Mongolian Ping Pong

- | VR China 2005 | 101 Minuten

Regie: Ning Hao

Der Fund eines Tischtennisballs weckt die Fantasie dreier Kinder, die mit ihren Eltern in der Weite der mongolischen Steppe leben. Auf der Suche nach der Bedeutung des Balls ergeben sich amüsante Missverständnisse, bis eines der Kinder schließlich dessen profane Funktion entdeckt. Mit Sinn für kleine komische Momente verfolgt der Film das ruhige Leben der Protagonisten, lässt Tradition und moderne Zivilisation beiläufig aufeinander prallen, wirkt stellenweise aber etwas forciert in seinem Bemühen, dem einfachen Alltag poetisch-märchenhafte Züge zu verleihen. (O.m.d.U.) - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
LÜ CAO DI
Produktionsland
VR China
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Kunlun Brother Film & TV/Beijing HOP Culture Co.
Regie
Ning Hao
Buch
Ning Hao · Xing Aina · Gao Jianguo
Kamera
Du Jie
Musik
Lu Jiajia · Wu He
Schnitt
JIang Yong
Darsteller
Huricha Bilike (Bilike) · Dawa (Dawa) · Geliban (Erguotou) · Yidenin Naribu (Qiaosang) · Badema (Bilikes Mutter)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
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Heimkino

Verleih DVD
REM (16:9, 1.78:1, DD2.0 mongol., DD5.1, dt.)
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Diskussion
Ning Haos „Mongolian Ping Pong“ war neben „Kekexili – Mountain Patrol“ (fd 37 383) von Lu Chan und „Oxhide“ von Liu Jiayian einer von drei formal sehr unterschiedlichen chinesischen Filmen, die in diesem Jahr im Forum der „Berlinale“ liefen und die dem Kino der sogenannten „7. Generation“ zugerechnet werden. Außer deren Abkehr von ihrer Vorgänger-„Generation“, die in systemkritischen Undergroundfilmen gezielt die Staatsmacht herausfordern will und den Konflikt mit der Zensur sucht, wird Regisseuren wie Ning Hao attestiert, sich dem Alltag einfacher Menschen zuzuwenden und dabei weniger die sozialen Bedingungen ihrer Existenz analytisch-kritisch zu durchleuchten, als vielmehr das eher unspektakuläre Fortbestehen traditioneller Lebensweisen zu beobachten. Selbst wenn dort, wo Tradition und Konsequenzen des aktuellen wirtschaftlichen Aufbruchs zusammenstoßen, natürlich unweigerlich brisante Widersprüche auftreten. Das zeigte Ning Hao bereits in seinem asketischen Film „Incense“, wo ein Mönch versucht, Gelder für die Restauration einer maroden Buddha-Statue zu beschaffen und am Ende, angesichts allseitiger Ignoranz, selbst vom Glauben abfällt. Noch weiter entfernt von den Zentren des Umbruchs befinden sich die Protagonisten von „Mongolian Ping Pong“. Bilike ist ein kleiner Junge, der mit seiner Familie – Eltern, Großmutter und ältere Schwester – in der Weite der mongolischen Steppe lebt. Kurz bevor er mit seiner Schwester in die Schule einer entfernten Stadt abreist, findet er in einem nahen Flusslauf eine seltsame kleine weiße Kugel. Was fürs Publikum sofort als banaler Tischtennisball erkennbar ist, entwickelt sich in der Fantasie des Jungen und seiner Freunde Dawa und Erguotou zu einem wundersamen Zauberobjekt, das nach Aussage der Großmutter sogar über die Kraft zu leuchten verfügen soll. Aus dem Fund dieses völlig deplazierten Gegenstandes entwickelt der Film eine kurios und liebevoll sich fortspinnende Geschichte, die konsequent aus der Perspektive der Kinder geschildert wird. Immer wieder erhält die Vorstellungskraft der Jungen neue Nahrung, einmal durch die Bilder eines Golfspiels, die ein Wanderkino in die Abgeschiedenheit bringt. Das andere Mal durch die Übertragung eines Tischtennisspiels im Fernsehen, das aber mangels einer geeigneten Antenne nur akustisch bei den Kindern ankommt. Scheinen die Bilder der Golfspieler noch zu suggerieren, dass der Ball zum Verstopfen von Erdlöchern diene, glauben die Kinder später wegen einer Formulierung des Fernsehreporters, die sie wörtlich nehmen, dass es sich bei dem kleinen Ball um ein einzigartiges, verloren gegangenes chinesisches Nationalheiligtum handle, das schleunigst nach Peking zurückgebracht werden müsse. Doch nicht nur in den Köpfen der Kinder verzerrt sich das Bild der modernen Zivilisation; auch die Eltern sind absolut naiv und ahnungslos, wenn sie mit deren Produkten konfrontiert werden. Aus hiesiger Perspektive schwer zu entscheiden ist, ob dies wirklich so zutrifft, wie es der Film glauben machen will, oder ob es nicht doch eine überzogene Pointe darstellt, wenn ein fliegender Händler amerikanischen Tee unter dem Namen „Kaffee“ anpreisen kann. Ähnlich wie Byambasuren Davaa in ihren Filmen „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ (fd 36 306) und „Die Höhle des Gelben Hundes“ (fd 37 150) mischt Ning Hao Dokumentarisches und Fiktion, gleitet dabei aber leicht in die Nähe des Selbstgefälligen; das märchenhaft-poetische Moment wirkt stellenweise bemüht. Vieles kennt man außerdem bereits aus Michalkows wunderbarem „Urga“ (fd 29 251), der großes, bildgewaltiges Kino präsentierte, da die dokumentarischen Beobachtungen unmerklich in märchenhafte Überhöhung übergingen. Das Schielen auf die Pointe, das bei „Incense“ und dessen rauem Stil nicht auffiel, ist in „Mongolian Ping Pong“ bei allem Charme eine Spur zu ausgeprägt. Im Gegenzug erfährt man allzu wenig über die harten Lebensbedingungen der Menschen in der unendlichen Landschaft der Inneren Mongolei. Während die Kinder – in Einstellungen, aus der die Inszenierung spricht – auf dem Pferd oder auch mit dem Motorrad in schier grenzenloser Freiheit die Umgebung durchstreifen und Diskussionen und Streitereien wie kleine Erwachsene führen, scheint der Vater nichts anderes zu tun zu haben, als sein Talent bei einem Geschicklichkeitsspiel zu erproben. Daneben finden sich allerdings auch wieder einige schöne, beiläufige Detailbeobachtungen. Was Ning Hao eindringlich wiedergibt, das ist die Ruhe und Gelassenheit der Menschen, mit der umzugehen Westeuropäern wohl schwer fallen dürfte. Einige durchaus subversive Fragen stellt der nostalgische Film schließlich doch: Was soll die Industrialisierung Chinas den Menschen in dieser Region bringen, wenn nicht zuallererst den Verlust ihrer Kultur und Lebensweise? Und wozu brauchen sie überhaupt die Hauptstadt Peking, wenn sie sich für ein Fotoshooting die Stadt als Hintergrundmotiv einfach als Plakat aufziehen lassen können?
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