Wir schaffen das schon

Drama | Italien 2009 | 111 Minuten

Regie: Giulio Manfredonia

Ein Gewerkschaftler übernimmt Mitte der 1980er-Jahre die Leitung einer italienischen Kooperative, in der geistig Kranke, die aus der geschlossenen Anstalt entlassen wurden, mit Wohlfahrtsarbeit und Medikamenten ruhig gestellt werden. Er hilft, Talente und sinnvolle Aufgaben für seine Schützlinge zu entdecken, was mehr Lebensfreude ermöglicht, doch hat seine Naivität gegenüber den Krankheitsbildern Folgen. Der Film variiert Motive aus bekannten anderen Psychiatrie-Filmen und formuliert vor allem dank der guten Darsteller ein liebenswertes Plädoyer für den respektvollen Umgang mit Menschen jenseits der Normen. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SI PUÒ FARE
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Rizzolifilm/RTI
Regie
Giulio Manfredonia
Buch
Giulio Manfredonia · Claudio Bonifacci
Kamera
Roberto Forza
Musik
Pivio De Scalzi · Aldo de Scalzi
Schnitt
Cecilia Zanuso
Darsteller
Claudio Bisio (Nello) · Giovanni Calcagno (Luca) · Anita Caprioli (Sara) · Giuseppe Battiston (Dr. Federico Furlan) · Giorgio Colangeli (Dr. Del Vecchio)
Länge
111 Minuten
Kinostart
18.08.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Etwas tun können, was anderen etwas nützt und einem selbst etwas einbringt an materiellem wie ideellem Wert – um diesen schlichten, jedoch bisher unerfüllbaren Anspruch geht es der Kooperative, von der Regisseur Giulio Manfredonia erzählt. Deren Mitglieder sind geistig Kranke, die im Mailand der 1980er-Jahre dank einer Psychiatrie-Reform durch ein 1978 verabschiedetes Gesetzt zwar aus der geschlossenen Anstalt herausgeholt wurden, aber noch keinen Platz in der Gesellschaft gefunden haben. Betreut von einem Arzt, der sie mit Medikamenten vollpumpt, vegetieren sie ähnlich wie zuvor vor sich hin und frankieren als dröge Wohlfahrtsbeschäftigung Briefe. Bis Nello als neuer Manager zu der Gruppe stösst. Er hat von Psychiatrie keine Ahnung, ist als Gewerkschaftler aber überzeugt von der Würde der Arbeit. Und als Menschenfreund glaubt er daran, dass die „Irren“ nicht nur Fürsorge-Objekte sind, sondern Individuen mit Talenten, die sich sinnvoll einsetzen lassen. Statt den Vormund zu geben, solidarisiert er sich mit der Gruppe, und gemeinsam wird eine Geschäftsidee angegangen: Mit verteilten Rollen, die die Stärken jedes einzelnen berücksichtigen, versucht sich die Kooperative als Parkettverleger. Wider alle Erwartungen lassen sich die Anfangsschwierigkeiten aus dem Weg räumen; bald streichen die Kranken ihr erstes Gehalt ein, weitere Aufträge warten, und es gelingt, unter der Obhut eines anderen Arztes die Dosis der Beruhigungsmittel zu reduzieren und die Lebensfreude zu steigern. Allerdings verliert Nello im Eifer des Erfolgs aus den Augen, um was es ihm ursprünglich ging: um die Menschen, deren Krankheitsbilder akzeptiert, aber nicht ignoriert werden können. Das hat Folgen. Originell ist Manfredonias Film nicht, sondern variiert bekannte Elemente und Motive von Psychiatrie-Filmen von „Einer flog über das Kuckucksnest“ (fd 19 710) bis zu „Elling“ (fd 35 384) – mit der Stoßrichtung, sich gegen die Ausgrenzung psychisch Kranker stark zu machen. Vor allem zu dem australischen Film „Cosi“ (fd 32 273) gibt es Parallelen: Dort bewirkte ebenfalls ein zu einer Gruppe geistig Kranker stoßender „Manager“ mit einem unkonventionellen Ansatz verblüffende Verbesserungen, sorgte aber auch mit einer Naivität angesichts der Krankheitsbilder für Turbulenzen – und kämpfte nebenbei mit Beziehungsproblemen, wie sie auch Nello nicht erspart bleiben. Auch wenn die Geschichte von „Wir schaffen das schon“ deswegen ziemlich vorhersehbar ist, besticht der Film durch sein prächtig miteinander harmonierendes Darstellerensemble, das die Grenze zwischen anteilnehmendem Humor und bloßstellendem Vorführen der psychischen Defekte fast nie überschreitet. Und somit auf unterhaltsame Weise ein Thema angeht, das zwar „historisch“ ist, jedoch auch – vor allem, wenn man vom Umgang mit geistig Kranken weiterdenkt zum Umgang mit „Andersartigen“ allgemein – von zeitloser Aktualität nicht nur in Italien.
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