Go West, Young Man!

Dokumentarfilm | Niederlande 2003 | 83 Minuten

Regie: Peter Delpeut

Ein Dokumentarfilm als cineastische Spurensuche: Während einer Reise zu den Drehorten klassischer Western konfrontiert er Bilder der Gegenwart mit den überlieferten Bildern der Filmklassiker. Der filmische Diskurs changiert zwischen filmhistorischer Nostalgie und der Leidenschaft für Spätwestern, bei denen Legendenbildung und historische Wahrheit ineinanderfließen. Dabei atmet der höchst reizvolle Film selbst die entspannte Stimmung eines Spätwestern. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
GO WEST, YOUNG MAN!
Produktionsland
Niederlande
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Pieter Van Huystee Film & TV
Regie
Peter Delpeut · Mart Dominicus
Buch
Peter Delpeut · Mart Dominicus
Kamera
Stef Tijdink
Musik
Paul Michael Van Brugge
Schnitt
Menno Boerema
Länge
83 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
A man will search his heart and soul, go searching way out there. (...) Ride away, ride away, ride away.“ Es ist eine interessante Idee mit immer auch etwas verstörenden Resultaten, sich auf eine Reise zu den Drehorten einiger klassischer Western wie „Der schwarze Falke“ (fd 5299) oder „Mein großer Freund Shane“ (fd 2607) zu begeben und die Bilder der Gegenwart dann mit den überlieferten Bildern der Klassiker zu konfrontieren. Im Falle von „Shane“ liegen 50 Jahre zwischen den Aufnahmen, doch anhand der Landschaftssilhouette lässt sich noch immer die Kameraposition bestimmter Einstellungen bestimmen. Manchmal haben die Dreharbeiten auch noch andere Spuren hinterlassen, die man buchstäblich aufheben kann. Während man sich am unspektakulären Drehort von „Shane“ fast detektivisch orientieren muss, kann man die legendären Einstellungen John Fords im Monument Valley problemlos an bestimmten „Sites“ nachstellen, die sich offenbar auch großer Beliebtheit erfreuen, selbst wenn die dort Interviewten eher die Bilder des Monument Valley als die Filme John Fords erinnern. Peter Delpeut („Lyrisches Nitrat“) und Mart Dominicus haben sich auf diese nostalgische Spurensuche begeben und überall Menschen getroffen, denen diese Filme etwas bedeuten. Beispielsweise den alten Indianerdarsteller Dan Israels, der in vielen Western mitgewirkt hat, aber nie erschossen wurde. Doch nicht nur Cineasten kommen zu Wort; die beiden Filmemacher spüren auch alte Handwerker auf, die mit dem Ende einer kontinuierlichen Westernproduktion ihre Jobs, aber nicht ihre Fähigkeiten verloren. So erlebt man Stuntmen, die stolz ihre „Skills“ vorführen, erfährt einiges über unterschiedliche Lassotypen, besucht Bars und Rodeos und bewegt sich durch ein weitgehend unbesiedeltes, offenes Land, wo mitunter Cowboys noch genauso arbeiten, wie es manche Filme aus den 1950er- und 1960er-Jahren zeigten, und wo noch ein Rest vom Geist der Pioniere lebendig ist. So changiert der filmische Diskurs zwischen filmhistorischer Nostalgie für Werke wie „Zwei in der Falle“ (fd 1235), „Monte Walsh“ (fd 17 007) und der Passion für Peckinpahs Spätwestern „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ (fd 18 544), bei dem man nicht genau weiß, wo die Legendenbildung beginnt und die historische Wahrheit endet – „Print the legend“, hieß es in „Der Mann, der Liberty Valence erschoss“ (fd 11 449). „Go West, Young Man!“ atmet selbst die entspannte Stimmung eines Spätwesterns, zumal die Bilder des Westens mitunter an Peckinpahs „Junior Bonner“ (fd 18 003) erinnern. Analytisch versucht man die alte These von der ins All verlagerten „Frontier“ aufzuwärmen, die dem Western-Genre den Garaus gemacht habe: „,Stars Wars‘ killed the old western“, lautet die etwas simplifizierende These, die großzügig außer acht lässt, welche Anti-Geschichten Spätwestern wie „Heaven‘s Gate“ (fd 24 953) oder auch „Erbarmungslos“ (fd 29 800) in der Nachfolge der Italo-Western erzählt haben. So hat diese Dokumentation ein paar Schwächen, überzeugt aber als Hommage an ein Genre, dessen Klassiker allmählich in Vergessenheit zu geraten drohen. Es bleibt eine leise Melancholie darüber, dass sich die Magie der alten Westernausschnitte der aktuellen Generation von Kinogängern kaum noch vermitteln lassen wird. Mit dem Ende der kontinuierlichen Westernproduktion, aber auch mit der weitgehenden Verdrängung der Western aus dem Fernsehprogramm verliert das Kino einen Teil seiner Geschichte. Künftigen Generationen wird sich nicht mehr erschließen, was der Western mit der Geschichte Amerikas und mit dem Bild, was man sich von Amerika und seiner Geschichte machte, zu tun hatte. Es wird ihnen auch kein Schauer mehr den Rücken hinunterlaufen, wenn sie ihm Kino sitzen und ein Ausschnitt aus „Der schwarze Falke“ zu sehen ist, in dem John Wayne sich am Ende der langen Reise von seinem Pferd beugt, den Arm um Natalie Wood legt und sagt: „Wir gehen nach Hause, Debbie!“
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