The Mission (1999)

Gangsterfilm | Hongkong/VR China 1999 | 81 Minuten

Regie: Johnnie To

Fünf höchst unterschiedliche Männer in Hongkong werden als Leibwächter eines von Attentaten bedrohten Triadenbosses rekrutiert und erledigen ihren gefährlichen Job erfolgreich mit emotionsloser Präzision. Ihre in vielen Gefahren gefestigte Freundschaft gerät auf den Prüfstand, als einer von ihnen selbst getötet werden soll. Ein virtuos inszenierter Gangsterfilm, der einschlägige Versatzstücke und Rituale inszenatorisch perfekt zelebriert. Bei aller erkennbaren Lust am Spiel mit den Regeln des schießfreudigen Genres fesselt er vor allem durch einen augenzwinkernden Tonfall, wobei Themen wie Tod, Loyalität und Freundschaft durchaus verantwortungsbewusst behandelt werden. (O.m.d.U.; Videotitel: "The Mission - Ihr Geschäft ist der Tod") - Sehenswert.
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Filmdaten

Originaltitel
CHEUNG FO | THE MISSION
Produktionsland
Hongkong/VR China
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Milkyway Image
Regie
Johnnie To
Buch
Yau Nai Hoi · Milkyway Creative Team
Kamera
Siu-Keung Cheng
Schnitt
Chan Chi Wai
Darsteller
Anthony Wong (Curtis) · Francis Ng (Roy) · Roy Cheung · Jackie Lui · Simon Yam
Länge
81 Minuten
Kinostart
-
Fsk
DVD ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
Genre
Gangsterfilm

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein längeres Interview mit dem Regisseur.

Verleih DVD
Sun Film (FF P&S, DD2.0 mand./ DD5.1 & DTS dt.)
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Diskussion
Mit allein drei Inszenierungen hat „Workaholic“ Johnnie To im Jahr 1999 seinen fast schon hyperaktiven Output fortgesetzt und seiner nunmehr 20-jährigen Karriere als Autor, Produzent und Regisseur in Hongkong damit zugleich drei wahre Glanzlichter hinzugefügt. Nach „Running out of Time“ (fd 34 467), einer lyrischen Studie über Gesetz und Moral, über die Zeit und die menschliche Existenz, kann man nun hierzulande auch „The Mission“ bestaunen: einen eiskalten, in seiner formalen wie thematischen Rigorosität nahezu „unmoralischen“ Gangsterfilm, der lust- und genussvoll alle Regeln des Genres sowie des (Gangster-)Lebens zelebriert, um diese zugleich mit anarchistischer Freude zu durchbrechen. Johnnie Tos Credo des filmischen Erzählens deckt sich dabei perfekt mit der Haltung seiner Protagonisten: Nur Profis, die ihr Handwerk mit höchster Präzision und in jeder Lebenslage beherrschen, haben eine Chance zu überleben und zugleich das Recht, dem Regelwerk, in das sie eingebunden sind und das sie prinzipiell akzeptieren, ein Schnippchen zu schlagen. Tos Blick auf die Welt des organisierten Verbrechens in Hongkong erfolgt dabei nicht aus der Sichtweise irgendeines mächtigen Triadenführers, sondern aus der seiner fünf Leibwächter, die eines Tages rekrutiert werden, als sich die Attentate auf Triadenchef Mr. Lung häufen und die alten Bodyguards entweder ums Leben kamen oder aber in Furcht davonliefen. Unter der Führung des schweigsamen, große Autorität ausstrahlenden Curtis raufen sich die fünf Männer zusammen. Von einem Moment zum nächsten geben sie ihren bisherigen Alltag auf und schlüpfen widerspruchslos in ihren neuen Job, den sie mit emotionsloser Präzision erfolgreich ausüben, bis sie den Attentäter überführt, getötet und dessen Auftraggeber enttarnt haben. Ehrenvoll von Mr. Lung entlassen, könnten sie nun in „die Welt“ zurückkehren. Doch da kommt ans Tageslicht, dass einer von ihnen ein Liebesverhältnis mit der attraktiven jungen Frau von Mr. Lung hatte. Curtis erhält den Auftrag, die Angelegenheit zu „bereinigen“ und beschwört damit einen tödlichen Konflikt zwischen den fünf Männern herauf, die sich ewige Freundschaft geschworen haben.

Johnnie To reduziert die äußeren Informationen der Geschichte aufs absolute Minimum: Die Dialoge sind extrem knapp, vage Ansätze eines psychologischen Hintergrunds der Figuren ergeben sich hier und da nur aus beiläufig eingestreuten Details, und so etwas wie eine „Moral“, die sich aus der Hinführung des Actionfilms zur Fabel ergeben könnte, erschließt sich allenfalls aus den letzten Filmsekunden. Umso ausladender zelebriert Johnnie To mit schnörkelloser Virtuosität die handwerkliche Seite der Geschichte, die er überwiegend ins nächtliche Dunkel kleidet und mit verführerischen Farbtupfern künstlicher Lichtquellen dekoriert. Allein die wie beiläufig erfolgende Einführung der Personen im hektischen Amüsier- und Nachtclubbetrieb der Großstadt ist ein filmische Kabinettstück; und wenn der Triadenboss später vom höchsten Punkt eines Hochhauses aus angegriffen wird und seine Leibwächter hinter den gepanzerten Türen ihrer Nobelkarossen untertauchen, um einen strategischen Gegenangriff zu starten, dann löst Johnnie To die Szenerie in zahllose Perspektivwechsel, Auf- und Untersichten, Großaufnahmen und Totalen auf und lässt ein atemberaubend sicheres Gespür für Raumwirkungen erkennen. Danach zieht er sich fast schon kokett auf statische Einstellungen und träge fließende Kamerafahrten (von nicht minder großer Suggestivkraft) zurück, bevor eine weitere wilde Schießorgie beginnt, in der die Bodyguards emotionslos wie Skulpturen die Räume kontrollieren, instinktiv die Strategien ihrer unsichtbaren Gegner erahnend. Immer wieder taucht ein und dasselbe musikalische Thema auf, eine knappe, höchst einprägsame Melodie im Easy-Listening-Sound irgendeiner trivialen Fernsehkrimiserie der 70er-Jahre, die zunehmend als pointierter Kommentar funktioniert: Mal treibt sie das Geschehen dynamisch voran, dann scheint sie das mörderische Treiben lakonisch zu persiflieren, um endlich, wenn sich die Geschichte zum Drama der fünf Freunde zuspitzt, kathartische Wirkung zu erzielen. So ist „The Mission“ ein cineastischer Leckerbissen für Genrefreunde: verspielt trotz der extremen formalen Strenge, augenzwinkernd selbst noch im mörderischsten Exzess, dabei durchaus nicht verantwortungslos gegenüber dem mannigfach gezeigten ritualisierten Sterben vieler Menschen, auf das Johnnie To immer wieder mit kleinem, fast schon besinnlichem Innehalten reagiert – bis er ganz am Ende dem Tod (und damit den Regeln der übermächtigen Gangsterwelt) wenigstens einmal ein Beinchen stellt und in wenigen Schlusssekunden eine spitzbübische Ausgelassenheit an den Tag legt.
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