Chicken Run: Operation Nugget
Knetanimation | Großbritannien/USA/Frankreich 2023 | 97 Minuten
Regie: Sam Fell
Filmdaten
- Originaltitel
- CHICKEN RUN: DAWN OF THE NUGGET
- Produktionsland
- Großbritannien/USA/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2023
- Produktionsfirma
- Aardman/Netfix/Pathé
- Regie
- Sam Fell
- Buch
- Karey Kirkpatrick · John O'Farrell · Rachel Tunnard
- Kamera
- Charles Copping
- Musik
- Harry Gregson-Williams
- Schnitt
- Stephen Perkins
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 8.
- Genre
- Knetanimation | Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Zweites Abenteuer der rennenden Hennen nach über 20 Jahren: Nach ihrer Flucht vom Bauernhof hat das Federvieh in einem Vogelschutzgebiet sein Glück gefunden, doch durch ein erlebnishungriges Junghuhn gerät die Truppe in neue Abenteuer.
Es war damals schon ein Husarenstück, als sich Ginger, Rocky und all die anderen Hühner und Hähne aus dem Moloch ihrer Hühnerfarm befreiten. Weg vom Joch der drakonischen Despotin Mrs. Tweedy, die zusammen mit ihrem tumben Mann in dem buchstäblichen Knast ein Regiment führte, das man keinem eierlegenden Flügelvieh wünschen möchte! Wer nicht legt, der fliegt, und zwar in Richtung Fastfood-Verarbeitung. Nach dem geglückten Ausbruch in „Chicken Run – Hennen rennen“ (2000) ist nunmehr Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung im Vogelschutzgebiet eingekehrt. Und so landet nun jedes Ei nicht im Kuchen, sondern im Stroh zum Brüten… Schwupps ist Molly geboren. Ganz Mutter Ginger, was Selbstbewusstsein und Rebellentum betrifft. Ganz Vater Rocky, wenn es ums Draufgängerische geht. Die explosive Kombination ist zwar im Sandkasten noch ganz putzig, doch als sich die Pubertät einstellt, kann das die Eltern, die einst auch mal so waren, ganz schön nerven.
Ein Junghuhn auf Abwegen
Und nochmal schwupps ist Molly über alle Berge, denn wer will schon auf der Farm der „piefigen“ Eltern dezidiert kein Abenteuer erleben? Umso besser, dass das Junghuhn auf der Suche nach Spaß und Selbstverwirklichung die gleichaltrige Seelenverwandte Frizzle kennenlernt. Zusammen mit ihr geht es in den Vergnügungspark. Oder zumindest scheinen die „Fun-Land Farms“ einer für Federvieh zu sein. Eine Art Schlaraffenland mit genügend Auslauf, unbegrenzt Futter – sogar Popcorn! – und Zerstreuung, und, wenn man sich hineinschmuggelt, alles für umsonst und ohne piepsendes Halsband.
Ginger und Rocky machen sich derweil Sorgen, und zusammen mit dem alten Kern-Team von damals, um die Hennen Babs und Bunty sowie die Ratten Nick und Fetcher, auf die Suche. Nicht zu Unrecht, denn die Leiterin des „Spaßbetriebes“ der Fun-Land Farms ist keine andere als Mrs. Tweedy. Die hat mit dem Wissenschaftler Dr. Fry einen neuen, genialen, aber nicht minder nerdigen Lebensgefährten, der ein perfides Konzept entwickelt hat, mit dem man aus angstfrei lebenden Hühnern zartere und wohlschmeckendere Knusper-Nuggets denn je frittieren kann.
Routine hat sich eingeschlichen
Die Zeiten sind längst vorbei, dass das britische Produktionsstudio Aardman bahnbrechend animierte und mit viel schwarzem britischem Humor gewürzte Kurzfilme umsetzte und mit dem Traumpaar „Wallace und Gromit“ gleich drei „Oscars“ einheimsen konnte. Inzwischen laufen die Mini-Episoden von „Shaun dem Schaf“ als Pausenfüller oder Pointengeber im Kinderfernsehen, und aus der erfrischenden Innovation ist Routine geworden.
2000 gelang Aardman Animation um Kreativ-Kopf Nick Park nach all den großartigen Kurzfilmen mit „Chicken Run“ eine unterhaltsame, weil vor allem mit den gackernden Knetfiguren brillant gestaltete Variation des klassischen Gefängnisausbruch-Subgenres. Doch 23 Jahre später und nach Langfilm-Highlights wie „Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen“ oder „Shaun das Schaf – Der Film“ hat sich auch hier Routine eingeschlichen. Die Folge: weniger Erfolg, weniger Qualität.
Das merkt man nicht nur an der „Normalisierung“ von Bildgestaltung und Montage. Ein Markenzeichen von Aardman war und ist die handwerkliche Fähigkeit, Knetfiguren so realistisch zu animieren, dass man schon bald vergisst, dass es sich hier um „tote Materie“ handelt. Nicht nur das: die künstlerische Ausarbeitung, die nicht auf Lebensechtheit abzielt, sondern durch Abstraktion die wesentlichen Charaktereigenschaften der Figuren herausarbeitet, führt in der Animation immer wieder zu Bilderfolgen, die in ihrer pointierten Auflösung zu einem überwältigenden Bildwitz führen, der ebenso Staunen wie Lachen hervorruft.
In ihrem „Follow up“ von „Chicken Run - Hennen Rennen“, der quasi direkt an den 23 Jahre alten Vorgänger anschließt, ist es bezeichnend, dass alle neu hinzuerfundenen Figuren nicht nur vom Charakter-Design „Business as Usual“ sind. Blass bleibt auch die gesamte Animations-Dramaturgie, die zwar Bewährtes wie abenteuerlich konstruierte, knarzende und klingende Wimmelbild-Maschinen bietet, an denen man sich kaum sattsehen kann. Aber alles ist eher brav und konform. Was fehlt, ist der subversive, aushebelnde Aardman-Geist. Die Geschichte plätschert so dahin, und Ginger geriert sich mit Superheldenattitüde eher überheblich als weiblicher Tom Cruise denn als die schrullige Henne von nebenan mit Mission. Auch die Moral ist diesmal eigentümlich zeitgeistig und brav. Nix mehr mit britischem Humor, den man so verstehen kann, aber auch anders. Hier wird eindeutig „radikal-vegan“ argumentiert, wenn mit den „Fun-Land Farms“ implizit auch gegen all die Bio-Höfe geschossen wird, die „dem Fleischlieferanten“ noch ein „schönes Leben“ bietet, bevor es ab in die Fritteuse geht. Hühnertod ist eben Hühnertod.
Dieser Art Argumentation muss man wohl begegnen, wenn man zum oder nach dem „Filmspaß“ mit den Kleinen die (Bio-)Chicken-McNuggets mit Fritten futtern geht.