Devil's Miner - Der Berg des Teufels

- | Deutschland/USA 2005 | 82 Minuten

Regie: Richard Ladkani

Dokumentarfilm über einen 14-jährigen bolivianischen Indio, der seine Familie durch eine lebensgefährliche Arbeit in einem nur unzureichend gesicherten Silberbergwerk ernährt, in dem seit über 450 Jahren Erz abgebaut wird. Durch die Bilder der harten körperlichen Arbeit wird der Zuschauer mit einer außergewöhnlichen Form von Ausbeutung konfrontiert. Die narrative Ebene verstärkt und unterstützt diesen Eindruck, da hier die Träume und Hoffnungen des Jungen zum Ausdruck kommen, der Kind sein will und das Recht auf ein besseres Leben einfordert. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE DEVIL'S MINER
Produktionsland
Deutschland/USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Urban Landscapes/La Mita Loca Film Prod./Provobis/Latino Public Broadcasting
Regie
Richard Ladkani · Kief Davidson
Buch
Richard Ladkani · Kief Davidson
Kamera
Richard Ladkani
Musik
Leonardo Heiblum · Andrés Solis
Schnitt
Kief Davidson
Länge
82 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Externe Links
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Diskussion
Gleich zu Beginn rücken die Filmemacher Richard Ladkani und Kief Davidson den Cerro Rico, den „reichen Berg“, in den Mittelpunkt ihrer Bilder, der die bolivianische Stadt Potosi, die 4.500 Meter über dem Meeresspiegel liegt und damit die höchste Stadt der Welt ist, bedrohlich überragt. Zu ihm schleppen sich tagtäglich Tausende von Minenarbeitern, unter ihnen eine Vielzahl von Kindern, um in den Berg einzufahren, und in über 20.000 mehr als fraglich gesicherten Tunneln und Stollen das immer knapper werdende Silbererz abzubauen. Der Bergbau hat in Potosi, vor der spanischen Kolonisation eine der reichsten Städte der damaligen Welt, eine lange Tradition. Doch erst mit dem Auftreten der Spanier, die den Abbau forcierten, kann man den Cerro Rico als Schicksalsberg bezeichnen. Seitdem verloren schätzungsweise acht Millionen Menschen, meist Indios, ihr Leben unter Tage; seitdem gehört Kinderarbeit zum Leben in dieser Region. „Devil’s Miner“ pickt sich zwei Menschen aus der Schar aktuell arbeitenden Lohnsklaven heraus, den 14-jährigen Basilo, der seit vier Jahren unter Tage arbeitet, und seinen zwölfjährigen Bruder Bernardino, die Tag für Tag in die Grube einfahren, um ihre Familie zu ernähren. Für einen Hungerlohn schuften die Kinder, stets von Schlagwettern, Steinschlag oder mangelhaft abgesprochenen Sprengungen bedroht, immer in der Hoffnung auf eine lohnende Ader, da sich ihr Verdienst nach der kargen Silberausbeute des mittlerweile ausgemergelten Berges richtet. Vom Standpunkt des investigativen Dokumentarismus betrachtet, mag „Devil’ s Miner“ zunächst eine Enttäuschung sein, da er nicht Ross und Reiter benennt, die für diese Ausbeutungen verantwortlich sind. Durch seine Konzentration auf die jugendlichen Protagonisten ist der Film jedoch ein absoluter Glücksfall. Er stellt nicht zwei unter lebensbedrohlichen Umständen hart arbeitende Kinder vor, sondern gibt ihnen Raum, von ihren Sorgen, Nöten, Ängsten und Hoffnungen zu berichten. In der Beengtheit der bröckelnden Stollen erzählen Basilio und Bernardino aus ihrem Leben, wobei kaum einmal die aktuelle Situation reflektiert wird, sondern sich unzählige Hoffnungen und Wünsche Bahn brechen. Die Filmemacher zeichnen ein komplexes Bild einer Kindheit, die von Armut und Verantwortung für die Familie geprägt ist, zeigen aber zugleich das Bedürfnis nach spielerischer Entfaltung und die in die Zukunft gerichtete Hoffnung des 14-jährigen Basilio, den Schulabschluss zu schaffen und anderen Kindern als Lehrer eine bessere Starthilfe geben zu können. Auf einer völlig anderen Ebene konfrontiert der Film mit tief verwurzeltem und empfundenem Glauben: Während über Tage Gott die Geschicke der Menschen lenkt, ist im Berg der Teufel dafür verantwortlich. Sinnfällig wird dies durch das Kreuz, das über dem Eingang zum Höllenschlund angebracht ist, und die gehörnte Statue des Tio, die in keinem Bergwerk fehlen darf. Ihm werden nicht nur Coca-Blätter und Schnaps geweiht; der Teufel fordert überdies einen ganz speziellen Tribut, ein Blutopfer, mit dem der Eingang zum Schacht „gesegnet“ wird: besser, das Blut eines Lamas über Tage zu verschütten, als unter Tage zu den Opfern des Berges zu gehören. Der katholische Priester der Gemeinde nimmt diese Vermischung von Glaube und Aberglaube in Demut zur Kenntnis, vielleicht weil er weiß, dass er zwar für das Seelenheil eintreten kann, dass ihm in puncto Lebensheil aber die Hände gebunden sind. Ein Dokumentarfilm, der unter die Haut geht und die Nachwehen des Kolonialismus im täglichen Leben augenfällig macht, ohne seinen Betrachter belehren zu wollen. Ökonomische Fakten und nachvollziehbares Leben verdichten sich zu einer Einheit, durch die wirkliche Not erfahrbar wird und konfrontieren den Wohlstandsmenschen mit einer Welt, in der die „Sympathy for the Devil“ durchaus verständlich wird.
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