Drama | Spanien 2007 | 93 Minuten

Regie: Tom Fernández

Ein Mann kehrt nach Jahren aus Argentinien zur Beerdigung eines einstigen Freundes in sein Heimatdorf in Asturien zurück, wo er sich mit alten Freunden, Geliebten und den Eltern auseinandersetzen, sich seinen Lebenslügen stellen und dem ins Auge schauen muss, was aus den früheren Träumen geworden ist. Während der Film zunächst lakonisch und humorvoll beobachtet, wie durch das Zusammentreffen der unterschiedlichen Charaktere Erkenntnisprozesse über die eigenen Verdrängungen in Gang kommen, büßt er gegen Ende zugunsten süßlicher Versöhnungsszenarien erheblich an Überzeugungskraft ein. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LA TORRE DE SUSO
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Mediapro
Regie
Tom Fernández
Buch
Tom Fernández
Kamera
Carlos Suárez
Musik
Javier Tejedor
Schnitt
Ángel Hernández Zoido
Darsteller
Javier Cámara (Cundo) · Gonzalo de Castro (Fernando) · César Vea (Mote) · José Luis Alcobendas (Pablo) · Malena Alterio (Marta)
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Heimkino

Verleih DVD
Arsenal (16:9, 1.85:1, DD2.0 span., DD5.1 dt.)
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Diskussion
Cundo kommt nach zehn Jahren in sein Heimatdorf im nordspanischen Bergbaugebiet von Asturien zurück, in eine Region, die von sanften grünen Hügeln und Fördertürmen geprägt ist, von Arbeitslosigkeit, großen Träumen, von Fernweh und der alkoholgeschwängerten Einsicht in die Notwendigkeit. Der Anlass seiner Rückkehr ist traurig: Suso, sein bester Freund aus wilden Jugendtagen, ist an einer Überdosis gestorben und wird begraben. Der Heimkehrer wird sich schnell bewusst, dass er bei seinem Abgang vor zehn Jahren viele Scherben hinterlassen hat. „Was soll ich nach so einer langen Zeit machen? Soll ich Dir einen Kuss geben oder einen Tritt in die Eier?“, fragt ihn Rosa, seine Ex-Geliebte, die inzwischen mit dem Physiklehrer Fernando verheiratet ist. Einer der früheren Kumpel, Mote, ist Vorarbeiter auf dem Bau, ein anderer lebt von seinen drei Kühen und von seiner Geliebten, die als Prostituierte arbeitet. Cundo erzählt seinerseits von seinem erfolgreichen Leben in Argentinien, von seiner Arbeit als Geschäftsführer zweier Pizzerien und seinem glücklichen Familienleben. Eigentlich aber weiß er, dass jenseits des Ozeans in Wirklichkeit alles ganz anders ist; seine verbitterte, wortkarge Mutter hat ihn anscheinend längst durchschaut. Auch hinter Cundos scheinbarer Freundschaft zu den alten Kumpanen verbergen sich tiefe ungelöste Konflikte. Die Dynamik des Films resultiert zum größten Teil aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Charaktere der Freunde, der Frauen, aber auch aus der hervorragenden Darstellung von Susos Eltern. Die wilden Drogenzeiten in der Provinz werden gestreift, doch mittlerweile sind die spätpubertierenden Machos und Draufgänger der 1990er-Jahre selbst in die Jahre gekommen: Sex, Drugs & Rock’n’Roll sind abgerockt, viele Träume ausgeträumt; statt ihrer ist ein grauer Realismus eingekehrt: „Wir waren fünf, und davon leben noch vier. Das ist doch schon was“, erklärt Mote dem Heimkehrer sarkastisch, der sich mit dem Tod des Freundes nicht abfinden will; denn nach der Begräbnisfeier, bei der Susos Asche mit schlechten Cocktails hinuntergespült wurde, entdeckt Cundo den letzten Plan des toten Freundes: einen sieben Meter hohen Turm zu bauen, um die Welt endlich in Ruhe von oben betrachten zu können. Die Geschichte von fünf Freunden, von denen der Tote das Geschehen aus dem Off wohlwollend kommentiert, ist durchaus unterhaltsam. Regisseur Tom Fernández knüpft in seinem Erstlingsfilm an den Humor und den sozialen Sarkasmus von „Montags in der Sonne“ (fd 36 301) von Fernando Leon de Aranoa an, ohne allerdings die Qualität von dessen bittersüßer Sozialkomödie zu erreichen. Während de Aranoa eine konkrete soziale Situation vor dem Hintergrund von Rezession und Arbeitslosigkeit beschreibt, bleibt „Susos Turm“ auf einer menschlich-privaten Ebene und konzentriert sich auf die Entfremdung von Freunden und Familienangehörigen, die anscheinend mit ein bisschen gutem Willen und Anstrengung überwunden werden kann. Zum Ende hin wird der Film immer süßlicher und mündet in ein Happy End mit schwangeren Frauen im Garten und einer umfassenden Versöhnung am Esstisch: Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, Prostituierte Kellnerinnen werden und Freunde gemeinsam ein Restaurant aufbauen, können auch Vater und Mutter wieder ein glückliches Paar werden. Dass der tote Suso den Film aus dem Jenseits kommentiert, entbehrt ebenfalls nicht einer gewissen unfreiwilligen Komik. Dabei hat der sarkastische Umgang mit Lebenslügen, falschen Träumen und dem Selbstbetrug der Protagonisten viele erfrischende Momente, und der scheinbar sinnlos-absurde Turmbau liefert zusätzlich Stoff für eine brillante Geschichte. Doch gerade vor diesem Hintergrund wirkt das kantenlos-glückliche Ende aufgesetzt moralinhaltig und verströmt den übersüßten Geschmack spanischer Fernsehserien.
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