Boy Swallows Universe

Coming-of-Age-Film | Australien 2024 | 401 (7 Folgen) Minuten

Regie: Bharat Nalluri

Ein 13-jähriger Junge wächst in den 1980er-Jahren in einem Vorort von Brisbane in einem kleinkriminellen Milieu auf. Seinen alkoholkranken Vater hat er länger nicht mehr gesehen. Er lebt mit seinem älteren Bruder beim neuen Freund seiner Mutter, die mit Drogenproblemen kämpft. Dass dieser dealt und sich auf krumme Geschäfte einlässt, droht den kleinen Mikrokosmos des Jungen in Scherben zu schlagen. Eine auf einem semiautobiografischen Roman beruhende Coming-of-Age-Serie, deren Tonfall eher magisch-realistisch als schonungslos sozialdramatisch ist und auf die dysfunktionalen Erwachsenen mit ebenso empathischem Blick schaut wie auf die charismatischen jungen Protagonisten. Dennoch hätte das Sujet bisweilen mehr Härte und Abgründigkeit brauchen können. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BOY SWALLOWS UNIVERSE
Produktionsland
Australien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Anonymous Content/Brouhaha Ent./Chapter One/Hopscotch Features
Regie
Bharat Nalluri · Jocelyn Moorhouse · Kim Mordaunt
Buch
John Collee
Kamera
Shelley Farthing-Dawe · Mark Wareham
Musik
Johnny Klimek · Gabriel Isaac Mounsey
Schnitt
Jamie Pearson
Darsteller
Felix Cameron (Eli Bell mit 13) · Zac Burgess (Eli Bell mit 17) · Lee Tiger Halley (Gus Bell) · Phoebe Tonkin (Frances Bell) · Travis Fimmel (Lyle Orlik)
Länge
401 (7 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Coming-of-Age-Film | Drama | Literaturverfilmung | Serie
Externe Links
IMDb | JustWatch

Eine Coming-of-Age-Serie nach einem autobiografischen Roman um einen Jungen, der in den 1980er-Jahren in einem kleinkriminellen Milieu in Brisbane aufwächst und von besseren Zeiten für seine Familie träumt.

Diskussion

In einem wiederkehrenden Traum sieht der 13-jährige Eli (Felix Cameron) sein jüngeres Selbst und seinen älteren Bruder Gus (Lee Tiger Halley) auf dem Rücksitz eines Autos und durchs Weltall fliegen. Das ist ein magisches Bild, das der künstlerisch begabte Gus, der nicht redet, dafür aber umso intensiver malt, auf Papier gebannt hat. Eine Ausbruchsfantasie aus den niederdrückenden Verhältnissen, in denen sie aufwachsen? So scheint es, bis in einer späteren Folge deutlich wird, dass diese Fantasie tatsächlich in einer verdrängten Erinnerung wurzelt, die alles andere als traumhaft, sondern traumatisch ist.

Magischer Realismus statt Sozialdrama

Ganz auf den Boden der deprimierenden Tatsachen zurückholen kann aber auch diese Erkenntnis weder die Serie noch ihre jugendlichen Protagonisten. Die australische Coming-of-Age-Verfilmung nach dem semi-autobiografischen Roman von Trent Dalton hält für die beiden Heranwachsenden zwar viele Tiefschläge bereit, ist aber vor allem eine Feier jugendlicher Widerstandskraft. Der Blick auf Elis Lebenswelt und auf die dysfunktionalen Erwachsenen darin ist bis zum Ende magisch-realistisch. Charaktere wie Elis Mutter (Phoebe Tonkin), die mit Drogen kämpft und sich ständig an die falschen Männer hängt, ihren dealenden Lover Lyle (Travis Fimmel), Elis leiblichen Alkoholiker-Vater Robert (Simon Baker) und den Ex-Sträfling Slim (Bryan Brown), der so etwas wie ein Mentor für die Jungen ist, werden mit den liebevollen Augen betrachtet, mit denen auch Eli sie sieht. Die Nöte, in die die Jugendlichen meist durch die Schuld der Erwachsenen geraten, liefern weniger Anlass für die Schonungslosigkeit eine Sozialdramas als vielmehr eine Steilvorlage für Abenteuer.

Mitunter übertreiben es der Drehbuchautor John Collee und die Regisseur:innen Bharat Nalluri, Jocelyn Moorhouse und Kim Mordaunt damit auch; etwas mehr Schärfe und Abgründigkeit wäre dem Stoff durchaus angemessen gewesen. Angesiedelt ist die Serie in den 1980er-Jahren in einem Vorort von Brisbane und in einem Kleinkriminellen-Milieu, in dem jeder entweder schon mal im Knast war oder beste Aussichten hat, demnächst dort zu landen.

Der Crash ist vorprogrammiert

Zu Beginn befindet sich Elis kleiner Mikrokosmos – er lebt mit seiner Mutter Frances und Gus im Häuschen von Lyle – in einer prekären Balance, deren Instabilität für Eli indes bald ein steter Quell der Sorge wird. Mit Lyle, der ein freundlicher Kerl ist und geholfen hat, Frances von den Drogen fernzuhalten, kommen er und Gus gut aus. Doch seitdem Eli realisiert, dass Lyle in Drogengeschäfte verstrickt ist, schwant ihm, dass ihn dies und seine Familie früher oder später in Schwierigkeiten bringen könnte. Das sind, wie man als Zuschauer:in weiß, keine unbegründeten Ängste, da bereits im Prolog zu sehen war, dass Lyles Unternehmungen ein schlechtes Ende nehmen.

Und so ist es kein Wunder, dass trotz Elis Versuchen, Lyle bei seinen Dealereien zu unterstützen – was der Serie eine Steilvorlage für ein paar kuriose Intermezzi liefert –, irgendwann der berüchtigte Killer Ivan (Christopher James Baker) in die Wohnung platzt und Eli und Gus ihr Kleinfamilienleben aufs Brutalste in Scherben gehen sehen. Sie selbst zerbrechen daran aber nicht. Immerhin haben sie sich ja gegenseitig. Außerdem hat Gus seine Malerei als Ausdrucksmittel und Eli den brennenden Wunsch, das Leid, das der Familie angetan wurde, nicht auf sich beruhen zu lassen. Aus diesem Wunsch erwächst später dann der Ehrgeiz, Journalist zu werden.

Märchenhafte Wendungen

Lebhaft gezeichnete Figuren, allen voran der vom jungen Hauptdarsteller Felix Cameron mitreißend gezeichnete Eli, und eine Dramaturgie, die eher humorvoll gezeichnete Episoden aus dem holprigen Alltag der Jungen in tragisch-traumatische Höhe- und Wendepunkte münden lässt, ergeben über weite Strecken eine höchst kurzweilige, wenngleich angesichts des Stoffes mitunter fast zu leichtherzige Mischung.

Erst gegen Ende, nach einem Zeitsprung in Elis 17. Lebensjahr, kommt „Boy Swallows Universe“ aus dem Tritt und sucht sein Heil allzu forciert in fast märchenhaften Wendungen, anstatt der Serie parallel dazu, dass der kindliche Blick des Protagonisten dem der Reife und Erfahrung zu weichen beginnt, etwas mehr Bodenhaftung zu geben.

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