Gekaufte Wahrheit - Wissenschaft im Magnetfeld des Geldes

Dokumentarfilm | Deutschland 2010 | 91 Minuten

Regie: Bertram Verhaag

Informativer Dokumentarfilm über die Machenschaften der Gentechnologie-Industrie und ihre Versuche, prominente Kritiker mundtot zu machen. Am Beispiel zweier namhafter Biologen beobachtet er eine Re-Feudalisierung von Wissenschaft, die zum Büttel privatwirtschaftlicher Investoren wird, mit weitreichenden Folgen für ein demokratisches Gemeinwesen. Zudem beschreibt er auch erfolgreiche Versuche der Gegenwehr.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Denkmal-Film/BR
Regie
Bertram Verhaag
Buch
Bertram Verhaag
Kamera
Waldemar Hauschild
Musik
Gert Wilden jr.
Schnitt
Verena Schönauer
Länge
91 Minuten
Kinostart
10.03.2011
Fsk
ab 0; f
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Bertram Verhaag ist ein unermüdlicher Streiter wider die technologisch-marktwirtschaftliche (Selbst-)Zerstörung von Natur und Umwelt. Seit drei Jahrzehnten kämpft er mit seinen Dokumentationen standhaft für mehr Bürgersinn, Aufklärung und Demokratie, indem er (un-)heimliche Allianzen zwischen Kapital, Politik und multinationalen Konzernen öffentlich macht. Nach vielen Filmen zur Atomenergie und Porträts engagierter Aktivisten konzentrierten sich seine Arbeiten in der letzten Dekade verstärkt auf das Thema Gentechnik (u.a. „Leben außer Kontrolle“, 2005). Auch „Gekaufte Wahrheit“ hebt mit der enormen Verbreitung gentechnisch veränderter Nahrung an, die durch die industrielle Produktion von Lebensmitteln weltweit um sich greift. Vor allem gentechnisch verändertes Soja aus den USA gelangt, für den Verbraucher nahezu unsichtbar, auf zahllosen Kanälen in die Nahrungskette, ohne dass die langfristigen Folgen für die menschliche Gesundheit bislang je erforscht wurden. Der Titel „Gekaufte Wahrheit“ deutet schon den spezifischen Fokus des Films an: Es geht um das skandalöse Diktat der milliardenschweren Gentec-Industrie und ihre erfolgreiche Manipulation der Öffentlichkeit. Man muss kein Freund von Verschwörungstheorien sein, um angesichts der Erfahrungen von Árpád Pusztai und Ignacio Chapela ins Grübeln zu kommen. Die Karrieren beider Wissenschaftler gerieten ins Stocken, weil sie sich an prominenter Stelle kritisch gegen die Gentechnik äußerten. Pusztai, führender Biochemiker am Rowett Research Institut in Aberdeen, warnte im August 1998 im britischen Fernsehen davor, gentechnisch veränderte Produkte zu verzehren, was seine Suspendierung nach sich zog; Chapela, amerikanischer Mikrobiologe, geriet 2001 ins Zentrum einer Rufmordkampagne, nachdem er in der Zeitschrift „Nature“ einen Artikel über transgenen Mais in Mexiko veröffentlicht hatte. Vor allem an Chapelas Beispiel führt der Film vor Augen, welche dysfunktionalen Folgen das finanzielle Engagement privater Sponsoren wie etwa von British Petroleum an der University of California, Berekley, hat: Der Wissenschaftsbetrieb, für den Freiheit der Forschung und der unzensierte Austausch essenziell sind, wird zum Büttel der Investoren, auf deren Interessen Rücksicht genommen werden muss. Was bislang eine öffentliche Aufgabe war, verwandelt sich durch die (Teil-)Privatisierung in ein Herrschaftsinstrument, das auf demokratische Legitimation nicht mehr angewiesen ist. Diese Re-Feudalisierung ist das erschreckende Epizentrum einer filmischen Erkundung, die sich nicht lange mit den Visionen des „genetic engineering“ aufhält, sondern schnell bei den handfesten Interessen landet: beim Saatgut-Monopolisten Monsanto etwa, der sein Gen-Soja primär danach „designt“, dass es perfekt zu seinem Pflanzengift „Roundup“ passt. Vor der Übermacht eines Multis wie Monsanto scheinen selbst die Gesetzgeber machtlos zu sein. Umso ermutigender wirkt das Beispiel von Pusztai und Chapela, die unermüdlich an der Gegenrevolution arbeiten – durchaus erfolgreich, wie das Plenum eines NGOs im norwegischen Tromsø andeutet, wo Chapela vor einem aus allen Hautfarben zusammengewürfelten Plenum spricht. Das Thema: verborgene Interessenkonflikte und wie man ihnen auf die Spur kommen kann.
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