Der Himmel von Hollywood

Komödie | Deutschland/USA/Niederlande 2001 | 90 Minuten

Regie: Sönke Wortmann

Drei alternde, glücklose Schauspieler entdecken am "Hollywood Sign" die Leiche eines Mannes und erfahren, dass dieser daran beteiligt war, ein Spielcasino auszurauben. Sie wollen den übrigen Gangstern das Geld abjagen und schlüpfen dafür in die Rollen von Polizisten. Am Ende sind alle betrogene Betrüger. Sönke Wortmanns in Hollywood gedrehte Verfilmung des Erfolgsromans von Leon de Winter setzt vor allem auf anspielungsreiche Dialoge und die Spiellust der Darsteller. Neben manchem Insider-Spaß verweist die tragikomische Geschichte auf das Wechselspiel von Hoffnung und Enttäuschung, vergehendem Ruhm, Existenzangst und einem Aufbäumen gegen das Schicksal. - Ab 14 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
THE HOLLYWOOD SIGN
Produktionsland
Deutschland/USA/Niederlande
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Senator/Blue Rider/Pleswin Entertainment
Regie
Sönke Wortmann
Buch
Leon de Winter
Kamera
Wedigo von Schultzendorff
Musik
Peter Wolf
Schnitt
Edgar Burcksen
Darsteller
Tom Berenger (Tom Greener) · Jacqueline Kim (Paul Carver) · Rod Steiger (Floyd Benson) · Burt Reynolds (Kage Mulligan) · Al Sapienza (Rodney)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14 möglich.
Genre
Komödie | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Universal (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Über zwei Jahre hat es gebraucht, bis Sönke Wortmanns in den USA produzierte Komödie den Weg in deutsche Kinos fand, und man fragt sich, was wohl der Grund für die dauernden Startverschiebungen gewesen sein mag. Traute man der Geschichte nicht zu, ein größeres Interesse zu wecken? War man unsicher, das „typische“ Wortmann-Publikum mit einer Melange aus Witz, Melancholie und einigem intellektuellen Anspruch zu verprellen? Verglichen mit anderen Filmen des Regisseurs ist „Der Himmel von Hollywood“ tatsächlich eine anspielungsreiche, selbstironische Angelegenheit, die einen Fußbreit über der Realität schwebt. Anstelle vordergründiger Gefühlswallungen beherrscht ein Humor die Szene, der besonders demjenigen, der sich in der Geschichte und den Gepflogenheiten Hollywoods auskennt, manche Gelegenheit zum Schmunzeln gibt. Der Spaß resultiert dabei weniger aus Oberflächenreizen, szenischen Gags und pointierten Schnitten, sondern steckt vor allem in den langen, mitunter freilich etwas zu langen Dialogen. Neben komischen Momenten transportieren diese oft Tragisches: Die „bewegten Männer“, mit denen man es zu tun hat, warten längst nicht mehr auf das „Wunder von Hollywood“, sondern tauchen aus dem Strudel der Hoffnungen, Erniedrigungen und Selbsttäuschungen als alte Herren auf, die bestenfalls nicht mehr nur Verlierer sind. Das alles stand schon im Roman von Leon de Winter; der niederländische Autor war aber auch maßgeblich am Drehbuch beteiligt und fungiert sogar als Co- Produzent.

Helden sind drei Loser im Darstellerheer von Hollywood, die von namhaften Schauspielern verkörpert werden: Burt Reynolds, Rod Steiger und dem eher schwächeren, weil relativ steifen Tom Berenger. Als erster tritt Reynolds auf den Plan: In der Rolle eines Streifenpolizisten springt er aus einem Auto, um seine Pistole auf einige Dealer zu richten. Als die Waffe im Halfter klemmt und die Kamera von der Nahaufnahme in die Totale fährt, wird offensichtlich, dass es sich bei dieser Aktion nicht um ein „wirkliches Geschehen“, sondern um Filmaufnahmen handelt; Verweis auf das dramaturgische Muster des Films: „Der Himmel von Hollywood“, in dem es bald um eine zufällig gefundene Leiche und geklaute Millionen aus einem Casino geht, spielt fortdauernd mit Wahrheit und Lüge – und mit jener weit verbreiteten Camouflage, mit der Einsamkeit, Existenzsorgen, Müdigkeit, Angst vor dem Älter- und Vergessenwerden übertüncht werden. Hektische Betriebsamkeit verdeckt das wahre Innere. Was echt aussieht, muss es noch lange nicht sein. Und wo „Ehrlichkeit“ draufsteht, ist nicht unbedingt welche enthalten. Diese Ambivalenzen begleiten den Film bis zum Finale, das nur auf den ersten Blick harmonisch erscheint. Inzwischen haben sich alle Beteiligten als mehr oder weniger betrogene Betrüger offenbart; auch wenn sie sich gelegentlich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf herauszuziehen vermögen: Die Story lässt keinen Zweifel daran, dass sie bald wieder bis zum Hals in ihm stecken könnten.

Natürlich bietet ein solcher Plot Gelegenheit für Insider-Späße. Wenn Berenger als Tom seine ganze Hoffnung auf einen knapp hundertjährigen Produzenten setzt, der beim Überqueren der Straße von einem Auto überfahren wird, dann lässt sich das als Verweis auf die „neue Generation“ von Menschen und Technik lesen, die das „alte Hollywood“ einfach überrollt. Die Leiche eines der Casino-Räuber liegt ausgerechnet am Hollywood Sign, dem stolzen Buchstaben- Symbol der Filmstadt. Nachdem der Tote in einer Tiefkühltruhe verschwunden ist, fühlt sich Rod Steiger als Floyd an eine Rolle als Gerichtsmediziner erinnert, die er früher mal bei Roger Corman spielte. Berührend die Szene, in der sich Reynolds als Kage vor dem Bildschirm in einem seiner alten Filme betrachtet und ihm daraufhin die Tränen kommen: Reynolds’ eigenes Schicksal, sein künstlerischer Niedergang in den 1980er- und 1990er-Jahren, der Spott und die Häme, die über ihm, seinem Toupé und dem gelifteten Gesicht ausgeschüttet wurden, spielen im Hintergrund mit. Während die drei alten Herren ihren „Auftritt“ als Polizisten üben, die den Casino-Räubern das Geld abjagen wollen, fällt mehrfach der Name der Lehrer-Legende Lee Strasberg. Hübsch, wenn Floyd dem besoffen in der Hängematte liegenden Kage einen Eimer Wasser über den Kopf kippt und dazu den Satz fallen lässt: „Ich gebe Dir gleich eine Einführung ins Method Acting.“

Vor allem Steiger und Reynolds sind mit Spaß bei der Sache, besonders dann, wenn sie als erbärmlich schlechte Mimen agieren müssen. Jacqueline Kim als Initiatorin des Casino-Raubes, den sie zunächst nur für ein Drehbuch erfand und dann in die Tat umsetzte, gibt eine geheimnisvolle Femme fatale. Wortmanns Regie ordnet sich den Akteuren und ihren Wortgefechten unter und verschwindet so weitgehend in der Unscheinbarkeit; gelegentliche Anschlussfehler und unlogische Handlungsteile mindern das Vergnügen in Maßen. Zweifellos ist „Himmel von Hollywood“ ein eher kleiner Film; aber verstecken muss man ihn dennoch nicht.

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