Als Mensch zugelassen

Tragikomödie | Japan 1998 | 109 Minuten

Regie: Kiyoshi Kurosawa

Ein 24-jähriger Mann wacht nach zehn Jahren im Koma auf, doch niemand scheint sich für ihn zu interessieren. Seine Familie ist auseinander gebrochen. Er kommt bei einem Freund des Vaters unter, der eine Karpfenfarm betreibt, und beginnt, eine Ponyfarm zu gründen. Nachdem er seine Verwandten aufgespürt hat, scheint es für kurze Zeit, als könne die Familie wieder zusammengeführt werden. Mit lakonischem Humor brillant erzählte Tragikomödie, die von der sorgsamen Auswahl der Farben, Bilder und Arrangements sowie ironischen Musikeinlagen lebt. Sie beschreibt die Illusion von einer Familie, die es nicht mehr gibt, von der zu träumen aber nach wie vor Sinn macht. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
NINGEN GOKAKU
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Daiei Company
Regie
Kiyoshi Kurosawa
Buch
Kiyoshi Kurosawa
Kamera
Junichirô Hayashi
Musik
Gary Ashiya
Schnitt
Masahiro Ohnaga
Darsteller
Hidetoshi Nishijima (Yutaka) · Kôji Yakusho (Fujimori) · Shun Sugata · Lily · Kumiko Aso
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Tragikomödie
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Diskussion
Irgendwo im Bildhintergrund fällt ein junger Mann aus einem Krankenhausbett, und es dauert eine Weile, bis die Schwester dies registriert. Derart unspektakulär beginnt das neue Leben des jungen Yutaka, der nach zehn Jahren im Koma plötzlich wieder wach ist, als sei nichts geschehen. Kaum ein Wort wird darüber verloren, Yukata ist einfach wieder da. Er wird von einem Freund des Vaters abgeholt, der auf dessen Grundstück eine Karpfenfarm betreibt. Doch Yukata kümmert sich viel mehr um ein Pferd, das dort noch herum steht und mit dem er eine „Ponyfarm“ eröffnen will, so, wie sie früher dort bestand. Während Yukata fast wortlos und eigensinnig seinen Plan voran treibt, scheint sich niemand so recht für ihn zu interessieren oder sich etwa über seine Wiederkehr zu freuen. Der Vater kommt vorbei und vertraut dem Freund an, dass er keine Kinder mag, obwohl Yutaka inzwischen immerhin 24 Jahre alt ist. Die Mutter lebt unter falschem Namen in Tokio, entschließt sich aber, als Yutaka sie aufspürt, etwas länger zu bleiben. Seine Schwester dagegen denkt schon über das gemeinsame Erbe nach. Und mit den ehemaligen Schulfreunden geht er auf Diebestour wie früher, doch das bleibt eine Episode. Gerade als die Farm zu florieren beginnt und Yukatas größter Wunsch, die Familie wenigstens für einen Moment wieder zusammen zu bringen, möglich erscheint, bricht alles auseinander.

Es ist ein sehr lakonischer und spitzer Humor, untermalt von ironischen Musikeinlagen, mit dem Kiyoshi Kurosawa seine Geschichte erzählt. Der brillant inszenierte Film lebt von einer sorgsamen Auswahl der Farben, Bilder und Arrangements, die oft mehr berichten als die Worte. Yukata etwa wirkt meistens eingeschlossen in der Symmetrie des Wohnhauses und seiner Fenster, einsam und nachdenklich. Andere, wie die Schwester, erscheinen dort wie Fremdkörper, oder betreten das Haus erst gar nicht, wie der Vater. Die Darsteller betreiben in ihrer Mimik konsequent eine stoische Zurückhaltung, während ihnen körperlich einiges abverlangt wird, vom Kampf im Karpfenteich bis zu Aktionen mit einer Kettensäge oder unter einem Berg von Kühlschränken. Kurosawa (nicht verwandt mit dem großen Akira) gibt als persönliches Vorbild das amerikanische Kino an, wobei er besonders Jim Jarmusch nennt, der darin freilich eher eine prominente Außenseiterrolle spielt; tatsächlich erinnern die statische Art der Inszenierung von Schauplätzen und Figuren sowie die raffinierten Auslassungen an den einflussreichen New Yorker Independent-Regisseur. Was Kurosawa nicht mit ihm gemein hat, ist die Thematisierung nationaler Mythen. Kurosawa, der bislang vorwiegend Genrefilme drehte, geht es um die Familie, die „wie eine Illusion mit einem bestimmten Schicksal immer weiter fortbesteht“, wie er sagt. Während im Film Yukatas übrige Familie mit dem Thema längst abgeschlossen hat, ist es aber gerade diese Illusion, die ein erneutes Zusammenführen scheinbar möglich macht. Auch wenn - anders als im aktuellen, wieder sehr familienfreundlichen Hollywood-Kino - am Ende die Wirklichkeit die Illusion besiegt, ist es die Illusion, die Yukata ein kurzes Leben in scheinbarem Glück ermöglicht.
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