Action | USA 2024 | 436 (8 Folgen) Minuten

Regie: Kevin Tancharoen

Nachdem sein Vater von einem mysteriösen Attentäter erschossen wird, reist der Kronprinz einer taiwanesischen Triaden-Gang nach Kalifornien, um seine Mutter und seinen Bruder zu beschützen. Seine Rückkehr bringt nicht nur das Leben der Familie, sondern auch deren kulturelle Wurzeln durcheinander. Als gleichermaßen blutige wie komische Kollision von Triaden-Traditionen und asiatisch-amerikanischer Kultur punktet die Serie nicht zuletzt dank der sorgfältigen Inszenierung ihrer bunten Action-/Comedy-Miniaturen, verliert das eigene Momentum aber ein wenig im allzu verschlungenen Plot. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE BROTHERS SUN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Brad Falchuk Teley-Vision/Netflix
Regie
Kevin Tancharoen · Viet Nguyen
Buch
Byron Wu (Serienschöpfer) · Brad Falchuk (Serienschöper)
Kamera
C. Kim Miles · Andrew Mitchell
Musik
Nathan Matthew David · Nick Lee
Schnitt
Ryan Chan · Evita Yuepu Zhou
Darsteller
Michelle Yeoh (Eileen ''Mama'' Sun) · Justin Chien (Charles Sun) · Sam Song Li (Bruce Sun) · Highdee Kuan (Alexis) · Joon Lee (TK)
Länge
436 (8 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Action | Drama | Komödie | Serie
Externe Links
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Triaden-Tradition trifft auf US-Alltag: Eine actionreiche, komödiantische Serie um einen taiwanesischen Gangster, der in die USA kommt, um seine dorthin emigrierte Mutter und seinen jüngeren Bruder zu schützen.

Diskussion

Die Mutter ist nicht daheim, also bricht Charles (Justin Chien) die Hintertür auf. In der Küche angekommen, zieht er brav die Schuhe aus, stellt die taiwanesischen Backwaren auf den Tisch, für die er noch einen Umweg von seiner Taipeh-Los-Angeles-Reise eingelegt hat. Der Mann, der ihm seit der Landung folgt, hält sich nicht mit derartiger Etikette auf. Er stürzt mit dem Messer in der Hand ins Haus. Der Kampf ist längst entschieden, als Mutter Eileen (Michelle Yeoh) zurückkehrt. Sie findet ihren Sohn rauchend am Küchentisch sitzend, zu seinen Füßen die Leiche des Attentäters. Sie umarmt ihren Sohn, drückt ihm einen Besen in die Hand, bereitet das Essen vor und beginnt anschließend, die Leiche zu zerteilen.

Die Suns sind eine Triaden-Familie. Das organisierte Verbrechen ist seit vielen Generationen Teil ihrer Tradition. Zugleich sind die Suns eine Migranten-Familie. Mutter Eileen floh mit dem jüngeren Sohn Bruce (Sam Song Li) in die Vereinigten Staaten, um ein Leben fernab von Gewalt und Verbrechen zu beginnen. Die klassischen Konflikte aber sind geblieben.

Bruce liebt das Improvisations-Theater, studiert aber Medizin, mehr wegen seiner Mutter als aus eigener Neigung. Traditionelle und moderne Lebensentwürfe stehen im Clinch, offen darüber gesprochen wird nicht. Bis der Sohn an diesem Morgen sein Zimmer verlässt, um seine Mutter in der Küche anzutreffen, während sie die Leiche eines Fremden zerstückelt. Das Triaden-Leben, das mit der Anwesenheit von Bruder Charles nach Los Angeles kommt, ist das Öl im Feuer der innerfamiliären Konflikte. Die Traditionen, die plötzlich wieder im Raum stehen, sind nicht Forderungen nach einem soliden Jobfundament, nicht mehr die Mah-Jongg-Abende der Mutter, das Essen und die Sprache daheim: es sind Sportwagen, Messerduelle, Triaden-Rivalen und eine namenlose Gruppe maskierter Mörder, die Jagd auf die Familie macht.

Zwischen fernöstlicher Gangsterkultur und modernem Nerdtum

„The Brothers Sun“ spielt den Konflikt einer Migrantenfamilie zwischen zwei Lebenswelten als Action-Komödie aus. Justin Chien übernimmt als Triaden-Kronprinz Charles den Action-Teil (und zeigt sich dabei als sensationeller Action-Newcomer), Sam Li setzt die komödiantischen Konterpunkte, Michelle Yeoh muss alles zusammenhalten. Die Showrunner Byron Wu und Brad Falchuk spielen das Aufeinanderprallen der Welten in Nachtclubs, auf dem Uni-Campus, beim Mah-Jongg-Abend und in Triaden-Gipfeltreffen aus, immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, fernöstliche Gangsterkultur an modernem Nerdtum zu reiben, um neue Töne einzubringen. 

Am besten ist „The Brothers Sun“ dort, wo der Konflikt kleine, bunte und wilde Miniaturen hervorbringt. Wenn Charles’ Kampfkünste in beachtlich komplex choreografierten Szenen auf die Unterwelt losgelassen werden, wenn die Familie Freunde und Triaden-Mitstreiter am Essenstisch versammelt, wenn man gemeinsam in der Villa von John Cho Refugium sucht, wenn ein Bruder den anderen Bruder vor den in T-Rex-Kostümen verkleideten Rivalen zu warnen versucht; kurzum: dort, wo genug Raum ist, die Scherben des kulturellen Zusammenpralls auf immer neue Arten miteinander zu verkleben.

Von Kulturhybrid-Komik zum Familiendrama

Die Pflicht, die frei assoziierten oder miteinander verschränkten Versatzstücke von Triaden- und asiatisch-amerikanischer Kultur über acht Folgen hinweg zu einem mit Volten durchzogenen Plot zu formen, nimmt der Serie dann einen Großteil ihrer ursprünglichen Leichtigkeit. „The Brothers Sun“ arbeitet sich von der Kulturhybrid-Komik zum tragischen Bild einer zwischen zwei Welten zerrütteten Familie vor. Der Weg dahin, von der bunten Action-Komödie zum noch immer mit Action durchzogenen Familiendrama, ergibt sich natürlich, ist aber für das, was „The Brothers Sun“ am besten kann, eher ein Hemmschuh. Auch Michelle Yeoh ist als diejenige, die alles zusammenhalten muss, auf seltsame Art und Weise unterfordert – als Mutter wie auch als Frau, die gleichermaßen tief mit der fernöstlichen Heimat und der amerikanischen Westküste verwurzelt ist, wird sie allzu oft in Situationen gedrängt, wo sie gegen das eigene Stereotyp anspielen muss, die eigenen Söhne in Schach (oder am Leben) hält, beim Mah-Jongg-Abend an Überlebensstrategien für Familie und Gangster-Imperium bastelt und  immer wieder eine Gelegenheit findet, die Schludrigkeit der Söhne zu tadeln.

Das ist stimmig genug, aber hinterlässt schon auch ein wenig Sehnsucht danach, die Mutter, die nicht verhindern kann, dass die Triaden-Welt auf tragische Weise in ihr Refugium eindringt, häufiger befreit von der eigenen Pflicht zu sehen – inmitten der großen Momente des pop- und traditionskulturellen Scharmützels.

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