Italy, Love It or Leave It

Dokumentarfilm | Italien/Deutschland 2011 | 75 Minuten

Regie: Gustav Hofer

Unterhaltsamer Dokumentarfilm über Italien, aufbereitet als Road Movie, in dem sich die beiden Filmemacher selbst als streitsüchtiges Paar inszenieren, das das Land bereist und temperamentvoll über Vorzüge und Probleme der italienischen Lebensart sowie politischer und wirtschaftlicher Bedingungen diskutiert. Ein amüsant-kurzweiliges und dabei zugleich sehr differenziertes Porträt des Landes und seiner Bewohner. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
ITALY, LOVE IT OR LEAVE IT
Produktionsland
Italien/Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
HIQ Prod./NDR-ARTE/WDR/RAI 3
Regie
Gustav Hofer · Luca Ragazzi
Buch
Gustav Hofer · Luca Ragazzi
Kamera
Michele Paradisi
Musik
Santi Pulvirenti
Schnitt
Desideria Rayner
Länge
75 Minuten
Kinostart
04.10.2012
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Der Zeitpunkt scheint günstig. Da Gustav Hofer und Luca Ragazzi aus ihrer Wohnung in Rom ausziehen müssen, könnten sie doch auch gleich das Land wechseln. Schließlich hegt der Tiroler Gustav, genervt von den italienischen Verhältnissen, schon lange den Wunsch, nach Berlin umzuziehen. Natürlich nur zusammen mit seinem Lebensgefährten Luca. Doch der gebürtige Römer mag nicht so recht und schlägt seinem Freund einen Deal vor. Sechs Monate lang will er mit ihm durchs Land fahren, um ihn zu überzeugen, dass es in Italien doch am schönsten ist. Eine abstruse Abmachung, um eine Entscheidung über den Wohnort herbeizuführen, aber eine wunderbare Vorlage für einen kurzweiligen Dokumentarfilm über Italien im Jahre 2011 mit den beiden Filmemachern als Protagonisten. Natürlich findet die Rundreise stilecht in einem betagten Cinquecento statt. Die erste Station des Road Movies ist denn auch das riesige Fiat-Werk in Turin, wo eine Arbeiterin über sinkende Löhne bei steigendem Produktivitätsdruck klagt. Die Angestellten des traditionsreichen Espressokannen-Herstellers Bialetti haben ihren Arbeitskampf bereits verloren. Die Produktion wurde aus Kostengründen nach Rumänien verlegt. Die Freunde beschließen deshalb kurzerhand, George Clooney in dessen Villa am Comer See einen Besuch abzustatten und ihn zu fragen, warum er für ein Konkurrenzprodukt von Bialetti Werbespots drehte. Doch der Hausherr ist nicht daheim. Er sei in „Ollywuut“, lässt eine näselnde Frauenstimme durch die Sprechanlage wissen. Aber sonderlich ernst war dieser Besuch ohnehin nicht gemeint. Wie auch die Haltung des Duos auffallend entspannt ist, obwohl man überall im Land auf Probleme stößt: Müllberge in Neapel, die Mafia auf Sizilien, absurde Neubau-Ruinen in einer Stadt, in der man mit öffentlichen Geldern ein Dutzend Großbauten in Angriff nahm, aber nie fertig stellte. Darunter ein Polo-Stadion, obwohl weit und breit kein Verein existiert, in dem dieser Sport betrieben wird. Nahezu auf jeder Station stoßen die Freunde auf das Thema Berlusconi, seinerzeit noch amtierender Ministerpräsident. Mal diskutieren sie mit glühenden Verehren des Regierungschefs, vorwiegend ältere Damen, mal dröhnt eine Berlusconi-Rede wider die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften aus dem Fernseher. Neben den Reisebildern sorgen Gespräche mit Intellektuellen und „Normalbürgern“, Werbespots und Ausschnitte aus dümmlichen Fernsehshows für Abwechslung, und auch die Musik fungiert hier in der Regel als ironisierender Kommentar. In erster Linie sind es die beiden Autoren, im Hauptberuf Journalisten, die mit ihren unaufhörlichen Diskussionen mit klarer Rollenverteilung für den Unterhaltungswert sorgen. Preist etwa der Romantiker Luca die Schönheit des Comer Sees, weist Gustav darauf hin, dass in Italien 30 Prozent aller Abwässer ungeklärt in Flüsse und Seen fließen. Rühmt der eine den italienischen Espresso, kontert der andere, den gebe es längst auch in Berlin. Dass bei diesem Dauerzwist die Grenzen zwischen Dokumentation und Inszenierung verschwimmen, dürfte allenfalls Genre-Puristen stören.
Kommentar verfassen

Kommentieren