Der Freund (2007)

- | Schweiz 2007 | 87 Minuten

Regie: Micha Lewinsky

Ein schüchterner junger Mann, der eine Pop-Sängerin anhimmelt, geht auf deren dubiosen Vorschlag ein, sich ihm Falle ihres vorzeitigen Ablebens in ihrem Familienkreis als ihr Freund auszugeben. Als das Unerwartete eintritt, kommen auf den "Freund" eine Menge Probleme zu, zumal er sich in die Schwester der Toten verliebt, die den wahren Hintergrund der "Freundschaft" nie erfahren soll. Sympathische melancholische Komödie nach einem traumhaft sicher konzipierten Drehbuch, die zwar inszenatorisch nicht allzu viel wagt, sich aber stets auf ihre überzeugenden Darsteller verlassen kann. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Langfilm
Regie
Micha Lewinsky
Buch
Micha Lewinsky
Kamera
Pierre Mennel
Musik
Marcel Vaid
Schnitt
Marina Wernli
Darsteller
Philippe Graber (Emil) · Johanna Bantzer (Nora) · Andrea Bürgin (Maria) · Michel Voïta (Jean-Michel) · Emilie Welti (Larissa)
Länge
87 Minuten
Kinostart
06.01.2011
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Diskussion
Der Schweizer Filmpreis 2008 hat einen Favoriten: Gleich vier Nominierungen erhielt „Der Freund“, das Regiedebüt von Drehbuchautor Micha Lewinsky, dessen Talent u.a. durch die Erfolgskomödie „Sternenberg“ (2004) ins Rampenlicht geriet. Vier Nominierungen – angesichts der Tatsache, dass Konsensfähigkeit in der Schweizer Filmindustrie als große Qualität gilt, mag diese Ballung nicht überraschen. Lewinskys „Der Freund“ ist ein schönes Beispiel für jene Schweizer Filme, auf die man sich leicht einigen kann. Der Film ist gut, herzig, durchaus auch berührend, allerdings ohne dabei viel zu wagen. Wie von Lewinsky nicht anders zu erwarten, hält das Drehbuch ein gewohnt hohes Niveau. Gebaut wird auf eine starke Ausgangslage, die den Zuschauer sofort in die Geschichte hineinzieht. Emil, ein schüchterner junger Mann, hört sich die Musikerin Larissa Mahler regelmäßig live an. Die Sängerin und ihre Songs haben sein Herz erobert. Eines Tages, nach zahlreichen gescheiterten Annährungsversuchen, spricht Larissa Emil plötzlich an und bittet ihn, ihr Freund zu sein. Genauer gesagt: Bei einem unzeitigen Ableben Larissas solle sich Emil bei ihren Eltern als ihr Freund ausgeben. Es kommt, was kommen muss: Larissa stirbt an einem Stromschlag aus einer elektrischen Gitarre. So wird Emil, der Larissas Freund im Leben sein wollte, nun ihr Freund im Tod. In der gemeinsamen Trauer kommt er Larissas Familie näher, insbesondere ihrer Schwester Nora. Während die beiden sich verlieben, lastet die Hypothek von Larissas letztem Wunsch schwer – nie darf Nora erfahren, unter welchen Umständen Emil in ihr Leben trat. Von der Geschichte her könnte „Der Freund“ eine Komödie sein, als fertiges Werk liegt der Film jedoch viel näher bei einem Drama. Nicht unbedingt Humor, sondern Gefühle und Stimmungen stehen im Zentrum der Erzählung. Besonders berührend ist der Held Emil, von Philippe Graber sehr schön verkörpert, dessen charmante Unsicherheit direkt berührt. Emil bewegt sich zwar in den richtigen, trendig-alternativen Zürcher Lokalitäten (Club Helsinki); als steter Außenseiter bleibt er jedoch auch an diesen In-Orten völlig „uncool“. Als veritabler Gegenpol steht ihm da die von Emilie Welti verkörperte Sängerin Larissa gegenüber, ein direktes Abbild der Schauspielerin, die unter dem Pseudonym Sophie Hunger auch im wahren Leben Erfolge in der Popszene feiert. Dass „Der Freund“ aber nicht Larissas, sondern Emils Geschichte erzählt, ist nicht erstaunlich. „Coole“ Helden mit außergewöhnlichen Biografien sind im Schweizer Kino keine Trendware; Kammerspiel-Dramen dagegen, am liebsten zu den Themen Liebe und Tod und visuell ja nicht zu experimentell, gelten als sichere Bank, nicht zuletzt im Rennen um den Schweizer Filmpreis. Das Andere, das Störende sogar – es fristet in der helvetischen Filmszene ein unrühmliches Schattendasein. Natürlich kann dies Micha Lewinsky und seinem Film nicht vorgeworfen werden. Mit seinem Regiedebüt hat der begnadete Drehbuchautor einen empfehlenswerten, schönen, allerhöchstens etwas allzu netten Film ins Kino gebracht.
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