Abschalten! - Apaga y vámonos

Dokumentarfilm | Spanien 2005 | 84 Minuten

Regie: Manel Mayol

Der Dokumentarfilm beleuchtet die Hintergründe des Baus des weltweit drittgrößten Staudamms, des Ralco in Chile, für den die Energiegesellschaft einen ganzen Landstrich erworben und die ansässige Urbevölkerung vertrieben hat. Dabei nimmt der Film Partei für die Betroffenen und deren Anwälte, die vor der Kamera ihre Standpunkte darlegen; die Gegenseite war offenbar nur zu allgemeinen Erklärungen bereit. Obwohl filmisch eher simpel strukturiert, setzen sich die geschilderten Schicksale zu einem erschütternden Gesamtbild zusammen. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
APAGA Y VÁMONOS
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Andoliades Films
Regie
Manel Mayol
Buch
Clément Darrasse · Manel Maayol
Kamera
Sergio Armstrong
Musik
Delfí Ramírez
Länge
84 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Dass Riesen-Staudämme, jene zur Energie- und Wassergewinnung errichteten Prestigeobjekte, sowohl Landschaften als auch den sozialen Frieden in einem Land gefährden können, hat sich schon oft gezeigt, beim Assuan-Staudamm in Ägypten etwa oder zuletzt beim Drei-Schluchten-Stausee in China. Ähnlich zerstörerisch war der Bau des Ralco-Damms 1997 in Chile, dem drittgrößten Staudammprojekt der Welt, das vorwiegend der Stromgewinnung dient. Abgesehen von der ökologischen Katastrophe im betroffenen Anden-Areal führte der Bau zur Überflutung des Lebensraums einer ganzen Kultur, jener der Mapuche-Pehuenche. Das Volk hatte sich einst als einziges in Südamerika erfolgreich gegen die spanischen Konquistadoren zur Wehr gesetzt und von ihnen ein Stück Land erhalten; doch gegen den spanischen Energieriesen Endesa und die chilenischen Politiker, die von der Zusammenarbeit mit dem Konzern profitieren, hatten die Mapuche keine Chance. Der Film erklärt die Hintergründe, porträtiert die Verantwortlichen und beschreibt das Ausmaß der Korruption sowie des Betrugs an den Ureinwohnern. Vorwiegend Mapuche-Anführer und deren Anwälte berichten ausführlich vor der Kamera, was im Vorfeld des Baus geschah. So hatte die Endesa das betroffene Gelände vom chilenischen Staat gekauft, was einer „Besatzung“ gleichkommt, der Schaffung eines rechtsfreien Raums. Immerhin gibt es ein „Ureinwohner-Gesetz“, das vorschreibt, Indio-Stämme nur dann von ihrem Land vertreiben zu können, wenn man ihnen Ersatz bietet. Offenbar sind unter dem Vorwand, den Menschen bequeme Häuser in blühenden Landschaften zu verschaffen, Endesa-Mitarbeiter ausgeschwärmt und haben die nötigen Unterschriften besorgt. Jetzt, das zeigt das Ende des Films, sitzen die Familien auf 2000 Metern Höhe in verschneiten Landschaften und in zugigen Häusern mit undichten Dächern – ironischerweise ohne den Strom aus dem Wasserkraftwerk, für den sie seit Jahren bezahlen. Objektiv oder unparteiisch ist der Film keineswegs. Ein Foto des heutigen Präsidenten der Endesa, auf dem dieser die Hand zum Faschistengruß hebt, wird von Marschmusik unterlegt – damals, unter Franco, war er noch Bürgermeister von Barcelona. Mit Einstellungen wie dieser schlägt sich der Film eindeutig auf die Seite der Ureinwohner. Das ist legitim, so lange auch die andere Seite zu Wort kommt. Zunächst gibt es nur Archivmaterial mit einigen sinistren Verlautbarungen der Endesa. Dann wird der Ex-Landwirtschaftsminister befragt, der in die Prozesse gegen Mapuche-Führer verwickelt war. Auch der schert sich offensichtlich wenig um die Indios. Vor allem aber ist immer wieder der Regisseur selbst zu sehen, der Spanier Manel Mayol, der seit einem Jahrzehnt als Dokumentarfilmer tätig ist, wie er mit einer ihm bekannten Endesa-Mitarbeiterin in Barcelona darüber verhandelt, ob und wann er mit Verantwortlichen über die Vorgänge beim Dammbau sprechen könne. Die Frau aber vertröstet ihn ein ums andere Mal: Der betreffende Herr sei gerade nicht da, habe keine Zeit, und überhaupt sei niemand bereit, Auskunft zu geben. Dann äußert sich doch eine Mitarbeiterin am Telefon. Trotz ihrer Versuche, diplomatisch zu klingen, stellt sie die Prioritäten der Endesa allzu klar – und die Fakten auf den Kopf: Das „Ureinwohner-Gesetz“ etwa dürfe auf keinen Fall über das Energie-Gesetz gestellt werden. Leider setzt sich der Film in der Hauptsache aus sprechenden Köpfen zusammen, nur unterbrochen von einigen Panorama-Aufnahmen jenes Gebiets, das einst Mapuche-Land war. So wird aus einem hochbrisanten Thema, das auch ein Licht auf die politischen Verhältnisse in den postfaschistischen Staaten Lateinamerikas wirft, eine formal allzu schlichte Sammlung von Aussagen – auch wenn die Ungerechtigkeit, um die es geht, schmerzlich vor Augen geführt wird.
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