Die Geschichte vom weinenden Kamel
Dokumentarfilm | Deutschland/Mongolei 2003 | 91 Minuten
Regie: Byambasuren Davaa
Filmdaten
- Originaltitel
- THE STORY OF THE WHEEPING CAMEL
- Produktionsland
- Deutschland/Mongolei
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- HFF München/TV 60/BR
- Regie
- Byambasuren Davaa · Luigi Falorni
- Buch
- Byambasuren Davaa · Luigi Falorni
- Kamera
- Luigi Falorni
- Musik
- Marcel Leniz · Marc Riedinger · Choigiw Sangidori
- Schnitt
- Anja Pohl
- Darsteller
- Janchiv Ayurzana (Janchiv) · Chimed Ohin (Chimed) · Amgaabazar Gonson (Amgaa) · Zeveljamz Nyam (Zevel) · Ikhbayar Amgaabazar (Ikchee)
- Länge
- 91 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Doch bis sich die Nomadenfamilie, die mit ihrer Kamelherde irgendwo in der Wüste Gobi lebt, in die weit entfernte Stadt aufmacht, um mit Hilfe eines Musikers auch ihr störrisches Kamel zu Tränen zu rühren, sind die Zuschauer schon mittendrin in einer bewegenden, dem Untergang geweihten Welt zwischen Tradition und Moderne. Helle Bilder von einer Landschaft mit spärlicher Vegetation, erfreulicherweise ohne Off-Kommentierung und nur wenigen Dialogen, lassen Zeit, um Menschen und Tiere in ihrem langsamen Lebensrhythmus kennen zu lernen. Eine Idylle, in der mehrere Generationen zusammen leben, kochen, essen, wo die Kinder spielen und alle sich um die Tiere wie um Familienmitglieder kümmern. Manchmal erzählt der alte Mann Geschichten, etwa die, wie das Kamel, das früher ein Geweih hatte, dieses einem Hirsch lieh, aber nie wieder zurückbekam, weshalb noch heute alle Kamele sehnsüchtig über die weite Landschaft schauen in Erwartung des Geweihs. Doch während das Kamel in der Geschichte geduldig ist, gibt sich die Mutter des jüngsten Kamels der Herde bockig. Nach der strapaziösen Geburt will sie ihrem Jungen keine Milch geben. Doch weder gutes Zureden noch das permanente Schubsen des Nachwuchses an die Zitzen helfen. Weil das nicht ewig so weitergehen kann, werden zwei Söhne losgeschickt, um in der Stadt einen für seine Heilkünste bekannten Musiker aufzusuchen. Der soll das Kamel in einen tranceähnlichen Zustand versetzt, in dem es so mild und gefühlduselig wird, dass es sein Junges annimmt.
Auch der italienische Co-Regisseur und Kameramann Luigi Falorni nimmt sich zwischendurch viel Zeit, um das Leben der städtischen Mongolen zu zeigen, das vielleicht nicht ganz so hektisch ist wie in anderen asiatischen Großstädten, aber viele Verlockungen bietet. „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ beschreibt die Fürsorge der Menschen für sich und ihre Tiere quasi als das letzte Ritual der alten Welt. Weil man nie den Eindruck hat, dass die Familienmitglieder Rollen spielen oder dass die Tiere trainiert sind, wirkt dieser fremde Alltag so glaubwürdig – und auch seine Bedrohung. Dass allein ein Musiker mit einer „städtischen“ Ausbildung den archaisch lebenden Nomaden helfen kann, ist nicht nur ein Zeichen dafür, wie die westliche Zivilisation immer stärker in das Leben auf dem Land eingreift, sondern auch ein Eingeständnis, dass die Tradition ohne die Moderne nicht überleben kann, wenn sie denn überhaupt eine Zukunft hat. Denn bei aller Märchenhaftigkeit und Magie des Ursprünglichen verschweigt der Film keineswegs, dass es immer mehr junge Leute in die Stadt zieht, wo sie dann allerdings mit ähnlichen Probleme wie im Westen konfrontiert werden.