Kamera läuft mit

Der Film „Peter Doherty - Stranger in My Own Skin“ entwirft kein herkömmliches Musiker-Porträt mit Konzertausschnitten, Interviews und wohlmeinenden Statements von Weggefährten. Solche Elemente kommen zwar vor, sind aber kaum mehr als Randerscheinungen. Denn in erster Linie handelt es sich hier um eine sehr intime Langzeitbeobachtung, die sich vor allem dem Umstand verdankt, dass die Filmemacherin Katia de Vidas Dohertys Lebensgefährtin ist. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hat sie rund 200 Stunden Material gedreht und dabei die Kamera im Alltag des Paares anscheinend oft einfach mitlaufen lassen.

Der Film ist weitgehend chronologisch angelegt. Zu Beginn sieht man Bilder aus Dohertys Familienalbum. Da der Vater Offizier beim britischen Militär war und öfters versetzt wurde, lebte die Familie meist in Kasernen im In- und Ausland. Im Film beschreibt Doherty seine Kindheit als wenig glücklich, da auch zuhause ein eher militärisches Reglement geherrscht habe. Überhaupt spielt die (Nicht-)Beziehung zum Vater, der in Pete Doherty nur einen Versager sah, eine große Rolle, ohne dass dies küchenpsychologisch zur Ursache für alle Probleme des Sohnes gemacht würde. Gegen Ende des Films ist die schwierige Vater-Sohn-Beziehung Gegenstand einer anrührenden Szene.

Ängste und Dämonen

Den Großteil des Films machen jedoch Sequenzen aus, die Doherty privat und zuhause zeigen. Nahezu ständig in Bewegung, schrammelt er Akkorde auf der Gitarre, malt und schreibt Notizen oder Gedichte in irgendwelche Kladden. Dabei spricht er von seinen Ängsten und Dämonen, die ihn in seinen Träumen heimsuchen. Bisweilen haben diese Ängste ganz reale Ursachen. Etwa die vor dem nächsten Gerichtstermin oder einem weiteren Entzugsversuch. Meist scheint Peter Doherty Selbstgespräche zu führen. Nur manchmal hört man die Filmemacherin/Lebensgefährtin, wie sie aus dem Off eine Frage stellt. Ob er Angst vor dem Tod habe? „Nein. Nur vor dem ganzen Rest.“

Einmal gibt es eine irritierende Szene, in der er darum bittet, die Kamera abzustellen. De Vidas stimmt zu, nimmt aber heimlich weiter auf. Auch wenn dann kaum Intimeres erzählt wird als während des restlichen Films, stellt dies doch einen markanten Vertrauensbruch dar. Später scheint Doherty aber offensichtlich nichts dagegen gehabt zu haben, diese Szene im Film zu belassen.

Die letzten zehn Minuten bestehen aus Momenten eines Videotagebuchs, das Doherty während seiner zehnmonatigen Entziehungskur in Thailand geführt hat; um diesen Aufenthalt zu finanzieren, musste er zuvor viele Bilder und einige seiner Gitarren versteigern.

Gelegentlich blitzt Humor auf

Der Dokumentarfilm ist ein sehr intimes Porträt eines begabten Künstlers, der vergeblich gegen seine Drogensucht kämpft und dabei oft zwischen Euphorie und Depressionen schwankt, wobei zwischendurch aber gelegentlich auch seine humorvollen Seiten aufblitzen.

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